Die alte Holztür will erst nicht so recht aufgehen. Sie war schon lange zu und am Gemäuer schiebt sich Efeu in manche Ritzen. Es ist eine von mehreren, unscheinbaren Türen, die ins Innere der alten Schlossbrauerei in Espasingen führen. Auch der lange Flur lässt noch nicht erahnen, welchen kuriosen und ungewöhnlichen Einblicke das leerstehende Gebäude zu bieten hat.

Einige Teile stehen seit fünf Jahrzehnten leer, andere erst seit wenigen Jahren. Da wären die Wohnungen im Flügel mit der verlassenen Gaststätte, wo bis vor dem Verkauf an die Gnädinger und Mayer GmbH noch Forstarbeiter von Gut Bodman lebten. Was einmal die Schlossbrauerei war, haben seit deren Schließung im Jahr 1968 nur wenige Menschen betreten.
Große Kellergewölbe und Dachboden wie ein Labyrinth
Aber alles außer der Gaststätte – egal ob Zimmer oder Brauerei – wird in dem denkmalgeschützten Gebäude bald zu Wohnraum. Außerdem soll es auch ein Café, eine Gastronomie oder vielleicht einen Bioladen geben, erzählt Andreas Schmid, einer der Geschäftsführer der Gnädinger und Mayer GmbH, beim Gang durch die ungewöhnlichen und beeindruckenden Räume.
Dabei trifft der Begriff Raum es oft gar nicht: Der Keller wartet mit beeindruckenden Gewölben auf, der Dachboden ist ein fast labyrinthartiges Konstrukt und die frühere Brauerei ist der Inbegriff dessen, was heute Lost Place genannt wird. Dieser englische Begriff bedeutet verlorener Ort und wird oft gebraucht, um ein leeres Gebäude oder eine Ruine zu beschreiben, die vielleicht auch etwas unheimlich oder kurios sind und eine Art Zeitreise erlauben.
Der Gewölbekeller ist übrigens noch original vom einstigen Schloss und Familiensitz der Grafen von Bodman. Das Gebäude brannte später nieder und der Neubau wurde dem Ursprungsbau nachempfunden. Im Lauf der Zeit kam das eine oder andere Element dazu, wie zum Beispiel ein Wellblechaufbau an der Rückseite des Gebäudes oder Glasbaustein-Fenster zeigen.
Bis vor anderthalb Jahren standen auf dem Areal hinten noch die großen Metallsilos der Brauerei – acht gleichgroße und ein neuntes noch riesigeres. Heute türmen sich dort große Schuttberge auf, die noch abgetragen und zum Teil in den Straßengrund auf dem Areal eingebaut werden, wie Andreas Schmid erklärt.

Brauerei-Flügel wird zu Loft-Wohnungen
2022 geht der Umbau los, doch so ganz wie auf einer normalen Baustelle klappt das dann nicht. In dem historischen Gemäuer sei viel Handarbeit gefragt, erläutert Schmid. Was das kostet? Das könne er jetzt noch nicht sagen, aber es würden sicher einige Millionen Euro. Es seien rund 20 Eigentumswohnungen mit 70 bis circa 100 Quadratmetern geplant. „Wir tüfteln noch an den Schnitten der Wohnungen“, so Schmid.
Im mittleren Gebäudeteil soll im Erdgeschoss zum Beispiel eine Galeriewohnung entstehen, in der die großen gewölbten Decken sichtbar erhalten bleiben. In den alten Brauerei-Flügel kämen Loftwohnungen. Zwischen den Gebäuden sei ein Garten geplant. Die Baugenehmigung liege bereits vor. Inzwischen zeigen große Banner an den Mauern, was in der Schlossbrauerei entsteht.
Die 200 Jahre alte Schlossplatane bleibt erhalten
Als nächstes stehen laut Schmid Vorarbeiten an: „Der Putz wird abgeschlagen und ein Statiker beurteilt, was erhalten werden kann und was ersetzt werden muss.“ Alles geschehe in Absprache mit den Statiker und dem Denkmalamt.
Etwas, das auf jeden Fall auf dem Areal bleibt, ist die riesige Schlossplatane auf dem Gelände. „Sie ist mehr als 200 Jahre alt und einer der schönsten Bäume, die ich je gesehen habe“, schwärmt Anita Steinbrück, die für das Marketing zuständig ist.
Für den Umbau des gesamten Gebäudes seien drei Bauabschnitte vorgesehen: Es gehe im rechten Flügel los, dann in die Mitte weiter und schließlich komme der linke Flügel dran. Ende 2023 oder im Jahr 2024 soll alles bezugsfertig sein. Die Immobilienfirma habe rund 30 Jahre Erfahrung mit solchen denkmalgeschützten Objekten, erzählt Schmid: „Es ist ein hervorragendes Gebäude für uns.“
Anita Steinbrück hat bereits erste Anrufe erhalten: „Eine Interessentin hat erzählt, wie sie als Kind hier in der Gaststätte getanzt hat.“