Für die Landwirte hat die Streichung des Agrar-Diesels das Fass zum Überlaufen gebracht. Proteste von Berlin bis Beuren waren die Folge. Auch viele Gastronomen stehen durch die Rückkehr des Mehrwertsteuersatzes zm Jahresbeginn auf die Höhe der Vor-Corona-Zeiten mit dem Rücken zur Wand. 19 statt 7 Prozent, da sei das Wirtschaften oft unwirtschaftlich. Jetzt suchen Bauern und Gastwirte aus der Region den Schulterschluss: Noch nie seien die Türen zu Amtsträgern für Gespräche so offen wie derzeit gewesen, sind sie sich einig nach einem gemeinsamen Treffen von Land- und Gastwirten.

Ihnen ist die Zusammenarbeit ein großes Anliegen (von links): Andreas Deyer vom BLHV Stockach, Rosenegg-Wirtin Corina Weiermann, Stefan ...
Ihnen ist die Zusammenarbeit ein großes Anliegen (von links): Andreas Deyer vom BLHV Stockach, Rosenegg-Wirtin Corina Weiermann, Stefan Leichenauer vom BLHV Konstanz mit den Dehoga-Vertretern Manfred Hölzl und Ines Kleiner. | Bild: Elisabeth Stauder

Dass künftig gemeinsames Handeln zur stärkeren Vermarktung der Region erforderlich sei, betonte der Stockacher BLHV-Kreisvorsitzende Andreas Deyer beim Treffen im Gasthaus Waldfrieden in Tengen: „Wir haben zwei Baustellen – es gibt weniger Landwirte und weniger Gastwirte. Wenn die Landwirtschaft stirbt, dann stirbt die Landschaft. Wenn die Gasthäuser sterben, dann die Kulturlandschaft.“ Deshalb gehe es darum, künftig enger zusammenzuarbeiten, um sich gemeinsam für bessere Rahmenbedingungen einsetzen. Dies begrüßte auch Corina Weiermann vom Berggasthof Rosenegg. Sie habe das bereits praktiziert, als sie beim Bauernprotest in Mühlhausen-Ehingen bei der Verpflegung der Teilnehmer mithalf.

Agrardiesel ist nur die Spitze des Eisberges

Stefan Leichenauer, Vorsitzender des Kreisverbands Konstanz im Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV), betonte zur Begrüßung, dass es um die Zukunft von Land- und Gastwirten gehe. Der Agrardiesel habe bei den Landwirten nur das Fass zum Überlaufen gebracht, die Gastwirte hätten die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer schlucken müssen. „Landwirt und Gastwirt wird man aus dem Herzen und beides verbindet eine Tradition. In vielen Dörfern gibt es mittlerweile keine Gaststätten und damit auch keinen Stammtisch mehr“, so Leichenauer. Jetzt gehe es darum, Politik und Menschen bewusst zu machen, welche Kultur hinter einem Landwirt und einem Gastwirt stehe.

An vielen Orten im Hegau wurden Protestfeuer entfacht.
An vielen Orten im Hegau wurden Protestfeuer entfacht. | Bild: Doris Eichkorn

Wie wichtig die Vernetzung ist, betonte neben Landwirt Deyer auch Dehoga-Vize Manfred Hölzl. Der frühere Pächter des Konzils in Konstanz verwies auf die erfolgreiche Arbeit des Vereins Gutes vom See und den Einsatz des kürzlich verstorbenen Gründungsmitgliedes Michael Baldenhofer. „Aus der Region ist für die Region“, merkte Hölzl an. „Der Gast weiß die regionale Küche zu schätzen und erlebt damit auch die Schönheit der Landschaft.“ Und Heidi Müller, Vorstandsmitglied bei „Gutes vom See“, unterstrich den Ansatz: „Von der Vielfalt her ist die Region das Paradies in Baden-Württemberg und dies gilt es zu nutzen.“

Die Schwierigkeiten, mit denen Land- und Gastwirte zu kämpfen haben, wurden in den Redebeiträgen der Teilnehmer deutlich. Bürokratie, Arbeitskräftemangel und die Probleme bei der Unternehmens-Übergabe waren zentralen Themen. Jürgen Veeser vom Gasthof Adler in Wahlwies formuliert es so: „Die Politik lässt uns nicht leben. Wir brauchen keine Subventionen, wir brauchen Rahmenbedingungen zum Leben.“ Dabei gehe es auch darum, dass der Mehraufwand durch die Verwendung von Frischprodukten ausgeglichen werden müsse. Hier könne der Staat Gastronomen entgegenkommen.

In vielen Dörfern gibt es mittlerweile keine Gaststätten und damit auch keinen Stammtisch mehr,“ warnt der BLHV-Kreisvorsitzende ...
In vielen Dörfern gibt es mittlerweile keine Gaststätten und damit auch keinen Stammtisch mehr,“ warnt der BLHV-Kreisvorsitzende Stefan Leichenauer. | Bild: Uli Zeller

Dass das Gaststättensterben längst nicht am Ende ist, befürchten die Wirte. „Ich weiß nicht, wie es mit meinem Betrieb weitergeht, wenn ich altershalber aufhöre“, bekannte Egbert Tribelhorn von der Sonne in Wiechs am Randen. Andrea Lang vom Hauserhof in Engen stellte mit Blick auf die Nachfolge die Frage: „Können wir das unseren Jungen noch zumuten?“

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Am Ende des Vormittags war man sich in der Runde einig, für das weitere Vorgehen in kleiner Runde die Rahmenbedingungen zusammenzutragen, damit konkrete Forderungen gestellt werden können. Zudem müsse man der Politik und den Menschen bewusst machen, dass hinter der Kette Landwirtschaft, Händler und Gastwirtschaft Familien stehen, die produzieren, vermarkten und zubereiten. Anfangen könne man damit schon mit dem Essen in der Kindertagesstätte, wie Dehoga-Geschäftsführerin Ines Kleiner an einem Beispiel erklärte.