Speisen und Getränke nur noch zum Mitnehmen, Fitness- und Kosmetikstudios bleiben zu, Vereinssport und Musikproben fallen aus: Der Corona-bedingte zweite Lockdown läuft seit einer Woche. Durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind wieder nicht nur die Bürger betroffen, sondern auch verschiedene Branchen und Lebensbereiche, die nun zum zweiten Mal in diesem Jahr versuchen, sich mit Notlösungen über Wasser zu halten. Betroffene berichten von ihren Erfahrungen.
- Gastronomie: Für Boris Graf, Inhaber der „Nellenburger Talstation“ in Stockach, stellt sich die Sinnfrage. „Das ist momentan eine sehr unbefriedigende Situation, kontraproduktiv zudem. Denn alles, was bisher in der Gastronomie stattfand, wird sich ab sofort in den privaten Raum verlagern. Die Menschen werden sich weiterhin treffen, dann eben zuhause“, sagt Graf. Er ist der Meinung, dass es in Lokalen, die in der Regel gute Hygienekonzepte haben, sicherer sei als zu Hause. Es sei sinnvoller, die Gaststätten offen zu lassen und diese besser zu kontrollieren, „schwarze Schafe rauszunehmen“.
Und er glaubt, dass die Infektionszahlen weiter steigen und der Lockdown vermutlich länger dauern werde als nur bis Anfang Dezember. Diese Unsicherheit belaste den Betrieb in der gesamten Gastronomie. Für seinen eigenen Betrieb sagt Graf, der Außer-Haus-Verkauf sei lediglich eine Schadensbegrenzung. Zudem seien die Menschen müde geworden, andere zu unterstützen, und die Solidarität sei weniger geworden. „Wir versuchen es aber natürlich“, sagt er, „doch wenn es nicht gut läuft, dann machen wir zu“.

- Fitnessstudios: Dass die Fitnessstudios während eines Lockdowns schließen müssen, ist für Joachim Schyra und Maximilian Schyra, die Betreiber des Injoy Stockach, ein großer Fehler: „Die Menschen trainieren, um sich fit und gesund zu halten, um beweglich zu bleiben und um ihr Immunsystem zu stärken. Die Fitnessstudios zu schließen, das ist, als ob man alle Apotheken abschließt und die Schlüssel dafür wegwirft. Als ob man die Menschen in einen Ganzkörpergips sperrt und sie unbeweglich macht“, sagt Maximilian Schyra.
Zudem hätten die meisten Fitnessstudios sehr gute Hygienekonzepte, es werde auf Desinfektion der Geräte und Hände, Abstandsregeln und häufiges Lüften geachtet. Und an kaum einem anderen Ort sei so gut nachvollziehbar, wann jemand anwesend ist, die Nachvollziehbarkeit sei also zu hundert Prozent gegeben. „In unserem Studio wird zudem zweieinhalb Mal pro Stunde die gesamt Luft ausgetauscht, Dachluken und Fenster öffnen sich automatisch regelmäßig. Ich wüsste nicht, wo sonst man sich so sicher fühlen kann“, sagt Maximilian Schyra, der der Meinung ist, dass die gesamte Fitnessbranche in Sippenhaft genommen werde.

- Kosmetikstudios: Hohe Hygienestandards habe es in Kosmetikstudios schon immer gegeben, sagt Anastasia Diener, die ein solches Studio in Stockach betreibt, derzeit aber Umzug nach und Neueröffnung in Ludwigshafen geplant habe. „Mit Handschuhen arbeite ich schon immer. Seit Corona sind eine FFP3-Maske und ein Schutzschild zu meiner Ausrüstung dazugekommen. Es ist immer nur ein Kunde im Laden, der bis zum Behandlungsplatz die Maske aufbehält und erst zur Behandlung dann abnimmt.“
Sie könne die Regierungsentscheidung aber verstehen und respektiere diese, sagt Diener, obgleich die Schließung für sie natürlich frustrierend sei: Eigentlich habe sie bereits im Mai dieses Jahres ihr neues Studio eröffnen wollen, der erste Lockdown sei dazwischen gekommen. Sie habe dann den Umzug auf November verschoben, wurde nun aber durch den neuen Lockdown wieder ausgebremst. Auch habe sie im Sommer nur schwer Handwerker finden können für die Renovierung, da so viele Handwerker in Kurzarbeit seien. Nun hoffe sie, dass die Neueröffnung im Dezember stattfinden könne, glaubt aber nicht so recht daran: „Der Dezember ist für Kosmetikstudios der wichtigste Monat. Da werden Geschenke und Gutscheine gekauft.“
- Sportvereine: Die Schwimmabteilung der TG Stockach ist davon betroffen, dass das Hallenbad diesen Winter geschlossen bleibt, wie Stephan Karle, zuständiger Abteilungsleiter, berichtet. Zwar gebe es für die Schwimmhalle ein durchdachtes Hygienekonzept, jedoch können die Vorgaben nicht eingehalten werden, sodass das Training in diesem Winter ganz entfallen müsse. Beispielsweise seien aufgrund der baulichen Situation keine Einbahnregelungen möglich. Und eine Atemwolke könne in der Schwimmbahn den Hinterschwimmer treffen.
Darum sei es laut Stephan Karle wohl richtig, das Hallenbad geschlossen zu halten. „Für die Kinder und Jugendlichen ist das natürlich ein harter Einschnitt“, sagt er. „Sie haben seit dem Frühjahr kein Schwimmtraining mehr gehabt und das macht viele traurig. Wenn aber die Bundesregierung uns diese Vorgaben macht, dann wird das schon Sinn und Zweck haben. Und ein jeder muss seinen Beitrag leisten, auch wenn wir die Resultate erst im Januar 2021 sehen werden.“
- Musikvereine: Als Vorsitzender des Musikvereins Stockach berichtet Manfred Wittig von den Auswirkungen des Lockdowns auf die Stadtmusik. So seien bisher alle Konzerte in diesem Jahr ausgefallen, das Frühjahrskonzert, das auf 2021 verschoben worden sei, der allseits beliebte „Sommerabend“ auf dem Gustav-Hammer-Platz in Stockach und das Herbstkonzert, für das der österreichische Solo-Trompeter Thomas Gansch engagiert worden sei. Zum Glück sei die Agentur des Star-Trompeters dem Verein entgegengekommen, sodass das Konzert auf den Herbst 2021 verlegt werden konnte, mit nicht allzu großen finanziellen Einbußen. Nur eine Matinee im Freien auf dem Pausenhof der Grundschule im Oktober war drin. „Natürlich sind alle Musiker sehr traurig, dass wir nicht proben dürfen. Wir sind keine Partyszene, es trifft also, meiner Meinung nach, die Falschen. Unsere Probenarbeit erfolgte immer nur unter strengen Auflagen, aber trotzdem dürfen wir nicht weitermachen. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht“, sagt Wittig.
Dennoch hoffe er, dass das geplante Weihnachtskonzert am 19. Dezember, bei dem auch der Bass-Bariton Markus Volpert mitwirke, wie geplant stattfinden darf. Es solle zwei Aufführungen geben, da aufgrund der Abstandsregeln weniger Sitzplätze bereit stünden, eine um 17 Uhr und eine um 19 Uhr. Wittig: „Wenn wir ab dem 1. Dezember proben dürften, würde die Probenzeit bis zum Konzert ausreichen. Wir hoffen sehr, dass es klappt.“