Manche müssen geschlossen bleiben, andere dürfen unter Auflagen wieder öffnen und andere hatten gar nicht erst zu: Das Coronavirus hat vielfältige Auswirkungen auf Gewerbetreibende. Und auch wenn einige Einschränkungen zuletzt gelockert wurden, läuft das Leben in den Unternehmen noch lange nicht normal. Wie schaffen es Betriebe in Stockach durch die Krise? Drei Beispiele:
Die Fitnessunternehmer
Joachim und Maximilian Schyra tun sich mit den derzeitigen Regeln für die Eindämmung der Corona-Pandemie schwer. Die beiden betreiben das Fitnessstudio Injoy an der Winterspürer Straße. Ursprünglich seien sie für die Schließungen gewesen, wenn diese sein müssen, sagt Joachim Schyra – auch wenn es ihr eigenes Unternehmen traf. Nach etwa neun Wochen Schließung schrumpft ihr Verständnis dafür, dass ausgerechnet Einrichtungen, die der Gesundheit dienen, weiter zu bleiben.
Denn: „Muskeltraining ruft auch ein starkes Immunsystem hervor“, sagt Maximilian Schyra. Außerdem sei ihr Studio auch im Reha-Sport aktiv. Diese Kunden, die auf Verordnung eines Arztes und von der Krankenkasse bezahlt spezielle Übungen bekommen, können derzeit nichts für ihre Gesundheit tun. Dass Fitnessstudios von manchen als Risikoherd betrachtet werden, kann Maximilian Schyra nicht verstehen. 1200 Mitglieder – davon 300 Reha-Sportler – können nun nicht trainieren.
Beide betonen, dass in Fitnessstudios ein computergesteuerter Zugang seit Jahren Standard sei. Dadurch könne man beispielsweise Altersgruppen voneinander trennen und die Zahl der Mitglieder, die gleichzeitig trainieren, begrenzen. Platz hätten sie mit 1900 Quadratmetern auch genug, Geräte könnte man auseinander schieben oder absperren, um Abstandsregeln einzuhalten. Möglich wäre auch, Kurse in der Tennishalle abzuhalten, die zum Unternehmen gehört und die reichlich Platz bietet. Außerdem würden die Trainierenden die Geräte desinifizieren, wenn sie dort fertig sind, sagt Joachim Schyra.
In anderen Bundesländern sind Fitnessstudios inzwischen unter strengen Hygieneauflagen wieder offen, Baden-Württemberg sei aber sehr zögerlich, so Maximilian Schyra. Studiobetreiber aus ganz Baden-Württemberg hätten sich deswegen kürzlich an 140 Stuttgarter Landtagsabgeordnete gewendet – in der Hoffnung auf Erleichterung.

Der Metzger
Max Knoll betreibt eine Metzgerei in Stockach. „Ich bin zunächst einmal froh, dass ich keine Stütze brauche“, sagt er. Da er Lebensmittel verkauft, durfte er sein Geschäft die ganze Zeit geöffnet halten. Darüber sei er glücklich, so Knoll. Nach seinem Gefühl sind sogar mehr Kunden in seinen Geschäften: „Die Kunden schätzen die regionale Ware, da findet ein gewisses Umdenken statt“, ist sein Eindruck. Doch spurlos vorbeigegangen ist die Krise auch an seiner Metzgerei nicht. Der Umsatz sei durchaus zurückgegangen, vor allem Partys und Festveranstaltungen fallen weg, Mittagstisch könne er genau wie die Gastronomen nur noch zum Mitnehmen verkaufen.
Zum Schutz der Mitarbeiter habe man die Belegschaft in zwei Schichten eingeteilt, erzählt der Metzgermeister. Sollte ein Mitarbeiter in Quarantäne müssen, so seien davon zumindest nicht alle Kollegen betroffen. Und an dieser Stelle könnte manches für ihn klarer sein. „Niemand kann einem genau sagen, welche Kriterien für eine Quarantäne gelten.“ Zumal für seinen Betrieb, zu dem auch Niederlassungen in Meßkirch, Pfullendorf, Radolfzell und Gottmadingen gehören, auch noch zwei Landratsämter in unterschiedlichen Regierungsbezirken zuständig seien. Doch er zeigt auch Verständnis. Für die Mitarbeiter in den Ämtern kämen die Änderungen ebenso rasch hintereinander wie für alle Bürger. „Wir alle bemühen uns einfach darum, es optimal umzusetzen.“

Die Händlerin
Mehr Wertschätzung fürs Regionale nimmt auch Anja Schmidt bei ihren Kunden wahr. Sie betreibt das Modegeschäft Wundervoll in der Stockacher Hauptstraße. Ihr Eindruck sei, dass seit der Öffnung der Geschäfte mehr Menschen bei ihr einkaufen wollen, erzählt sie: „Es gibt ein Bewusstsein für die Frage, was es vor Ort, in Stockach, zu kaufen gibt“, lautet ihre Einschätzung. Möglicherweise sei den Menschen bei der vollständigen Schließung auch klar geworden, wie die Stadt aussehen könnte, wenn es die Händler nicht gäbe, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Handel, Handwerk und Gewerbe (HHG). Zwei Kunden dürften gleichzeitig in ihr Geschäft kommen, erzählt sie und ergänzt: „Die Stockacher Kunden gehen bewusst mit so etwas um.“
Und als Händlerin sei ihr Eindruck, dass kleine Geschäfte sogar im Vorteil seien, denn deren Stammkunden seien ziemlich loyal. Die Regel, dass zunächst nur Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von unter 800 Quadratmetern öffnen durften, habe den Händlern in der Oberstadt in die Karten gespielt, sagt sie. Und als Betreiberin eines solchen kleinen, inhabergeführten Fachgeschäfts bringt sie auch die Ausbildung ins Spiel. Ihr eigenes Unternehmen sei zwar zu klein, um jemanden auszubilden. Doch gerade die Fachgeschäfte böten auch Plätze für den Nachwuchs.