Mancher nennt Steißlingen auch Kieslingen, denn der Kiesabbau in direkter Nachbarschaft der Gemeinde ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Doch bringt dieser nicht nur Kies, also Geld, in die Gemeindekasse und ermöglicht mit anderen Einnahmen, wie beispielsweise Gewerbesteuer, der Gemeinde einen flexiblen Handlungsspielraum. Er bringt auch Kies – in dem Fall als Bestandteil von Asphalt – auf die Straße, befördert so das Wachstum der Infrastruktur- und der Baubranche.
Der Kiesabbau hat aber auch weniger erwünschte Seiten wie Landschaftsverbrauch und Emissionen wie Staub und Lärm. Auch in einem neuen Antragsverfahren der Betreiber wurde nun im Gemeinderat deutlich: Die Einnahmen sind willkommen, aber die Begleiterscheinungen bleiben umstritten. Die Betreiber der Anlage wollen die bestehende Asphaltmischanlage sanieren, um die Kapazitäten deutlich zu erhöhen.
Produktion soll deutlich ausgeweitet werden
Die Bitten der Asphaltmischwerke Bodensee und des Kieswerks Schray um Genehmigung dieses Sanierungsvorhabens zur Steigerung der Kapazitäten trifft nicht nur auf offene Ohren. Die Wünsche der Unternehmer haben letztlich gar betroffene Bürger dazu gebracht, sich in der vorangehenden Bürgerfragestunde zu Wort zu melden.
Bezüglich des Änderungsantrags der Asphaltmischanlage wurde gefragt, ob man festlegen kann, dass dort permanente Emissionsmessungen durchgeführt werden müssen. Bei 60 Prozent Produktionssteigerung interessierte es die Bürger außerdem, ob man die Heizquelle festlegen könne. Als Beispiel wurde die Verbrennung von Gelben Säcken als Energiequelle genannt.
Landkreis Konstanz hat das letzte Wort
Bürgermeister Benjamin Mors hob in der Sitzung hervor, dass die Gemeinde Steißlingen nicht die genehmigende Behörde sei, sondern lediglich angehört werde. Über die Genehmigung entscheide das Landratsamt, mit dem die Verwaltung aber diesbezüglich in engem Kontakt stehe. Laura Mayer vom Bauamt ergänzt, dass eine kontinuierliche Emissionsüberwachung an der Anlage verbindlich vorgeschrieben sei.
Ein weiterer Bürger kritisierte die Erweiterung der Betriebszeiten. Statt morgens ab 6 Uhr soll die Anlage künftig bereits ab 4 Uhr bis 22 Uhr betrieben werden dürfen. Angeregt wurde im Rahmen der Fragestunde von Bürgerseite, die Betriebszeiten in Abhängigkeit des Wetters respektive der vorherrschenden Windrichtung zu genehmigen, da diese maßgeblich den Lärm, der im Ort ankommt, beeinflusse.
Laura Mayer erklärte, dass die Betriebszeiten grundsätzlich erweitert werden dürften, wenn die geltenden Grenzwerte bezüglich des Lärms eingehalten werden. Bürgermeister Benjamin Mors fügte hinzu, dass die die Verwaltung die früheren Betriebszeiten ebenfalls bedenkenswert finde.
Gemeinde vermisst mehr klare Angaben
Die Verwaltung habe – so Mors – im Vorfeld bereits mehrfach weitere Angaben im Zuge der Vollständigkeitsprüfung gefordert, um den Antrag beurteilen zu können. Bislang fehle jedoch eine detailliertere Begutachtung der Auswirkungen von Luftschadstoffen, Geruch und Lärm auf Wohnbebauung in Steißlingen und die Gewerbegebiete. Speziell fehle zudem eine vergleichende Darstellung des Ist- und des Planzustands. Die Häufigkeit der Beladungen und Größe der anfahrenden Fahrzeuge sei auch nicht klar nachvollziehbar.
„Vom Gewerbeaufsichtsamt wurde eine gutachterliche Aussage über die Geruchsveränderungen gefordert“, erklärte Bürgermeister Benjamin Mors im Gemeinderat. Überdies sei eine Geruchsprognose für die bestehende Anlage auf freiwilliger Basis vorgelegt worden. Damit die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten gesichert werden kann, wurde zudem eine kontinuierliche Überwachung der Luftschadstoffe angeregt. Gerade in diesem Punkt seien sich Antragsteller und Genehmigungsbehörde noch nicht einig.
Rat plädiert gegen das Vorhaben
Der Gemeinderat schloss sich der detaillierten Stellungnahme der Verwaltung an und lehnte den Antrag ab. Die Mitglieder des Gemeinderats sind der Meinung, dass eine Firma zwar umbauen dürfe, aber mit dieser Erweiterung werde der Gemeinde und den Bürgern viel zugemutet. Zudem vermute man, dass Grenzwerte eher über- als unterschritten würden. Zudem wurde angeregt, beim Beladen auf geschlossene Systeme zu setzen, um Geruchs- und Staubemissionen zu mindern.
Angemerkt wurde auch, dass die Energieleistung der neuen Anlage nur kurz vor der Grenze von 20 Megawatt liege, ab dann gelten die Vorgaben des Emissionshandelsgesetzes. Der Bürgermeister versprach zudem, dass man bei diesem Verfahren in engem Kontakt mit dem Landratsamt bleibe.
Dabei sei der immissionsschutzrechtliche Änderungsantrag für die bestehende Asphaltmischanlage nichts gänzlich Neues, erinnerte Mors. 2018 wurde die Gemeinde erstmals über die Sanierungsabsicht der bestehenden Asphaltmischanlage im Mühleweg, die 1988 gebaut wurde, informiert. Der Grund seien technische Modernisierungen und die Erhöhung der Durchsatzleistung von 150 auf 240 Tonnen pro Stunde.
Betriebszeit soll um zwei Stunden täglich ausgeweitet werden
Laut aktuellem Bauantrag soll die Mischanlage nun komplett ausgetauscht werden, lediglich bei einigen Nebenanlagen sei eine Sanierung geplant. Die zusätzliche Ausweitung der Betriebszeiten um zwei von 16 auf 18 Stunden werktags soll auch an Sonn- und Feiertagen gelten, sofern ein öffentliches Interesse bestehe – zum Beispiel bei einem wichtigen Bauvorhaben.
Eine Erweiterung ist bei einer Anlage im Außenbereich nach Paragraf 35 des Baugesetzbuches (BauGB) zwar generell möglich, diese müsse im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb allerdings angemessen sein. Wo diese Verhältnismäßigkeit angesiedelt ist, muss nun noch abgeklärt werden.
Neue Abbaugebiete
- Rückblick: Bereits 2018 erklärte der Geschäftsführer der Firma Schray, dass man weitere Kiesabbauflächen in Steißlingen brauche. Für den Abbau des oberflächennahen Rohstoffs bedarf es aber umfangreicher Planungen inklusive des Blicks auf arten- und naturschutzrechtliche Auswirkungen. Die Firma Schray treibt diese mit den zuständigen Behörden sowie mit den zahlreichen Fachberatern und Experten voran.
- Ausblick: Nach der aktuellen Rechtsprechung bedarf es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Diese dauert mindestens sechs Monate. So lange reichen die zur Verfügung stehenden Abbaufächen für einen Betrieb des Kieswerks nicht mehr aus. Daher stellt die Gemeinde als Eigentümerin eine Teilfläche zur Verfügung. Der daraus entstehende Mehrwert soll nachhaltig künftigen Generationen zu Gute kommen und die Einnahmen sollen zur besseren Übersicht auf ein separates Konto gebucht werden. (sch)