Unsere Region und der Tschad haben eigentlich nicht sehr viel miteinander zu tun. Doch ein Stockacher Unternehmen ist daran beteiligt, dass das Land in Zentralafrika von explosiven Kriegsresten befreit wird. Denn im Tschad herrschte lange Jahre Krieg oder Bürgerkrieg, viele gefährliche Reste sind davon noch übrig. Im Norden des Landes stammt ein großer Teil der Verseuchung mit Resten von Bomben, Munition oder Minen noch aus den 1980er-Jahren, als es einen Konflikt mit dem Nachbarland Libyen gab, wie die Hilfsorganisation Handicap International (HI) per Pressemeldung mitteilt. Die Nichtregierungsorganisation sei seit 2018 mit einer Entminungsaktion beschäftigt, die von der Europäischen Union finanziert werde und bis 2022 laufe, erklärt der Kommunikationsbauftragte Gilles Lordet.

Und seit Januar 2019 ist dabei auch eine Maschine im Einsatz, die in Stockach hergestellt wurde, nämlich bei dem Unternehmen Global Clearance Solutions. Die Firma hat einen Verwaltungssitz in der Schweiz, wo auch viele Hilfsorganisationen und UN-Agenturen ansässig sind, und einen Produktionssitz im Stockacher Industriegebiet Hardt. Spricht man mit den Verantwortlichen, werden die Schwierigkeiten eines solchen Einsatzes deutlich. Das beginnt schon beim Transport.

„Die Gegend im Tschad ist sehr abgelegen“, berichtet Lordet, der am französischen Sitz von HI in Lyon arbeitet, am Telefon. Bei einem Besuch im Mai 2019 sei er von der tschadischen Hauptstadt N'Djamena zwei Tage mit dem Auto unterwegs gewesen, um dorthin, in die Nähe der Stadt Faya-Largeau, zu kommen. Die Maschine sei mit einem Lastwagenkonvoi vom Hafen in Kamerun nach N'Djamena und von dort zum Einsatzort gebracht worden.

Philipp von Michaelis, der das Unternehmen gemeinsam mit Markus Zurkirchen leitet, sagt dazu: „Der gesamte Transport muss wüstentauglich sein.“ Der Konvoi habe bei der Fahrt durch die Wüste teilweise ohne Straßen auskommen müssen. Er kommentiert die Bedingungen beim Einsatz vor Ort: „Härter geht es nicht.“ Bei der Räumung der Flächen werde sehr viel Staub aufgewirbelt, der in die Maschine eindringe, erklärt Lordet. Daher sei es auch wichtig, dass eigene Mitarbeiter regelmäßig am Einsatzort seien, um die Minenräume vor Ort zu schulen, sagt von Michaelis: „Wenn man nicht richtig mit der Maschine umgeht, geht sie früher oder später kaputt.“
Die Maschine arbeitet zwar schneller als menschliche Minenräumer, ersetzt sie aber nicht. Für das konkrete Projekt kämen sie aus dem Tschad, erklärt Lordet. Sie würden nach dem Einsatz der Maschine sicherstellen, dass nichts übrig geblieben ist. Denn das Ziel der Minenräumung ist, das Land an die Menschen vor Ort zurückzugeben, damit diese es wieder gefahrlos nutzen und sich darauf bewegen können. Außerdem könnten die Kriegsreste missbraucht werden, warnt von Michaelis.

Er sieht allerdings noch andere Gefahren, abgesehen von eigentlichen Kriegswaffen wie Munition oder Minen. In Konflikten würden auch Sprengfallen, fachmännisch improvisierte Sprengkörper genannt, eingesetzt. Diese könnten überall herumliegen, auch in Ruinen von einstmals umkämpften Gebäuden. Daher wolle das Unternehmen seine Aktivitäten auch auf die Detektion ausweiten, um solche schwer zu findenden Reste aufzuspüren.