Im November 1986 gab es zwischen der Heinrich-Fahr- und der Gießerei-Straße auf dem alten Fahr-Geländes eine gewaltige Explosion, die in der ganzen Stadt zu hören war. Das bedeutete das Ende des Fabrik-Schornsteins, der über viele Jahrzehnte als Wahrzeichen der im Jahr 1892 in Betrieb genommenen Fahr-Gießerei in die Höhe geragt und geraucht hatte. Ganz im Gegensatz dazu reckt sich der Schornstein der ehemaligen Landmaschinenfabrik Fahr im Stammwerk Gottmadingen noch heute als geschichtsträchtiges Symbol in den Himmel.

Das Werk in Stockach und sein Ende
Die Landmaschinenfabrik Fahr in Gottmadingen war 1870 gegründet worden. Als Zweigbetrieb kam 1892 die Gießerei in Stockach mit dazu. Hier arbeiteten in den besten Zeiten bis zu 1000 Frauen und vor allem Männer. Der Schornstein der Stockacher Fahr-Gießerei war vermutlich zusammen mit der Gießerei gebaut worden. 1961 erwarb die Kölner Deutz AG ein Viertel des Aktienkapitals und übernahm 1975 die restlichen Aktien.
1988 wurde das Werk in Gottmadingen vom niederländischen Landmaschinenhersteller Greenland übernommen, dieses wiederum später von einem norwegischen Unternehmen. Damit ging im Lauf der Jahre eine immer weiter fortschreitende Verlagerung der Produktion von Gottmadingen in andere Werke des Konzerns einher. Im Juli 2006 wurde die Landmaschinenproduktion in Gottmadingen ganz eingestellt.
Der Konzern hatte mehr als genug Gießerei-Kapazitäten, deshalb wurde das Werk in Stockach bereits 1984/1985 aufgelöst. Bürgermeister Franz Ziwey, Landrat Robert Maus und der Betriebsrat mit Alfons Klink an der Spitze kämpften damals mit aller Kraft um den Erhalt des Werkes und der verbliebenen rund 300 Arbeitsplätze, aber vergeblich. Da half auch der Besuch einer größeren Delegation aus Stockach bei der Konzernspitze in Köln nichts mehr.

Strohballen und Sprengstoff im Einsatz
Zurück zur Sprengung des Schornsteins, der mitten im Werksgelände stand: Fachleute hatten an mehreren Stellen Sprengstoff angebracht und den Fuß des Schornsteins mit Strohballen gedämmt. Die Sprengung war vorher nicht öffentlich angekündigt worden, sodass sich die Zahl der Zuschauer auf dem Werks-Areal in Grenzen hielt. Vor allem waren es Arbeiter, die auf dem Fahr-Gelände zu tun hatten und manchmal auch einige Freunde oder ihre Kinder mitbrachten, um das Spektakel zu erleben. Nach der Fernzündung der Zündkapseln über Kabel fiel der Schornstein innerhalb weniger Sekunden in sich zusammen.
Die Experten hatten gute Arbeit geleistet, denn an den umliegenden Gebäuden richtete der in sich zusammensackende Schornstein so gut wie keinen Schaden an. Aber natürlich stieg eine Staubwolke auf. Übrig blieb ein großer Haufen Backsteine, der abtransportiert wurde.

Für die Fotoexperten unter den Lesern: Die Kamera mit der die Bilder vom Zusammensturz des Kamins entstanden sind, eine Olympus OM2, stand auf einem Stativ. Da es schnell gehen musste, wurde die Kamera mit einem Motor ausgelöst.
Im Jahr darauf machte die Ausstellung „Unser Heer“ mehrere Tage in Stockach Station. Sie bot auch Hubschrauberflüge für Gäste. Dabei entstanden verschiedene Bilder vom Fahr-Gelände. Im Vergleich zu heute hat sich viel auf dem Gelände verändert, auf dem sich heute die Firma Gerhard Haas GmbH & Co. KG befindet. Der Schriftzug Rival an den Gebäuden weist auf die Marke hin, die dort produziert wird.
Dieter Britz (74), von 1982 bis 1988 Leiter der Stockacher SÜDKURIER-Redaktion, war bei der Sprengung im November 1986 mit dabei und konnte mit der Kamera festhalten, wie das einstige Wahrzeichen der Gießerei in sich zusammenfiel