Er war in eine 16-Jährige verliebt. Als diese ihm einen Korb gab, setzte er einen perfiden Plan um: Der zur Tatzeit 19 Jahre alte Mann spielte der jungen Frau unter falschen Identitäten auf sozialen Netzwerken vor, sie könne Model werden. Er überredete sie, Nacktbilder von sich zu schicken und Videos, auf denen sie mit selbstbefriedigenden Handlungen zu sehen war.
Später setzte der junge Mann Drohungen ein, um die Frau zu immer weiteren pornografischen Aufnahmen zu zwingen. Zuletzt sollte sie sich mit einem Mann unter dem Pseudonym Long Wolf, in Wirklichkeit der Angeklagte selbst, beim Sex filmen lassen. Bevor es dazu kam, vertraute sich die junge Frau ihrer Mutter an. Die Sache flog auf. All dies wurde dem 21-Jährigen nun bei einem Prozess vor dem Landgericht Konstanz zur Last gelegt. Er zeigte sich voll geständig und wurde zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.
Der Mann war ansonsten nicht straffällig geworden
Der heute 21-Jährige aus dem Raum Stockach muss sich zudem einer zwölfmonatigen ambulanten Therapie unterziehen und 1200 Euro Schadenersatz an sein Opfer zahlen. Stark strafmindernd schlug zu Buche, dass der Angeklagte durch sein Geständnis der jungen Frau eine Aussage vor Gericht erspart hat. Zudem stehen die Prognosen gut, dass der Mann sein Leben in den Griff bekommt. Er macht eine Fachausbildung, besucht in Konstanz eine Berufsschule, gilt als intelligent und spricht, obwohl er erst vor vier Jahren aus Asien nach Deutschland gekommen war, sehr gut Deutsch. Weder vor noch nach dieser Tat war er je straffällig geworden.
Weiche Gesichtszüge, sorgfältig gekleidet, jedes Haar getrimmt: Wer den Angeklagten sieht, kann kaum glauben, zu welchen Handlungen er die damals 16-Jährige getrieben hatte. Detailliert wies dieser die junge Frau an, welche pornografischen Handlungen sie wie viele Minuten lang zu machen habe. Er forderte laut Anklage der Staatsanwaltschaft ein Flut von 200 Bildern und Filmen. Als sie aussteigen wollte, drohte er der Jugendlichen unter Pseudonym, „man“ habe schon 20 000 Euro in sie investiert; diese müsse sie zurückzahlen, wenn sie jetzt nicht weitermache. Auch die Veröffentlichung der Bilder und Filme habe er ihr angedroht. Als seine Vorhaben aufgeflogen waren, hatte er die gesammelten Aufnahmen auf einem Datenträger der Mutter der Geschädigten übergeben. Deshalb gibt es über den Umfang des Materials keinen Zweifel.
Für die Geschädigte sagte deren Mutter vor Gericht aus. Ihre Tochter sei „gottfroh“, dass sie das Geschehene nicht schildern müsse. Diese befinde sich auch eineinhalb Jahre nach den Vorfällen weiter in Therapie und lebe sehr zurückgezogen. „Sie schämt sich. Sie meint, sie sei schuld“, sagte die Mutter. Es sei gut, wenn das Gericht jetzt deutlich mache, dass die Schuld auf der anderen Seite liege. Noch heute sei es für die Tochter fürchterlich, wenn sie ihrem Peiniger zufällig im Bus begegne.
Eine pornografische Fantasiewelt
Ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe ging vor Gericht davon aus, dass der Angeklagte in einer „pornografischen Fantasiewelt“ des Internets gelebt und sich dort seine Anregungen geholt habe. Auf nennenswerte eigene sexuelle Erfahrungen habe er wohl nicht zurückgreifen können. Der junge Mann habe der Gerichtshilfe berichtet, wie er aus familiären Gründen nach Deutschland gekommen sei und wichtige Kontaktpersonen zurücklassen musste. Als dann eine für ihn sehr wichtige Tante geheiratet habe, sei für ihn eine Welt zusammengebrochen.
Der Angeklagte habe in einem emotionalen Ausnahmezustand gelebt, depressive Phasen durchgemacht und nach der Tat zeitweise übermäßig zu Alkohol gegriffen. Bis heute, so sagte der Angeklagte selbst vor Gericht, konsumiere er gelegentlich Cannabis. Trotz aller Schwierigkeiten sei der Mann in Deutschland schnell integriert gewesen, hieß es im Bericht der Jugendgerichtshilfe. Diese sprach sich dafür aus, beim Täter das Jugendstrafrecht anzuwenden. Sühne müsse sein, aber auch Therapie.
Obwohl der Angeklagte nie körperlichen Kontakt mit der jungen Frau hatte, wurde er dennoch unter anderem wegen vollendeter Vergewaltigung verurteilt. Diese liegt auch vor, wenn jemand gegen den Willen des Opfers besonders erniedrigende sexuelle Handlungen vornehmen lässt, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind. „Ihnen muss man schon deutlich machen, dass es eine schlimme Sache ist“, stellte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil bei der Verkündung des Urteils fest. Weiter wurde der 21-Jährige wegen versuchter Vergewaltigung sowie Erwerb und Verbreitung pornografischer Schriften verurteilt.
Angeklagter nimmt Urteil noch im Gerichtssaal an
Die Strafkammer ging auf das von der Staatsanwältin geforderte Strafmaß ein. Die schweren Folgen für die Geschädigte und das erhebliche Maß an krimineller Energie würden gegen den Angeklagten sprechen, sagte Richter Dospil. Andererseits habe sich der Angeklagte einsichtig gezeigt. Vieles deute darauf hin, dass es bei der einmaligen Tat bleibe. „Bei der Schwere der Schuld kommt man an einer Jugendstrafe nicht vorbei“, zu diesem Schluss war selbst der Verteidiger gekommen. Der Angeklagte nahm noch im Gerichtsaal das Urteil an und erklärte den Verzicht auf Rechtsmittel.