Weithin waren Mahnfeuer und Blinklichter der Bauern bei einer Kundgebung an der Reichenauer Gärtnersiedlung bei Hausen an der Aach zu sehen. Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) hat gemeinsam mit dem Verband landwirtschaftlicher Fachbildung (VLF) in Baden-Württemberg und dem Maschinenring im Kreis Konstanz zur Protestveranstaltung aufgerufen. Rund 400 Personen, die zum größten Teil auf ihren Traktoren trotz des ungemütlichen Nieselregens vor Ort erschienen waren, folgten dem Aufruf.

Es fiel auf, dass auch viele Jungbauern und zum Teil ganze Familien mit Kindern den Weg zum Mahnfeuer gefunden hatten, das in sicherem Abstand von mehreren hundert Metern auf freiem Feld abbrannte.

Der BLHV-Kreisvorsitzende Stefan Leichenauer begrüßte die Kundgebungsteilnehmer, von denen nach grober Schätzung mehr als 90 Prozent dem Bauernstand zuzurechnen waren. Er hob die Solidarität der Bauern untereinander hervor, die er bei den bisherigen Kundgebungen insbesondere in Berlin gespürt habe, und bedankte sich auch für die Unterstützung der Bürger für die Anliegen der Bauern.

Landwirte wollen keine „faulen Kompromisse“

Die Bauern protestierten mit Anstand, also auf rechtlich sicherem Grund in Abstimmung mit den Behörden, worin sie sich von den Klimaklebern unterschieden, wie der BLHV Kreisvorsitzende betonte: ‚Die Bauerndemos im Hegau sind friedlich!‘ Die Gemeinden im Hegau, deren Bürgermeister und sogar der Landrat stünden hinter den Anliegen der Vertreter des ländlichen Raumes.

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Stichwortartig fasste Stefan Leichenauer die Anliegen der Bauernschaft zusammen, die vom Mangel an mittelfristiger und langfristiger Planungssicherheit für die Höfe handelte, von „faulen Kompromissen“ mit der Bundesregierung, die man ablehne. Weitere Stichworte waren nachhaltige Landwirtschaft, die von den Bauern gefordert werde und unter den jetzigen Bedingungen nicht geleistet werden könne. Er sprach auch den schwierigen europäischen Wettbewerb an, die zu strengen und engen Auflagen, die den Betrieben aufgebürdet würden, und den damit einhergehenden Bürokratismus.

Tierwohl müsse plan- und bezahlbar sein

Das Tierwohl werde von den Landwirten als hohes Gut angesehen, doch dieses müsse für die Höfe auch planbar und bezahlbar sein, wofür es aus dem Publikum große Zustimmungsbezeugungen gab. All diese Einflussfaktoren gefährdeten eine zukunftsfähige und nachhaltige Landwirtschaft, wie der BLHV Kreisvorsitzende schloss.

Bernd Häusler wies darauf hin, dass die wirtschaftlichen Probleme derzeit weit über den Bauernstand hinaus ins Handwerk, Industrie und ...
Bernd Häusler wies darauf hin, dass die wirtschaftlichen Probleme derzeit weit über den Bauernstand hinaus ins Handwerk, Industrie und Handel hineinreichten: „Wir müssen aufpassen, dass die Lichter nicht ausgehen.“ Trotzdem dürfe man den Bogen der Proteste nicht überspannen, weil das den Falschen in die Hände spiele. | Bild: Lara Reinelt

Der Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler, der in der CDU seine politische Heimat hat, die Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger von den Grünen und Hans Peter Storz von der SPD lobten die Bauern unisono in ihren Ansprachen für den friedlichen Protest und dass diese sich klar von den rechten politischen Trittbrettfahren abgrenzten. Außerdem bekundeten ihre Solidarität mit den Anliegen der Bauern und bezeichneten diese als berechtigt.

Wirtschaftliche Probleme weit über Bauernstand hinaus

Bernd Häusler wies darauf hin, dass die wirtschaftlichen Probleme derzeit weit über den Bauernstand hinaus ins Handwerk, Industrie und Handel hineinreichten: Wir müssen aufpassen, dass die Lichter nicht ausgehen.“ Trotzdem dürfe man den Bogen der Proteste nicht überspannen, weil das den Falschen in die Hände spiele.

Dorothea Wehinger, als Vertreterin der Grünen, musste gegen Pfiffe und Zwischenrufe argumentieren. Sie wies darauf hin, dass Politik ...
Dorothea Wehinger, als Vertreterin der Grünen, musste gegen Pfiffe und Zwischenrufe argumentieren. Sie wies darauf hin, dass Politik alleine die Probleme nicht lösen könne. Der Lebensmittelhandel diktiere die Preise. | Bild: Cuko, Katy

Während der Singener OB für seine Ausführungen freundlichen Applaus erhielt, hatte es Dorothea Wehinger als Vertreterin der Grünen und regierenden Landes- sowie Bundespartei schwerer. Ihre Ausführungen wurden von Pfiffen und Zwischenrufen begleitet, obwohl auch sie die Unterstützung ihrer Partei für die Anliegen der Bauern beteuerte.

Sie erinnerte an den Landwirtschaftsdialog des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und wies darauf hin, dass die Politik alleine die Probleme nicht lösen könne. Der Lebensmittelhandel in Deutschland etwa, der in der Hand weniger Großkonzerne liege, diktiere die Preise.

Hans-Peter Storz kritisierte die vielen Auflagen für Bauern mahnte das Kaufverhalten der Kunden an: Neben qualitätsbewussten Konsumenten ...
Hans-Peter Storz kritisierte die vielen Auflagen für Bauern mahnte das Kaufverhalten der Kunden an: Neben qualitätsbewussten Konsumenten gebe es eben auch die „Geiz-ist-geil-Mentalität“. | Bild: Hilser, Stefan

Auch Hans-Peter Storz (SPD) sprach von viel zu vielen Auflagen für die Bauern, von der überbordenden Bürokratie, die es abzubauen gelte. Er erinnerte auch daran, dass sich das Kaufverhalten der Kunden geändert habe und es neben den qualitätsbewussten Konsumenten auch die „Geiz-ist-geil-Mentalität“ gebe. Er schloss damit, dass die Probleme nur im friedlichen Dialog miteinander gelöst werden könnten.

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In den Gesprächen danach war der Unmut der Bauern noch deutlicher zu spüren, als es im offiziellen Teil angeklungen war. Zum Schluss wurde die sogenannte „Rote Ampel“ verteilt, ein roter Kreis, der aufgeklebt werden soll. Im dazugehörigen Flugblatt wird das Ende der rot-grünen Politik gefordert, die für Deutschland schädlich sei. Denn zu viel sei zu viel, wie die Vertreter der Bauernschaft überzeugt sind.