Schon wieder ein Unfall? Wo Autofahrer sich wundern und vielleicht auch einen Unfallschwerpunkt vermuten, gibt es offiziell laut der Polizeistatistik vielleicht gar keinen. Denn die Polizei hat ganz bestimmte Kriterien, die Unfallhäufungsstellen oder Unfallhäufungslinien festlegen. So lauten die Fachbegriffe. Das richtet sich das der Art und wie schwer jemand verletzt worden ist (siehe Kasten).
Zahlen in Corona-Krise niedriger
„Die Anzahl an Unfallhäufungsstellen für den Bereich Stockach sind traditionell eher gering“, teilte die zuständige Abteilung im Polizeipräsidium Konstanz auf SÜDKURIER-Anfrage mit. Der Führungs- und Einsatzstab gibt im direkten Vergleich für den Zeitraum März/April 2019 und März/April 2020 an, dass 2019 in dieser Zeitspanne 46 Unfälle im Stadtgebiet Stockach geschehen sind, während es in derselben Zeit in diesem Jahr 26 Unfälle waren. In der gesamten Verwaltungsgemeinschaft waren es 79 Unfälle im Zeitraum März/April 2019 – dieses Jahr 51, wobei hier die Hochphase der Corona-Krise herrschte.
Für das gesamte Jahr 2019 hat die Polizei in ihrer Unfallstatistik auf der Gemarkung der Stadt Stockach 244 Unfälle verzeichnet. Bei 12 davon gab es Schwerverletzte und bei 54 Kollisionen gab es Leichtverletzte. Im Gegensatz zu den Vorjahren ist 2019 aber niemand gestorben. Zehn der 244 Unfälle waren auf der Autobahn 98, drei auf der B31-neu im Bereich Stockach.
Vier Stellen mit vielen Unfällen
In der Ein-Jahres-Betrachtung für das vergangene Jahr gibt es keine Häufungsstellen. In der Drei-Jahres-Betrachtung dagegen sieht die Polizei vier Bereiche, in denen es besonders oft Zusammenstöße gegeben hat. An der Einmündung Radolfzeller Straße/Industriestraße sind innerhalb von drei Jahren neun Unfälle geschehen. Bei fünf davon gab es Verletzte. Im gleichen Zeitraum sind an der Einmündung Dillstraße/Talstraße beim Supermarkt sieben Unfälle passiert. Auch hier gab es bei fünf der Unfälle Verletzte.
Außerorts geschieht an der Bundesstraße 313 im Bereich der Autobahnanschlussstelle Stockach-West sehr viel. Die Polizei hat dort in den vergangenen drei Jahren 17 Unfälle verzeichnet, davon 12 mit Verletzten. Außerdem haben sich Kollisionen auf der Kreisstraße 6145 zwischen Ursaul und Deutwang gehäuft: Dort waren sieben Unfälle in drei Jahren, davon fünf mit Verletzten.
L194 ist ein kritischer Bereich
Und die L 194 zwischen Freibad und Winterspüren ist nicht dabei? Auf der Strecke dort sind in früheren Jahren tödliche Unfälle geschehen. Was dort passiert, reicht in der aktuellen Betrachtung aber nicht für die offizielle Klassifikation. Wolfgang Widmann, Leiter des Stockacher Polizeireviers sagt: „Die L 194 ist ein kritischer Bereich, den wir im Auge haben.“ Dort gibt es präventive Kontrollen und die Polizei stelle oft Verstöße gegen das Tempolimit oder Überholverbot fest. „Es gibt ein erhöhtes Verkehrsaufkommen mit Schwerlastverkehr“, sagt er. Da gebe es dann Probleme, wenn andere es eilig hätten.
Manchmal ergäben sich auch durch Baustellen neue Punkte, an denen Unfälle geschehen, so Widmann. In Hinsicht auf die Sanierung der B 313 im Bereich zwischen Zizenhausen und Mühlingen sei ihm aber bisher nur ein einziger Vorfall bekannt. Der Fahrer eines Lastwagens sei bis an die Vollsperrung gefahren und habe beim Wenden einen Unfall verursacht.
Die häufigsten Unfallursachen
Die Polizei verzeichnet in ihrer Statistik auch die Hauptursachen von Unfällen. In einer Auswertung von Januar 2019 bis April 2020 steht die Missachtung der Vorfahrt an oberster Stelle (16 Prozent). 57 Unfälle hatten diesen Grund. Zu geringer Sicherheitsabstand folgt mit 54 Unfällen.
Fehler beim Wenden oder Rückwärtsfahren lösten 52 Unfälle aus. 31 Unfälle geschahen wegen zu hoher Geschwindigkeit und 25 wegen Verstößen gegen das Rechtsfahrgebot. Weitere Ursachen sind Fehler beim Abbiegen, Fahren unter Alkoholeinfluss oder zum Beispiel auch Überholen trotz unklarer Verkehrslage.
Definitionen
- Unfallschwerpunkte: Nach den Kriterien der Polizei gibt es drei verschiedene Arten, wie ein Straßenabschnitt offiziell zu einer Unfallhäufungsstelle werden kann. Erstens: Innerhalb eines Jahres geschehen Stelle vier Unfälle gleichen Typs. Zweitens: Innerhalb von drei Jahren passieren fünf Verkehrsunfälle gleichen Typs mit Verletzten. Drittens: Innerhalb von drei Jahren geschehen drei Unfälle gleichen Typs mit Schwerverletzten. So kann es sein, dass in einem Bereich zwar viel passiert, aber aufgrund dieser Kriterien nicht als offizieller Schwerpunkt gilt.
- Verletzungen: Nach den Kriterien, die die Polizei anlegt, sind Schwerverletzte die Personen, die stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Kann der Patient das Krankenhaus ohne Übernachtung verlassen, zählt er als leicht verletzt. (sk)