Für die meisten Menschen bringt die Corona-Pandemie große Eingriffe in ihr tägliches Leben. Viele Geschäfte dürfen gar nicht öffnen, viele Menschen in Firmen und Betrieben arbeiten seit Monaten von zuhause aus und vermissen persönliche Kontakte. Die neuesten Infektions- und Todeszahlen sind für die meisten nur eine abstrakte Statistik. Aber wie geht es einer Pflegefachkraft, die seit einem guten Jahr für Covid-19-Patienten da ist? Die 27-jährige Linda Schumpp aus Steißlingen erzählt von ihrer Arbeit im Krankenhaus Stockach.
Drei Jahre ist sie hier und seit November stellvertretende Stationsleiterin. Sie sagt: „Wir haben im letzten Jahr sehr schnell reagiert und haben seitdem einen Isolationsbereich speziell für Covid-19-Patienten.“ Aktuell hat das Krankenhaus Stockach sechs Patienten stationär. Diese bekommen Sauerstoff über eine Sauerstoffbrille. Sie sind jeweils allein in ihrem Zimmer und dürfen dieses nicht verlassen. „Sie werden total isoliert, bekommen keinen Besuch und können nur telefonieren.“ In besonderen Fällen, beispielsweise, wenn sich ein Covid-19-Patient im Sterbeprozess befinde, dürfe er aber unter Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen und Hygienevorschriften Besuch von einem Angehörigen erhalten.
Von Anfang an sei auch sie dort tätig gewesen. Im Frühdienst würden morgens, zum Dienstende und natürlich im Bedarfsfall die Vitalwerte gemessen. Dann werde das Frühstück verteilt, anschließend bekämen die Patienten Antibiotika und würden grundpflegerisch versorgt, je nach Bedarf auch von zwei Pflegekräften. Je nach Pflegeaufwand gehe sie öfter rein als zu normal Kranken, um beispielsweise die Sauerstoffsättigung im Blut zu kontrollieren. Es gebe auch mehr Kontakt mit den Ärzten. „Keiner von den Patienten weiß, wo er sich angesteckt haben könnte. Alle sagen, sie hätten aufgepasst“, sagt sie. Das mache deutlich, dass die Wege der Infektion meist nicht nachvollziehbar sind.
Großer Aufwand zum Schutz vor Infektionen
Vor jedem Betreten eines Patientenzimmers muss sie sich extra anziehen. Zusätzlich zu ihrer normalen Arbeitsausrüstung, zu der seit Beginn der Pandemie eine FFP2-Maske gehört, trägt sie dann einen wasserdichten Schutzkittel, ein Visier oder eine Schutzbrille, eine Kopfhaube, Schuhüberzieher und Handschuhe. Und auch weiteres Material wird gebraucht: Thermometer, Blutdruckmessgerät und Oximeter zur Messung des Sauerstoffgehalts im Blut bleiben in den Zimmern. Der Müll wird gesondert behandelt, für die Wäsche gibt es extra Infektionssäcke. Auch das Essenstablett mit Tellern und Besteck kommt in speziellen Müllsäcken zurück in die Küche.
Körperlich ist die Arbeit mit den Covid-19-Patienten anstrengender als normale Stationsarbeit, aber auch mental verlangt sie den Pflegefachkräften einiges ab. Linda Schumpp sagt: „Es nimmt mich mehr mit, weil der Zustand eines Patienten sich so schnell ändern kann. Diese Menschen sind schon arm dran und bei jedem ist der Verlauf anders.“ Ihr tut es leid, dass diese Patienten allein sind. „Sie leiden so allein.“ Und ihrer Einschätzung nach ist der Verlauf der Krankheit schlimmer geworden.
„Impfen bedeutet keine hundertprozentige Sicherheit“
Zweimal pro Woche werde das Krankenhauspersonal getestet. Das gebe einem schon ein besseres Gefühl, wenn man nach Hause gehe. Doch die junge Frau gibt zu: „Die Angst sich anzustecken ist immer da. Ich bin inzwischen zwar geimpft, aber das bedeutet keine hundertprozentige Sicherheit.“ Man wisse eben nicht genau, welche Infektionswege das Virus nimmt. „Aber es geht um die Patienten, um ihr Wohl. Es gibt bei uns niemand, der nicht auf die Isolierstation will.“
Auf die Frage, ob sie mehr verdient, seit sie diese Mehranstrengungen bewältigen muss, schüttelt sie den Kopf. „Bei den Prämien, die durch die Politik angepriesen werden, werden wir als kleines Haus meist vergessen. Aber unser Arbeitgeber schaut, dass uns trotzdem etwas zukommt.“ Die Unterstützung sei gut, sagt sie und lobt: „Der Zusammenhalt im Team ist gerade in dieser Zeit sehr wichtig. Wir tauschen uns über Krankheitsverläufe und unser Empfinden aus, das hilft. Dafür und für die Leistung, welche in dieser Zeit erbracht wird, danke ich meinem Team der Station 1.“
Wie alle Menschen wolle auch sie möglichst bald wieder ein normales Leben führen. Sie appelliert: „Es ist wichtig, dass sich trotz aller Bedenken so viele Menschen wie möglich impfen lassen. Auch wenn wir damit Corona vielleicht nicht verhindern, verhindert jeder für sich selbst, im schlimmsten Fall an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden zu müssen.“