Ein Großbrand in einem Mehrfamilienhaus hat zwölf Menschen vorübergehend obdachlos gemacht und Feuerwehr sowie die Rettungsdienste gefordert. Am Dienstagabend gegen 22.30 Uhr kam laut Feuerwehr-Pressesprecher Felix Ritter die Alarmierung in die Radolfzeller Straße (B313). Kommandant Uwe Hartmann ergänzte im Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass ein „Brand 3“ alarmiert worden sei, also ein Gebäudebrand, der offenbar auf der hinteren Gebäudeseite begonnen habe, wo die Balkone seien. Kräfte aus den Abteilungen Kernstadt, Wahlwies und Espasingen bekämpften mit Hilfe eines zweiten Drehleiterfahrzeugs aus Radolfzell einen Großbrand und verhinderten Schlimmeres, auch wenn das Dachgeschoss komplett ausbrannte.

„Wir haben recht schnell entschieden, dass wir eine zweite Drehleiter brauchen“, sagte Felix Ritter im Gespräch vor Ort. Das Stockacher Fahrzeug sei im Innenhof platziert worden, um an die Gebäuderückseite zu kommen, während das Fahrzeug aus Radolfzell dann vorne den Löschangriff begonnen habe. Ritter selbst war im ersten Stockacher Fahrzeug, das vor Ort ankam. „Der Rauch war sichtbar und es war klar, dass der Dachstuhl brannte“, beschrieb er.

Von beiden Dachseiten läuft die Suche nach Glutnestern.
Von beiden Dachseiten läuft die Suche nach Glutnestern. | Bild: Löffler, Ramona

Hitze ist zum Löschen von Innen zu groß

Der erste Trupp sei durch das Treppenhaus zum Brandherd vorgedrungen. Der zweite Trupp habe Wohnungen kontrolliert und geschaut, ob noch irgendwo Personen waren. Die Hitze sei im Dach irgendwann so groß geworden, dass sich die Kräfte aus dem Gebäudeinneren zurückziehen mussten, so Ritter. Dann habe man nur noch über die Drehleitern löschen können.

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Alle Bewohner kommen raus

Die gute Nachricht: Alle Bewohner der sechs Wohnungen konnten das Gebäude verlassen und eine Brandschutzwand zum benachbarten Teil der Doppel-Mehrfamilienhauses half gegen die Ausbreitung der Flammen. Die Bewohner hätten bis auf eine Person an der Straße gestanden. Erst habe es so ausgesehen, als ob eine Rettung durch eines der oberen Fenster notwendig wäre, doch die Person sei dann durch das verrauchte Treppenhaus geflohen, berichtete Ritter.

Tobias Bertsche, ebenfalls ein Pressesprecher der Feuerwehr, erklärte zur Brandschutzmauer, dass dies eine Mauer sei, die beide Haushälften voneinander trenne. Das sei eigentlich eine normale Mauer, habe aber keinerlei Leitungen oder Versorgungskanäle, durch die sich Feuer verbreiten könnte. Die Mauer, die komplett über die ganze Haushöhe verläuft, habe ihren Zweck erfüllt.

Immer wieder steigt Rauch aus Glutnestern auf, die gelöscht werden müssen.
Immer wieder steigt Rauch aus Glutnestern auf, die gelöscht werden müssen. | Bild: Löffler, Ramona

Nach ersten Angaben rund 20 Verletzte

Die Feuerwehr gab die Zahl der Verletzten während des laufenden Einsatzes mit rund 20 Personen an – auch zwei Feuerwehrleute waren betroffen. Die Polizei nannte am Morgen fünf Verletzte, da sie die zählt, die ins Krankenhaus gebracht wurden, aber nicht die, bei denen das nicht notwendig war.

Rettungskräfte waren mit einem kompletten Zug von 30 bis 40 Personen vor Ort, in dem auch Notärzte waren, die nach und nach alle Verletzten sichteten und versorgten. Die Drohneneinheit des Landkreises half mit zwei Drohnen aus der Luft, die Glutnester zu finden. Immer wieder stieg an verschiedenen Stellen des Dachs weißer Rauch auf, wenn noch etwas kokelte. Die Einsatzkräfte öffneten von den Drehleitern auf an beiden Gebäudeseiten das Dach und entfernten die Ziegel.

Das Haus könnte unbewohnbar sein

Letztendlich war das komplette Dachgeschoss, in dem sich Wohnungen befanden, ausgebrannt. Durch den massiven Einsatzsatz von Löschwasser seien sicherlich Wohnungen darunter in Mitleidenschaft gezogen worden, so die Feuerwehr.

