Gemeinden dürfen nicht einfach nach Belieben Baugebiete oder Gewerbeflächen ausweisen. Sie sind an den Regionalplan und den Flächennutzungsplan gebunden. Doch der Entwurf für die Fortschreibung Regionalplans für die kommenden 20 Jahre sieht momentan nicht so gut für die Gemeinden im Raum Stockach aus. Der Gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Stockach hat deshalb über Stellungnahmen mit Gegenvorschlägen gesprochen, damit Wohnen und Gewerbe sich weiterhin entwickeln können.

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER betonte Bürgermeister Rainer Stolz die Wichtigkeit des Regionalplans: „Er bindet die Behörden und uns. Wir dürfen nur in seinem Rahmen agieren.“ Daher müsse jetzt bereits überlegt werden, was in 10 bis 15 Jahre bei den Ortsentwicklungen geschehen könnte und wo sie sich hinbewegen sollen. Beispielsweise könnte sich der Wohnungsbau in Mühlingen-Zoznegg im Plan dann nicht mehr nach außen entwickeln und auch Stockacher Ortsteile wären eingeschränkt.

Grünzüge erlauben keine Bauentwicklung

Den Plan im Detail anzuschauen und alle Wünsche unterzubekommen, sei eine Sisyphusarbeit – aber wichtig. Stolz führte das Interkommunale Gewerbegebiet Blumhof als Beispiel an. Die Flächen dort seien ausgeschöpft und um eine künftige Erweiterung zu ermöglichen, dürfe auf die potenziellen Flächen kein Grünzug gelegt werden. Als Grünzug werden unbebaute Flächen bezeichnet, die verschiedene ökologische Funktionen haben können, und nicht bebaut werden dürfen. „Wir müssen sagen, wo wir Grünzüge vertragen und wo nicht. Wir analysieren die Flächen, schauen, warum das Regierungspräsidium etwas Bestimmtes will und was wir brauchen.“

Bürgermeister Rainer Stolz (links) schildert, wo Stockach ungünstige Grünzüge im Regionalplan drohen. Neben ihm sitzt Lars Heinzl, ...
Bürgermeister Rainer Stolz (links) schildert, wo Stockach ungünstige Grünzüge im Regionalplan drohen. Neben ihm sitzt Lars Heinzl, Leiter des Ortsbauamts. | Bild: Löffler, Ramona

Große Verwunderung über den Entwurf

Im Gemeinsamen Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Stockach stellten Stadtbaumeister Lars Heinzl und Rainer Stolz Problemstellen in Stockach vor. So sei es zum Beispiel in Raithaslach notwendig, Grünzüge zu vermeiden, um bauliche Entwicklungen zu ermöglichen. In anderen Ortsteilen sah es ähnlich aus. Der Stockacher CDU-Gemeinderat Jürgen Kragler wunderte sich sehr: „Wie kommt es zu so einem Plan?“, fragte er zum Entwurf. Stolz konnte darauf nur mit einem trockenen „Das haben wir uns auch gefragt“ antworten. Dennoch nahmen des die Anwesenden mit einer Portion Humor, als die Bemerkung „Kurort Hoppetenzell“ fiel.

In einer Stellungnahme möchte die Stadt Änderungen für die Kernstadt und acht Ortsteile anstoßen. Stolz und Heinzl betonten die Wichtigkeit von Entwicklungsmöglichkeiten und wie aufwendig Tauschverfahren bei Flächen sein könnten, falls es diese nicht gebe.

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Die Wünsche der Umland-Gemeinden

Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, erklärte, die Seegemeinde sei „nicht ganz unzufrieden“. Im Hinblick auf Änderungswünsche sprach er vor allem das Vorhaben der Gemeinde an, bestimmte Flächen zusammenzulegen.

