Der Brand im Gasthaus Alt Stocken am Gustav-Hammer-Platz mitten in der historischen Oberstadt liegt nun zehn Jahre zurück. Anfang Oktober 2010 gelang es der Feuerwehr Stockach mit rund 100 Einsatzkräften der Abteilungen Stadt, Espasingen, Wahlwies, Winterspüren und Zizenhausen sowie einer zusätzlichen Drehleiter aus Radolfzell, ein Übergreifen des Brandes auf die Nachbarhäuser weitgehend zu verhindern.

Vor Ort waren Hilfskräfte des Deutschen Roten Kreuzes, elf Beamte des Polizeireviers Stockach sowie sechs Mitglieder des Technischen Hilfswerks, die die Einsatzstelle ausleuchteten. Zwei Personen wurden in dieser Nacht schwer, zwei weitere leicht verletzt. Die Polizei schätzte den Sachschaden auf 500.000 Euro.

Das Alt Stocken nach dem Brand im Jahr 2010.
Das Alt Stocken nach dem Brand im Jahr 2010. | Bild: Peter Filz

Oberschoss stand in Flammen

Oliver Braunstein, der heutige Abteilungskommandant von Stockach, befand sich damals mit seinem Bruder Philipp und einem Kollegen im Alt Stocken. Rauchen war noch erlaubt, es lief laute Musik und im offenen Kamin brannte ein Feuer. Als jemand sagte, es rieche nach Rauch, hätten sie schnell gewusst, dass der Geruch von Schadensfeuer komme. „Ich habe draußen am Gustav-Hammer-Platz herumgeguckt und als ich mich Richtung Eingang drehte, sah ich eine zwei Meter hohe Stichflamme. Da stand das Obergeschoss schon im Vollbrand“, erinnert sich Oliver Braunstein.

Brand des Alt Stocken in der Nacht auf den 2. Oktober 2010.
Brand des Alt Stocken in der Nacht auf den 2. Oktober 2010. | Bild: Feuerwehr Stockach

Mit seinen Begleitern habe er alle Personen aus dem Lokal gebracht und sei dann die Treppe zur oberen Wohnung hochgestiegen, um zu klären, ob dort jemand sei. „Der Rauch war schon so dicht, dass ich die oberen Stufen nicht mehr sehen konnte“, beschreibt er. Viele Leute hätten draußen gestanden. „Alle hatten ihr Handy gezückt, aber niemand hatte den Notruf gewählt.“

Das könnte Sie auch interessieren

Die Feuerwehr reagiert schnell

Sein Kollege alarmierte die Feuerwehr, die Brüder eilten zur Wache. Er sei dann mit den ersten Einsatzkräften im neuen Löschfahrzeug wiedergekommen und mit Patrick Bach zusammen reingegangen. „Oben war so eine Hitze, dass ein Schallplattenstapel auf Fußballgröße verschmolzen war.“ Neben dem Rauch machte ihnen die massiven Flammen zu schaffen. „Wir kamen nur anderthalb Meter in die Wohnung hinein, es war zu heiß.“ Schließlich wurde von außen das Dach geöffnet. Angst habe er damals nicht gehabt, so Braunstein. „Wir wissen, was wir können und haben auf unsere Ausbildung und das Material vertraut.“

Das könnte Sie auch interessieren

Auch bei Kommandant Uwe Hartmann ist der Abend noch sehr präsent. „Bei unserem Eintreffen stand eine Person im Obergeschoss am Fenster, der Raum dahinter war voll dichtem Qualm“, erzählt er. „Wir haben den Herrn sofort über eine tragbare Leiter in Sicherheit gebracht. Eine halbe Minute später wäre er vielleicht schon bewusstlos im Rauch gelegen und dann erst nach ein paar Minuten von unserem Rettungstrupp gefunden worden. Das hätte sehr böse enden können.“

Nach dem Abriss gab es bis zum Neubau eine Baulücke, wo das alte Alt-Stocken gestanden hatte. Die Wand-Bilder links blieben erhalten.
Nach dem Abriss gab es bis zum Neubau eine Baulücke, wo das alte Alt-Stocken gestanden hatte. Die Wand-Bilder links blieben erhalten. | Bild: SK-Archiv

