Ein längst beschlossenes Baugebiet kann noch jede Menge Diskussionen, Sorgen und Kritik auslösen. Dies zeigte sich in der jüngsten Gemeinderatssitzung beim Neubaugebiet Kapellenäcker, das am Ortsausgang von Stockach in Richtung Ludwigshafen liegt. Der Rat sollte eingegangene Stellungnahmen von Behörden und Einwohnern zum Bebauungsplan abwägen. Dabei kochte plötzlich eine Debatte hoch, welche Art Wohnraum eigentlich gebraucht wird: Viele Wohnungen oder doch Einfamilienhäuser?
Bürgermeister Rainer Stolz fasste zunächst den Stand zusammen. Er versicherte, die Verwaltung werde dem Landratsamt den Wunsch und Ratsbeschluss für einen Kreisverkehr auf der Ludwigshafender Straße als Anschluss des Gebiets deutlich machen. Im Planungsausschuss gab es kürzlich einige Fragezeichen um die Verwirklichbarkeit des Kreisels, den der Rat im Januar 2021 beschlossen hatte, und der das Neubaugebiet an die Ludwigshafener Straße (B31-alt) anschließen soll.
Untersuchung zu möglichem Kreisverkehr
In einer Stellungnahme bittet das Regierungspräsidium Freiburg (RP) um eine Untersuchung, „ob der Knoten als Kreisverkehr oder als Kreuzung mit Lichtsignalanlage auszuführen ist, um einen guten Verkehrsfluss zu gewährleisten“. Zudem sei der Entwurf der Straßenplanung dem Baureferat der Neubauleitung Singen zur Abstimmung und Genehmigung vorzulegen.
Auch sei eine Vereinbarung für die Übernahme der Planungs-, Bau- und Grunderwerbskosten zu schließen. „Die Kosten für die Herstellung der
neuen Anbindungen gehen voll zu Lasten des Vorhabenträgers, einschließlich einer Ablösung“, so das RP weiter. Die Stadtverwaltung hat laut Abwägungstabelle die Untersuchung beauftragt.

Anlieger wollen keine so massiven Gebäude
Lars Heinzl, Leiter des Stadtbauamts, stellte die während der Offenlage eingegangenen Einwände vor, aufgrund derer es bereits Anpassungen in den Unterlagen gab. Anlieger in der Oberen Walke, der Straße unter dem Neubaugebiet, hatten zu massive Baukörper befürchtet. Die Stadt hatte mehrere Stellungnahmen mit gleichem oder ähnlichem Inhalt erhalten. Nun wird die erlaubte Gebäudehöhe bei 12,50 Metern liegen und mögliche Aufzugschachts, die darüber ragen, werden erlaubt. Die maximal möglichen Gebäudelängen werden von 50 auf 25 Meter halbiert.
Heinzl schilderte, die Kapellenäcker-Häuser dürften mit drei Geschossen um ein Geschoss höher als die Gebäude in der Oberen Walke werden. Wolf-Dieter Karle (Freie Wähler) sah die Einwendungen als berechtigt an und fand den Kompromiss so in Ordnung.
Wünsche für bessere Optik und viel Parkraum
Martin Bosch (CDU) berichtete, er habe einige Gespräche mit Anliegern geführt, und sprach sich dafür aus, Staffelgeschosse nur in Richtung Ost-Seite zu erlauben. Also nicht auf die Seite zur Oberen Walke, damit das Erscheinungsbild nicht so massiv wirke.
Da die Straßen im Gebiet mit sechs Metern sehr breit werden, wünschte sich Bosch Stellplätze an der Straße. Stolz verwies jedoch auf geplante Baumpflanzungen an den Straßen, die für Schatten sorgen sollen. Doch wo es möglich sei, sollen Parkplätze realisiert werden, sagte der Bürgermeister zu.
In den Unterlagen kritisiert ein Bürger, dass 1,5 Stellplätze pro Wohneinheit zu wenig seien. Doch die Stadtverwaltung erwidert darauf, dies sei sogar bereits um 50 Prozent erhöht, da die Landesbauordnung eigentlich nur einen Stellplatz fordere.
Martin Bosch erwähnte zudem erneut seine Anmerkungen aus dem Planungsausschuss zum Parkraum am Pflegeheim, um Parksuchverkehr zu verhindern. Stolz sagte zu, die Verwaltung werde um die Einrichtung von mehr Stellplätzen auf dem Gelände bitten.
Kritik an fehlenden Einfamilienhäusern
Joachim Kramer (SPD) kritisierte den Unterschied der ersten Planung von vor zehn Jahren im Vergleich zu der heutigen, verdichteten Planung für das Gebiet. „Das tut weh, wenn ich es jetzt sehe“, sagte er. Stolz erwiderte, so wie die Planung früher gewesen sei, bekäme man sie heute nicht mehr durch. Er kritisierte zudem andere Flächen in der Stadt, auf denen Mehrfamilienhäuser geplant, aber bisher nicht realisiert worden seien, zum Beispiel beim Pflegeheim an der Winterspürer Straße. Ihm gehe es darum, einen Mittelweg zu finden.
„Wir müssen etwas für Familien haben, die sich so viel leisten können“, betonte Stolz im Hinblick auf viele Mehrfamilien- statt Einfamilienhaus-Bauplätze auf dem Planentwurf für den unteren Bereich des Gebiets.

Viele können sich Bauen nicht mehr leisten
Wolfgang Reuther (CDU) verwies auf Rückgaben von Bauplätzen, weil manche Familien sich bauen nicht mehr leisten könnten. Die Stadt habe bereits einige Bauplätze zurückbekommen. Er glaube, die Baupreise sowie die Bodenpreise werden künftig nicht mehr günstiger. „Mit Einfamilienhäusern würden wir an der Zielgruppe vorbeiplanen“, sagte Reuther. Die soziale Komponente sei nur mit einer Verdichtung zu verwirklichen.
Die Entscheidung für die Abwägung und grünes Licht für das Kapellenäcker-Konzept fiel schließlich bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung. Der Planentwurf wird nun öffentlich ausgelegt.
Wolfgang Reuther zeigte sich „massiv verwundert“, da von der SPD Nein-Stimmen kamen. Joachim Kramer entgegnete jedoch, er habe dies bereits vor zehn Jahren gesagt.