Solch ein Polizeiaufgebot hat die Stadt Stockach sicher lange nicht gesehen. Zur Kundgebung der Alternative für Deutschland (AfD) auf dem Stockacher Dillplatz und zur Mahnwache des Bündnisses für Demokratie und Menschenwürde Stockach gegenüber hatte sich eine große Anzahl an Polizisten in Stellung gebracht.
Zur Kundgebung der AfD mit vier Redebeiträgen von Bundestagskandidaten und Landtagsabgeordneten waren laut Polizei rund 100 Personen gekommen. Dem Aufruf von den Grünen, SPD, Die Linke, der Kulturbrücke und des Bündnis für Demokratie in Konstanz waren rund 280 Menschen gefolgt.
Zwei Beschädigungen und Platzverweise
Beide Veranstaltungen liefen aus Sicht der Polizei friedlich ab. Es gab lediglich einen medizinischen Notfall auf der Seite der AfD, der jedoch nichts mit beiden Demonstrationen zu tun hatte. Im Vorfeld der Veranstaltungen kam es laut Polizei zu zwei Beschädigungen auf dem Dillplatz durch Farbschmierereien und Beschädigen eines mobilen Toilettenhäuschens durch Feuerwerkskörper. Zudem sprach die Polizei zwei Platzverweise wegen des Mitführens verbotener Gegenstände aus.

Die dritte große Gruppe an diesem Sonntagmittag in Stockach war ganz klar die Polizei, zeitweise waren mehr Einsatzkräfte als Anhänger der AfD auf dem Dillplatz zu sehen. Der gesamte Parkplatz des benachbarten Rewe-Marktes war mit Polizeifahrzeugen belegt.
Das Areal rund um den Platz war großzügig abgesperrt, Dillstraße als auch die Straße Am Osterholz waren abgeriegelt. Letztlich blieb alles ruhig. Kurz nach dem Beginn der Kundgebung der AfD zogen nach und nach die Einsatzfahrzeuge der Polizei ab.
Musik statt Reden bei den Gegendemonstranten
Was die Stimmung angeht, war klar die Gegendemonstration im Vorteil. Alice Engelhardt, Vorstandsmitglied der Grünen im Raum Stockach und Initiatorin der Mahnwache, erklärte bei einer kurzen Begrüßung, man habe auf die Schnelle keine Redner organisieren können. Dafür wolle man den Nachmittag mit etwas Musik gestalten.
So wurde zusammen gesungen und über Lautsprecher gemeinsam Musik gehört. Da es eine parteiübergreifende Veranstaltung sei, bat Engelhardt darum, auf Parteiwerbung zu verzichten. Ans Mikrofon trat dann aber doch die Grünen-Kandidatin Rosa Buss und stimmte einen Gesangsbeitrag an. Unter den Demonstrationsteilnehmern befand sich auch Lars Hofmann, Kandidat von Die Linke.

Viele haben an diesem Wochenende mehrere Demos besucht
„Wir würden bei dem schönen Wetter auch lieber in der Sonne sitzen und Kaffee trinken“, sagte Karin Gonzales von „Omas gegen Rechts“. Sie und ihre Mitstreiter Andrea Rohde-Brassel, Oscar Gonzales und Markus Brassel, haben einen regelrechten Demo-Marathon am Wochenende absolviert. Sie haben an den Demonstrationen in Überlingen, Konstanz und nun auch Stockach teilgenommen. „Wir können der AfD nicht einfach so das Feld überlassen“, so Andrea Rohde-Brassel.
Bei der AfD geht es um Bauern und Migration
Mit dem Start der Kundgebung der AfD auf dem Dillplatz verzog sich auch langsam die Sonne und ein frostiger Wind fegte über den Dillplatz. Als erster Sprecher lud der Bundestagskandidat aus dem Landkreis Konstanz, Bernhardt Eisenhut, den Bundestagskandidaten aus dem Zolleralbkreis und Kreis Sigmaringen, Lukas von Berg, auf die Bühne. Dieser hatte sich vor allem mit den Bauernprotesten einen Namen gemacht und sitzt seit der Kommunalwahl 2024 im Kreistag Zollernalbkreis.

Sein Ziel sei es gewesen, die „Ampel wegzukriegen“. Er lobte die von der AfD versprochenen Sofort-Hilfen für Landwirte wie weniger Steuern und geringere Energiekosten. Gleichzeitig berichtete er auch über die vielen Migranten in der Landwirtschaft, die „schaffen, wie wir anderen auch“. Szenenapplaus gab es für diese Aussage nicht. Erst als er versprach, die kriminellen Migranten abzuschieben, rührte sich die Menge auf dem Dillplatz.
Bernhard Eisenhut sitzt bereits seit 2021 für den Wahlkreis Singen, zu dem auch der Raum Stockach gehört, im Landtag und will nun in den Bundestag gewählt werden. Er konzentrierte sich in seinem Redebeitrag darauf, die Ausgaben für humanitäre Entwicklungshilfe mit der finanziellen Unterstützung für Landwirte aufzurechnen. Damit folgte er dem Vorbild von US-Präsident Donald Trump, der erst jüngst die Entwicklungsbehörde US Aid radikal zusammengestutzt hat. Emil Sänze, Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Rottweil, störte sich an dem politischen Engagement der Gewerkschaften oder Naturschutzverbände.
Gewerkschaften wie Verdi oder Naturschutzorganisationen wie BUND und Nabu nehmen an den bundesweiten Protesten für den Schutz der Demokratie und gegen rechts teil. Sänze drohte diesem bürgerschaftlichen Engagement mit den Worten: „Sobald wir nach dem 23. Februar hier übernehmen, werden wir dies ändern.“

Auch im Redebeitrag von Hans-Peter Hörner, Landtagsabgeordneter aus Balingen, ging es wenig um die Belange der Region. Alle Redner äußerten viel Kritik an der EU und den anderen Parteien allgemein.