Mikrofon, Musikbox und echter Rap statt Tafel und Unterricht: Für die achte Klasse der Werkrealschule am Schulverbund Nellenburg war der Unterricht neulich ein besonderer. Denn statt Deutsch, Mathe oder Englisch zu lernen, durften die 17 Schülerinnen und Schüler einen eigenen Deutschrap-Song schreiben und aufnehmen.
Die Schulsozialarbeiterin Margerit Haas hatte in Kooperation mit der Bürgerstiftung zum zweiten Mal nach 2023 den Rapper Danny Fresh für ein Projekt eingeladen. Der hatte bereits im Rahmen seines Masterstudiums ein Projekt in der JVA Stuttgart-Stammheim zum Thema gewaltfreie Kommunikation geleitet. Seitdem ist Danny Fresh jährlich an bis zu 30 Tagen mit seinem pädagogischen Konzept in Gefängnissen unterwegs – oder eben an Schulen.

Zu Beginn brachte Danny den Kindern erst einmal etwas Musiktheorie dabei: Was ist ein Takt? Was ist ein Beat? Aus welchen Teilen besteht ein Songtext? Danach bauten sie gemeinsam einen Beat. Die Schüler sollten sich anschließend zur Musik passende Wörter überlegen: Wie ist die Stimmung? Wo in Stockach könnte ich gerade sein?
Songtext über den Alltag in Stockach
Aus diesen Textfetzen reimte die Klasse danach eine Strophe gemeinsam mit Danny: „Treffpunkt Stadtgarten, schau aus dem Parkhaus“, lasen sie gemeinsam die erste Zeile laut vor, um den Rhythmus des Satzes zu verstehen. Im Anschluss durften sie in Kleingruppen selbst weitertexten und diesen dann am Mikrofon üben. Am Ende stand ein gemeinsamer Song.
Hatten die Jugendlichen anfangs noch Hemmungen, ihre Ideen vorzutragen, so waren sie wenig später konzentriert am Texten und Rappen. „Das ist vor allem für die Schüler gut, die vielleicht nicht immer die besten Noten und auch weniger Selbstbewusstsein haben. Die bringen sich hier oft besonders ein“, erklärte Margerit Haas.

Bei den Schülern kam das Projekt gut an. Tem und Junes freuten sich, es sei richtig cool. „Rappen, Reimen, Musik – wir lernen sogar was dabei“, sagten die beiden. Währenddessen tüftelten nebenan Alda, Mila und Julia gerade mit Danny an ihrem Text. „Es ist viel besser als normaler Unterricht“, fand Alda. Und natürlich lerne man etwas dabei: Über Sprache nachzudenken, kreativ zu sein und Sätze zu bilden, die sich reimen, erklärten die drei Mädchen.
Es geht nicht um Gewalt und Drogen
Laut Sozialarbeiterin Haas sei das Interessante an dem Workshop die Kombination aus Deutschrap und dem Ansatz der gewaltfreien Kommunikation – was im ersten Moment fast widersprüchlich wirkt, wenn man die Texte bekannter Deutschrapper kennt. Aber, erklärt Haas: „Danny macht es sehr gut, dass die Schüler einen Text über ihren tatsächlichen Alltag schreiben sollen, anstatt über Gewalt und Drogen, wie man es aus Raptexten oft kennt.“
Ziel sei ein Song über das Leben in Stockach. So würden sich die Jugendlichen mit Jugendkultur befassen, die sie anspricht, aber sich gleichzeitig spielerisch und kreativ mit der deutschen Sprache auseinandersetzen. Zudem stärke der Prozess das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse, da am Ende ein Song entstehe, an dem alle mitgeholfen haben.