Sie sind mit nur einer Ausnahme seit der Gründung ein Team: Die sieben Mitarbeitenden von Horizont, die als Pflegefachkräfte für die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) unterwegs sind. Es gab nur einen Wechsel: eine Schwester ging in den Ruhestand, eine andere kam dann neu ins Team. Sieben Personen, die sich beruflich dafür einsetzen, dass Menschen ihre letzte Lebensphase zuhause verbringen können.
Die Tatsache, dass das Team konstant ist, spreche dafür, dass diejenigen, die sich tagtäglich mit Sterben und Sterbenden beschäftigen, nicht selbst ausgebrannt sind, wie die stellvertretende Leitung Eveline Fendrich ausführt und nennt dafür einen einfachen Grund: „Wir tauschen uns aus. Das hilft uns.“ In der Supervision gehe es um das persönliche Erleben und darum wie man mit einer belastenden Situation umgehen kann – in der ethischen Fallbesprechung um Klärung ethischer Fragen und Grenzsituationen.
Sterbehilfe leistet das Team der SAPV nicht, wohl aber Sterbebegleitung. So gehe es auch um die Frage, wie man es wegsteckt, dass Menschen und Schicksale so verschieden sind: Der eine lebe spartanisch, der andere habe die Wohnung voll gestellt, so Fendrich. Der eine könne einfach nicht sterben, der andere ertrage alles langmütig. Beim einen Fall leidet vor allem der Patient, beim anderen sind die Angehörigen noch viel mehr mitgenommen.
Manchmal fällt es schwer, die Schicksale nicht an sich ranzulassen
Damit die Begleitung in der letzten Lebensphase gut möglich ist, haben alle Fachkräfte der SAPV neben ihrer dreijährigen Pflegeausbildung eine Weiterbildung im Palliativbereich absolviert. Und auch die eigene Rolle müsste jeder einzelne im Team für sich klären: „Man darf nicht im Mitleid versinken, sondern will seinem Gegenüber helfen“, bringt es Fendrich auf den Punkt. Auch wenn es manchmal schwer falle, sich abzugrenzen. Beispielsweise, wenn man einen Sterbenden vor sich hat, der im gleichen Lebensalter ist – oder jemanden, der kleine Kinder hat. Das Ziel sei, die Angehörigen zu stützen. „Wenn die Angehörigen gestärkt sind, ist das auch für mich als Pflegefachkraft erfüllend“, so Fendrich.
Schmerzlinderung steht im Vordergrund
Eveline Fendrich berichtet von einer Menge an speziellen Pflegemaßnahmen, die sie verrichten. Sie erzählt von aufwändigen Verbänden, von Schmerzpumpen und Medikamenten. „Es geht in dieser letzten Lebensphase nicht darum, zu heilen – sondern zu lindern“, betont sie. Damit sind beispielsweise die Schmerzen gemeint. Und manchmal werden dann auch noch letzte Wünsche ausgesprochen. Ein Patient habe einmal den letzten Wunsch geäußert, noch einmal mit seiner Familie ein Wochenende in einer Berghütte zu verbringen. Dies zu ermöglichen, sei für das Team eine riesige logistische Herausforderung gewesen, so Fendrich – aber umso glücklicher sei das ganze Team gewesen, dass es geklappt hat.
Auch andere letzte Wünsche wurden vom Team der SAPV aufgenommen – und zum Teil erfüllt. Beispielsweise wünschte sich jemand einen Zeppelinflug mit seiner Ehefrau. Eine Frau wollte zurück nach Serbien. Und auch eine letzte Reise mit dem Wohnmobil stand schon auf dem Wunschzettel eines Sterbenden. Der größte Wunsch aber, der immer wieder geäußert werde ist, dass die Patienten zuhause ihre letzte Lebensphase verbringen können. In ihrem gewohnten Umfeld, ohne den Krankenhausgeruch nach Desinfektionsmittel, Baldrian und Kräutertee. Dafür aber mit dem geliebten Kater, dem Geruch der eigenen vier Wände und den gewohnten Geräuschen, die man aus den Nachbarwohnungen hört. Zuhause eben.
Der Arzt Max Hahn aus Tengen würdigt die Arbeit so: „In der SAPV gelingt oft auch in schweren Fällen, dass der Patient friedlich und würdevoll sterben kann und die Zugehörigen so Abschied nehmen können, dass man sich nicht mit Unbehagen an die Sterbephase erinnert. Manchmal kann es dann auch ein zusammenschweißendes Familienereignis sein.“ Hahn ist als Allgemeinmediziner Mitinhaber der Gemeinschaftspraxis im neuen Tengener Ärztehaus. Durch seine besondere Qualifikation in der Palliativmedizin ist er mit seiner Kollegin Christine Riede auch Hintergrundarzt in der SAPV.
„Die Betreuung von chronisch kranken Menschen in der letzten Lebensphase ist eine wichtige Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte in den Hausarztpraxen, dem dortigen Personal und oft auch den ambulanten Pflegediensten“, so der Arzt. Dies gelinge oft gut in der allgemeinen ambulanten palliativen Versorgung. „Die SAPV ist für Palliativpatienten da, die mehrere besonders schwere Symptome haben, die die letzte Lebensphase noch mühsamer machen. In diesen Fällen kann mit Hilfe der SAPV die Situation für alle Beteiligten erträglicher gestaltet werden.“ Die SAPV bringe dadurch oft eine deutliche Entlastung für alle Beteiligen. Durch die neuen und verbesserten Strukturen in der Palliativmedizin hat sich die medizinische Betreuung der letzten Lebensphase inzwischen erheblich verbessert.“