Seit dem 16. März ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft. Davon sind auch im Raum Stockach verschiedene Einrichtungen betroffen. Doch wie lief die Einführung ab und was hat sich in den ersten Tagen nach der Meldung der betroffenen Mitarbeiter getan? Einige Einrichtungen wollten auf Nachfrage des SÜDKURIER keine Angaben machen, aber drei Einrichtungen haben sich zurückgemeldet.

Noch keine Rückmeldungen vom Gesundheitsamt

Das Wichtigste zuerst: Bislang läuft der Betrieb in den Einrichtungen, die auf die Anfrage geantwortet haben, im Großen und Ganzen normal ab. Das könnte sich aber in den nächsten Wochen ändern. Bis Ende März müssen die betroffenen Einrichtungen – darunter zum Beispiel Krankenhäuser, Pflegeheime, Arztpraxen und mobile Pflegedienste – über eine zentrale Meldeplattform des Landes ihre Mitarbeiter, die nicht geimpft sind und nicht über einen Genesenen-Status verfügen, an das zuständige Gesundheitsamt melden.

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Nach Ablauf der Meldefrist werden die Betroffenen laut SÜDKURIER-Informationen aufgefordert, die entsprechenden Nachweise nachzureichen. Geschehe dies nicht, komme es zu einem Anhörungsverfahren. Im Entfall kann das Gesundheitsamt danach ein Betretungsverbot aussprechen, was bedeutet, dass die betroffenen Mitarbeiter nicht mehr in einer entsprechenden Einrichtung tätig sein können. Die Auswirkungen dieser Regelung sind für die einzelnen Einrichtungen unterschiedlich.

Erhebliche Schwierigkeiten befürchtet

Fünf Mitarbeiterinnen mussten etwa Ilonka Fischer und Cornelia Herzog, Geschäftsführerinnen des ambulanten Pflegedienstes Bekra aus Stockach, dem Gesundheitsamt melden. „Wobei wir in den nächsten Wochen noch etwa sechs Mitarbeiter melden müssen, bei denen der Genesenenstatus abläuft“, schreiben die beiden auf Nachfrage. Das könnte für das Team zu einem großen Problem werden, denn „sobald vom Gesundheitsamt ein Betretungsverbot ausgesprochen wird, werden wir mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen müssen, da in der Pflege jeder Mitarbeiter wichtig und notwendig ist“.

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Wenn es also so weit komme, dann müssten verbliebene Mitarbeiter, die eigentlich frei hätten, zurück in den Dienst geholt und Urlaube gestrichen werden. „Auch Patientenbesuche müssen reduziert beziehungsweise, sofern möglich, abgesagt werden“, schreiben Fischer und Herzog. Aus diesem Grund habe man sich in der jüngsten Zeit bereits bei den Zusagen für Neuanfragen sehr zurückgehalten.

Im Stockacher Krankenhaus ist die Impfquote beim Personal relativ hoch. Hier mussten laut Geschäftsführer Michael Hanke bisher sechs Mitarbeiter gemeldet werden. Bis jetzt sei das noch kein Problem. Aber „es kommt nun auf die Vorgehensweise des Gesundheitsamtes an. Verzichten können wir auf keinen einzigen Mitarbeiter, ohne dass die entstehende Lücke mehr oder weniger geschlossen werden kann“, betont Hanke.

Wie die Mitarbeiter reagiert haben

Aber wie nahmen die betroffenen Mitarbeiter die Impfpflicht auf, die für sie einen drohenden Jobverlust bedeutet? „Es gab Mitarbeiter, die sich durch die Impfpflicht impfen ließen, andere wollen es aussitzen. Wir müssen aber auch betonen, dass uns als Geschäftsführung seitens der Mitarbeiter kein Vorwurf gemacht wurde. Alle ungeimpften Mitarbeiter haben sich auch ohne Diskussion täglich getestet“, berichten Ilonka Fischer und Cornelia Herzog.

Im Krankenhaus sei die Impfpflicht „ganz überwiegend“ mit Verständnis aufgenommen worden, berichtet Hanke. Allerdings gebe es auch dort eine kleine Gruppe, die sich damit sehr schwer tut. Die Gründe dafür seien höchst individuell. „Die sporadischen Diskussionen darüber werden betriebsintern immer konstruktiv und verständnisvoll geführt“, sagt Hanke.

Bisher keine Kündigungen wegen Impfpflicht

Dass Mitarbeiter aufgrund der Impfpflicht von sich aus gekündigt hätten, sei weder im Krankenhaus noch bei Bekra vorgekommen. „Nur eine Mitarbeiterin überlegt, ob sie kündigen soll, hat dies aber bisher noch nicht getan. Von unserer Seite aus wird keinem ungeimpften Mitarbeiter gekündigt“, so der Standpunkt der beiden Geschäftsführerinnen.

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Erst vor wenigen Wochen wurde die psychiatrische Tagesklinik des Zentrums für Psychiatrie Reichenau (ZfP) im neuen Stockacher Ärzte- und Geschäftshaus eröffnet. Beim Einstellungsprozess für die neuen Mitarbeiter war die Impfpflicht noch kein Thema. „Die Einstellungen erfolgten schon vor der Gesetzgebung“, berichtet Uwe Herwig, Ärztlicher Direktor Psychiatrie und Psychotherapie und stellvertretender Geschäftsführer des ZfP Reichenau.

Genaue Angaben, wie viele Mitarbeiter aus dem zehnköpfigen Stockacher Team gemeldet werden mussten, will Herwig nicht machen. Aber: „Die Impfpflicht stellt uns vor keine besonderen Herausforderungen, der Betrieb wird auch weiterhin nach meinem Dafürhalten normal möglich sein.“ Insgesamt habe man bei den Mitarbeitern eine große Bereitwilligkeit erlebt, den persönlichen Impfstatus kundzutun und setzte dies allgemein für das ZfP Reichenau gesprochen gesetzeskonform um, betont Herwig.

Hoher Aufwand für zusätzliche Bürokratie

Während es bereits am Wochenende von Uwe Lahl, dem Amtschef des Stuttgarter Sozialministeriums, großes Lob für das Meldeportal gab, kritisieren die Betroffenen aus dem Stockacher Raum den bürokratischen Aufwand, der mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht einhergeht. „Das Hochladen einer Tabelle ist etwas sperrig und hat einfach nicht funktioniert. Am Ende ist es darauf hinausgelaufen, dass jede Person einzeln über eine Erfassungsmaske angelegt werden muss. Ich bin daher sehr froh, dass wir nur ein kleines Haus sind und nur wenige Mitarbeitenden zu melden waren“, berichtet Michael Hanke.

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Doch mit dieser ersten Meldung ist es nicht getan, wie Ilonka Fischer und Cornelia Herzog deutlich machen: „Wir müssen regelmäßig überprüfen, wer von den ungeimpften Mitarbeitern nicht mehr genesen ist, und diese dann melden.“ Außerdem habe man einen Notfallplan erstellen müssen, um zu entscheiden, welcher Mitarbeiter bei entsprechender Notlage aus dem Urlaub geholt wird und welche Patienten nur noch reduziert oder gar nicht mehr besucht werden können. „Bei der Versorgung von rund 320 Patienten monatlich kann man sich hier durchaus vorstellen, wie groß der Planungsaufwand ist.“ Dementsprechend erleben die beiden auch bei den Patienten gerade vielfach die Angst, dass sie nicht mehr versorgt werden können, berichten die Beiden und betonen: „Trotz allem wollen wir an unseren Qualitätsansprüchen im Hinblick auf die Versorgung unserer Patienten festhalten.“