Es wird viel gelacht in dieser Runde, in der es um Tod und Leben geht. Drei ehrenamtliche Hospizbegleiter berichten im Hospiz Horizont in Singen von ihrer Arbeit, die, wie das Leben selbst, neben traurigen auch viele frohe Momente bereithält. Aber auch Tränen der Rührung dürfen gezeigt werden, weil die Begleiter am Tisch die Erfahrungen im Umgang mit dem Sterben teilen. Die Menschen, die sie in ihrer letzten Phase begleiten, lassen sie ohne Vorbehalte in ihr Leben. Sie eröffnen ihnen Lebensbereiche, die sie bisher nicht kannten. Das sei ein Geschenk und es sei eine sinnstiftende und bereichernde Aufgabe, so die Ehrenamtlichen.

Joachim Thum ist als Rentner zu den Hospizbegleitern gekommen. Er habe eine sinnvolle Beschäftigung gesucht und sie in diesem Ehrenamt gefunden. Erfahrungen mit dem Tod des Vaters und eines Freundes hätten ihm vor Augen geführt, wie wichtig es ist, in einem guten Umfeld mit guten Begleitern zu sterben. Deshalb findet er die Arbeit des Hospizes in Singen wichtig. Es sei toll, dass das Hospiz mitten in der Innenstadt sei, umgeben von Leben.
Großvater eines Häftlings wächst über sich hinaus
Besonders berührt habe ihn, wie ein Enkel, der im Gefängnis saß, mit Fußfesseln seinen Großvater besuchen durfte, der eigentlich nichts mehr von ihm wissen wollte. „Ich fand es beeindruckend, wie er über sich hinausgewachsen ist und seinen Enkel empfangen hat“, so Joachim Thum.
Ihm ist auch ein Obdachloser in Erinnerung geblieben, der im Hospiz seine Würde wiedererlangt habe. „Als ich anfangs zu ihm ins Zimmer ging, wollte er mich nicht reinlassen“, berichtet Thum. Aber nach und nach sei ihm bewusst geworden, dass er den Mitarbeitern im Hospiz vertrauen kann, dass er nicht beklaut wird und seine Alkoholsucht nicht verstecken muss.
„Die Menschen müssen sich am Lebensende nicht mehr verstellen, sie müssen keinen Erwartungen entsprechen, dürfen einfach sie selbst sein“, berichtet auch die Hospiz-Leiterin Iris Eggensberger. Diese Erfahrung sei für viele befreiend und führe manchmal dazu, dass sich der Charakter zum Positiven verändert. Die Schüchterne traut sich, ihre Meinung zu sagen, der ewige Griesgram wird zum freundlichen Mann.
Dabei bringen die Hospizbegleiter vor allem ihre Zeit mit und gehen ohne Vorbehalte auf die Gäste des Hospizes zu. „Die Begleiter bringen Leben ins Hospiz und lassen die Gäste am Leben teilhaben“, erklärt sie. Deshalb sei das Engagement so wertvoll.
Begleiterin geht mit ins Nagelstudio
Die Hospizbegleiterin Birgit Wiedenbach arbeitete in der Pflege und wollte wissen, wie man Menschen begleitet, die in der letzten Phase ihres Lebens ankommen. Sie fand es nicht gut, dass früher Menschen im Pflegeheim oft einfach weg waren, wenn sie starben, und es keinen Raum gab, den Menschen zu würdigen und zu verabschieden. Deshalb hat sie die Ausbildung gemacht und ist einmal in der Woche in der stationären Hospizbegleitung tätig.
„Wir nehmen die Menschen, wie sie sind“, berichtet sie. Und wenn ein Gast in ein Nagelstudio gehen und sich die Fingernägel rot lackieren lassen oder noch ein paar Rubbellose kaufen möchte, dann würden die Begleiter das mit ihnen machen. Die Hospizbegleiter treten den zu Betreuenden ohne Vorurteile gegenüber und sie dankten ihnen das mit Offenheit und Vertrauen.
Diese Erfahrung hat auch Beate Wälder gemacht, die seit 2007 als ambulante Begleiterin tätig ist. Sie geht zu den sterbenden Menschen nach Hause. „Ich hatte Zeit, wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben und das Thema Sterben hat mich interessiert“, erklärt sie ihre Motivation. Sie möchte mit ihrem Engagement das Thema Tod in die Gesellschaft bringen und spricht offen darüber.
Der Umgang mit dem Tod, so ihre Erfahrung, sei so vielfältig wie die Menschen. „Ich habe eine junge Frau begleitet, die hat alles für ihren Tod geplant, von der Beerdigung bis zu den Festen, die gefeiert werden“, erzählt sie. Das habe ihr geholfen, mit ihrem Tod klarzukommen. Beate Wälder findet es sehr bereichernd an den Erfahrungen und dem Lebensschatz der Menschen teilzunehmen, die sie begleitet.
Gibt es eine Antwort auf: Wie geht sterben?
Eine Antwort auf die Frage „Wie geht sterben?“, können die Hospizbegleiter nicht geben. Das Sterben sei für jeden Menschen individuell. Doch sie müssten sich in ihrer Ausbildung, die ein halbes Jahr dauert, auch mit diesem Thema auseinandersetzen und lernen, auf sich selbst und ihre Gefühle zu achten.
Die Supervisionen, die einmal im Monat stattfinden, helfen, die Aufgabe zu bewältigen, berichtet Petra Schnellbach als Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Situation eines Hilfesuchenden zu beurteilen und den richtigen Betreuer zu finden. Auch wenn es in einer ambulanten Begleitung Probleme gibt, ist sie mit ihren beiden Kolleginnen Sonja Brüstle-Müller und Susanne Grimm zur Stelle.