Kaputte Dachziegel liegen vor dem Haus. Die Feuerwehr muss das Dach für die Löscharbeiten öffnen.
Kaputte Dachziegel liegen vor dem Haus. Die Feuerwehr muss das Dach für die Löscharbeiten öffnen. | Bild: Löffler, Ramona

Ein THW-Fachberater sei im Haus gewesen, um sich die Statik anzuschauen, und die Stadtwerke hätten die Stromversorgung gekappt. Auch der Kreisbrandmeister, die Führungsgruppe und Bürgermeisterin Susen Katter waren vor Ort.

Bürgermeisterin Susen Katter und Carsten Tilsner, Leiter des Ordnungsamts, besprachen die Unterbringung der Bewohner. Tilsner organisierte Möglichkeiten, zum Beispiel in Hotels, sofern jemand nicht bei Familie oder Freunden unterkommen konnte. Wie viele Personen genau betroffen sind, war beim laufenden Einsatz noch nicht zu erfahren.

Nachlöscharbeiten von zwei Seiten. Links die Stockacher Drehleiter, rechts die Radolfzeller Drehleiter.
Nachlöscharbeiten von zwei Seiten. Links die Stockacher Drehleiter, rechts die Radolfzeller Drehleiter. | Bild: Löffler, Ramona

„Heilfroh, dass wir unsere Feuerwehr haben“

Susen Katter schilderte gegen 0.30 Uhr nachts im Gespräch mit dem SÜDKURIER, die Stadt werde schauen, wer nur für eine Nacht oder für längere Zeit untergebracht werden müsse. „Wir sind heilfroh, dass wir unsere Feuerwehr haben“, sagte sie zum Einsatz und lobte die Leistung der zahlreichen Kräfte. Der Einsatz dauerte weit in die Nacht hinein und die Polizei hatte den Verkehr umgeleitet.

Carsten Tilser erklärte, im betroffenen Teil des Mehrfamilienhauses seien zwölf Personen gemeldet, die in der Nacht letztendlich alle bei Verwandten untergekommen seien. Er habe einen Mann sogar zu einer Verwandten in einem anderen Ort gefahren, da er sonst nicht anders hingekommen wäre. Alle Bewohner aus der rechten Hälfte des Gebäudes hätten nachts wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können, dort aber keine Strom gehabt. Die Feuerwehr habe mit Messungen zuvor sichergestellt, dass keine Gefahr durch Kohlenstoffmonoxid bestehe.

Ob die Betroffenen doch noch Hilfe von der Stadt für die weitere Unterbringung brauchen, sei momentan unklar. Tilser sagt aber: „Niemand muss auf der Straße stehen.“ Theoretisch hätte die Stadt die Kapazität gehabt, die zwölf Personen unterzubringen.

So sieht das Haus am Morgen nach dem Brand aus. Ein Stückchen Dach zum Nachbar-Hausteil musste geöffnet werden.
So sieht das Haus am Morgen nach dem Brand aus. Ein Stückchen Dach zum Nachbar-Hausteil musste geöffnet werden. | Bild: Löffler, Ramona

Hoher Schaden und unklare Ursache

Und was war eigentlich die Brandursache? Die Ermittlungen der Kriminalpolizei laufen. Die Beamten vor Ort konnten noch nichts zu dem Fall sagen. Eine Nachfrage bei der Pressestelle der Polizei ergab am Mittwochmorgen, dass der Schaden bei 500.000 Euro liegt.

Nachdem in der Nacht zunächst unklar gewesen war, ob wirklich das ganze linke Gebäude unbewohnbar ist, teilte die Polizei inzwischen mit, dass es tatsächlich so ist. Zudem beschreibt sie in der Meldung, dass die Flammen im Dach ausgebrochen seien und sich schnell auf einen darunterliegenden Balkon ausgebreitet hätten.

Bild 6: Brand macht Mehrfamilienhaus in Stockach unbewohnbar
Bild: Löffler, Ramona

Laut Feuerwehr dauerte der Einsatz bis in die frühen Morgenstunden. Die Einsatzkräfte seien um 4 Uhr wieder zurück im Gerätehaus gewesen. Am späten Mittwochvormittag mussten die Feuerwehr allerdings noch einmal ausrücken, um Glutnester abzulöschen. Das sei aber bei einem Brand dieser Dimension normal.

Das Polizeirevier Stockach bittet Personen, die Videos des Brandgeschehens gemacht haben, sich unter der Telefonnummer 07771 93910 zu melden.