Historische Bausubstanz hat keinen Brandschutz

Lange sei unklar gewesen, ob weitere Personen oder gar Kinder im Gebäude waren. „Das waren damals sehr lange und sehr bange Minuten für uns, bis wir endlich die glückliche Gewissheit hatten, dass das nicht der Fall war.“ Problematisch waren die alte Bausubstanz und der fehlende moderne bauliche Brandschutz – insbesondere fehlende Brandschutzwände zu den Nachbarn. Uwe Hartmann, der der Einsatzleiter war, erzählt: „Wir mussten diese Wohnungen ebenfalls überwachen und teilweise wegen giftiger Dämpfe vorübergehend evakuieren.“

Auch Bäcker-Haus nebenan wird stark beschädigt

Im Nebenhaus traf der Brand die Familie von Bäcker Achim Schmälzle und seiner Frau Margit ebenfalls schwer. „Ein halbes Jahr lang war unsere Wohnung unbewohnbar“, erinnert sich die dreifache Mutter. Durch das Löschwasser seien im Dachgeschoss alle Möbel kaputt gewesen und die Böden hätten erneuert werden müssen. Es habe ausgesehen wie im Rohbau.

„Im Winter wurde bei Schneefall das Dach gerichtet“, erzählt sie. Der Schaden habe 140.000 Euro betragen, doch sie seien zum Glück gut versichert gewesen. Und weil die Backstube und der Verkaufsraum unbeschadet geblieben waren, konnten sie auch weiterarbeiten. Das habe beim Verarbeiten der Situation geholfen. „Viele liebe Menschen haben uns durch diese Zeit geholfen.“

Der Abriss des gesamten Gebäudes, das direkt an zwei andere Häuser angrenzt, fand Mitte Januar 2011 statt.
Der Abriss des gesamten Gebäudes, das direkt an zwei andere Häuser angrenzt, fand Mitte Januar 2011 statt. | Bild: SK-Archiv

Die Brandursache blieb unklar

Da die Brandursache nicht abschließend geklärt werden konnte, lässt sich nicht sagen, wie man das Ganze hätte verhindern können. Einen allgemeinen Rat hat Uwe Hartmann: „Was auf jeden Fall empfehlenswert ist und dabei hilft, Brände sehr frühzeitig zu entdecken, sind Rauchmelder.“

Grundsätzlich sei es wichtig, im Brandfall wenn möglich die Zimmertür zu schließen und am Fenster auf sich aufmerksam zu machen. „Die Rettung über die große Drehleiter oder eine tragbare Leiter geht blitzschnell und der sehr gefährliche Weg durch verrauchte Räume wird vermieden. Personen, die wir sehen, können wir auch retten, alle anderen müssen wir erst suchen und finden.“

Keine Spur vom Brand mehr heute: Das Alt-Stocken wurde abgerissen und komplett neu aufgebaut.
Keine Spur vom Brand mehr heute: Das Alt-Stocken wurde abgerissen und komplett neu aufgebaut. | Bild: Claudia Ladwig

Inzwischen habe die Feuerwehr dafür moderne Wärmebildkameras, eine verbesserte Schutzausrüstung der Kräfte im Innenangriff gegen das Feuer, Belüftungsgeräte, um Rauch aus den Räumen zu befördern, und sogar Rauchschutzvorhänge, um die Rauchausbreitung in ein Treppenhaus zu verhindern.

Brandrauch ist eine große Gefahr

Uwe Hartmann weist auf die unterschätzte Gefahr des Brandrauchs hin. „Ein paar Atemzüge können zur Bewusstlosigkeit führen und dann geht es ganz schnell, bis niemand mehr helfen kann.“ Zahlreiche Spielfilme zeigten leider immer wieder, wie der Held hustend durch brennende und verrauchte Räume läuft und Menschen mit den bloßen Händen ins Freie trägt. „Das funktioniert in der Realität nicht. Jeder, der mal am Lagerfeuer oder beim Grillen ein wenig Rauch in Augen und Lunge bekommen hat, wird das bestätigen können“, so Hartmann.

Das könnte Sie auch interessieren