Während Hohenfels in der Sitzung als „das Land der Glückseeligen“ bezeichnet wurde und es dort keine Wünsche gab, listete Katja Hertell, Bürgermeisterstellvertreterin in Eigeltingen, Flächen auf, zum Beispiel beim Gewerbegebiet Breite. Auch dort geht es darum, dem Gewerbe Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. An einer Stelle sei bereits ein Tauschverfahren aufgrund eines Grünzugs beantragt.

Die Eigeltinger Bürgermeisterstellvertreterin Katja Hertell schildert die Probleme für Eigeltingen beim Regionalplan.
Die Eigeltinger Bürgermeisterstellvertreterin Katja Hertell schildert die Probleme für Eigeltingen beim Regionalplan. | Bild: Löffler, Ramona

Katja Hertell sagte auch ganz deutlich, dass ein ortsansässiger Betrieb bereits auf glühenden Kohlen sitze und wegziehen werde, wenn die Gemeinde keine Fläche bieten könne. Stolz kennt dieses Problem und bedauerte, dass in solchen Fälle keine schnellen Lösungen möglich sind, denn bis zu einem Beschluss des Regionalplans werde es bis Ende 2024 dauern.

Stefan Keil stellte für Orsingen-Nenzingen direkt Karten mit Gegenentwürfen vor. Diese zeigten Flächen, welche die Gemeinde lieber als Grünzüge deklariert sehen würde, um andere Bereiche für Bauentwicklung zu haben. Als Beispiel nannte er das Gewerbegebiet „Im Grund“ in Nenzingen, um dieses erweitern zu können und eine Straßenanbindung an die Landesstraße 194 umsetzen zu können, damit der Verkehr dorthin nicht mehr durch den ganzen Ort fahren muss.

Stefan Keil, Bürgermeister von Orsingen-Nenzingen, hat einige Gegenvorschläge, um ungünstige Grünzüge in der Fortschreibung des ...
Stefan Keil, Bürgermeister von Orsingen-Nenzingen, hat einige Gegenvorschläge, um ungünstige Grünzüge in der Fortschreibung des Regionalplans zu verhindern. | Bild: Löffler, Ramona

Mühlingen drohen große Einschränkungen

Auch für Mühlingen sind die Aussichten nicht gut. „Der Grünzug hat uns voll erwischt“, sagte Bürgermeister Thorsten Scigliano. In Zoznegg wäre so keine Wohnbauentwicklung mehr möglich. Das Regierungspräsidium habe über alle Grundstücke, die sich die Gemeinde mühsam zusammengekauft habe, einen Grünzug gelegt. Dabei sei es das Ziel der Gemeinde, dass sich die Ortsteile Mühlingen und Zoznegg gleichmäßig entwickeln können. Scigliano schilderte eine Reihe weitere Problemstellen und betonte die Bedeutung, um den Bürgern Perspektiven bieten zu können.

Stolz wird neuen Plan nicht weiter begleiten

Bis spätestens zum 27. Oktober ist eine Stellungnahme zur Anhörungsentwurf des Regionalplans notwendig. Die Stellungnahme gibt jede Verwaltung für sich ab oder hat es bereits getan. Wie die Antworten ausfallen, wird Rainer Stolz als Bürgermeister und Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft nicht mehr mitbekommen. „Wenn alles zurückkommt, bin ich nicht mehr da“, sagte er im Hinblick auf seinen Ruhestand ab Jahresende. Dann werde seine bereits gewählte Nachfolgerin Susen Katter gemeinsam mit den Verwaltungen weitermachen.

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Aber nicht nur der Regionalplan ist maßgebend, auch der Flächennutzungsplan spielt eine Rolle. Gegenebenfalls muss dieser geändert werden. Dabei gibt es laut Rainer Stolz und Lars Heinzl zwei Möglichkeiten: Erst Flächennutzungsplan ändern und dann ein Bebauungsplanverfahren beginnen oder beides parallel anstoßen. Nacheinander koste allerdings viel mehr Zeit.