In Herdwangen-Schönach wird immer noch ein neuer Bürgermeister gesucht. Nachdem es beim ersten Wahlgang am 5. März keinen Sieger gab, gehen die Bürger am Sonntag, 26. März, erneut zur Wahlurne. Derweil hat sich das Kandidatenfeld von fünf auf drei Bewerber reduziert: Es treten dieses Mal Dominik Mattes, Alexandra Kipp und Felix Tiggeler an. Ulrich Werner und Andreas Schuster haben das Handtuch geworfen. Die meisten Stimmen im ersten Wahlgang hatte Dominik Mattes abgeräumt.

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Während des Wahlkampfes hatten sich einige Themen als besonders wichtig für Herdwangen-Schönach herauskristallisiert: Sie wurden entweder von den Kandidaten selbst vielfach angesprochen oder von Bürgern bei den Wahlveranstaltungen und der Podiumsdiskussion aufgebracht. Wohnraum, Energie und das Seniorenkonzept sind drei dieser Kernthemen, die in der Gemeinde viele Menschen bewegen. Deshalb hat der SÜDKURIER bei den drei Kandidaten zu diesen Punkten noch einmal konkret nachgefragt. Außerdem wollten wir von Dominik Mattes, Felix Tiggeler und Alexandra Kipp erfahren, mit welchen Schwerpunkten sie in ihrem neuen Amt in den ersten 100 Tagen durchstarten wollen, falls sie gewählt werden.

Die vier Fragen an die Kandidaten

DER SÜDKRIER stellte den drei Kandidaten folgende vier Fragen:

  1. Dass Bauplätze ein seltenes Gut sind, beschäftigt viele Bürger. Wie wollen Sie mehr Fläche für die Baulandentwicklung gewinnen?
  2. Die Entwicklung von Herdwangen-Schönach zu einer energieautarken Gemeinde war ein Wahlkampfthema. Streben Sie dieses Ziel an und wenn ja, wie wollen sie es erreichen?
  3. Schon fortgeschritten ist die Verwirklichung der neuen Seniorenwohnanlage. Welche eigenen Ideen möchten Sie noch einbringen? Wie werden Sie sich einbringen?
  4. Wenn Sie am 26. März die Stichwahl gewinnen, wie starten Sie in das neue Amt? Welche Ziele haben Sie sich für die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit gesetzt; welche Prioritäten gibt es?

Dominik Mattes antwortet:

Kandidat Dominik Mattes.
Kandidat Dominik Mattes. | Bild: Dominik Mattes
  • zu 1. Eine weitere Baulandentwicklung muss stets bedarfsorientiert und mit Augenmaß betrieben werden. Zunächst gilt es, bereits geplante Baugebiete zügig umzusetzen. Baulandentwicklung sollte nicht nur auf freien Flächen an Ortsrändern erfolgen, sondern muss auch Baulücken und Leerstände innerhalb der Ortschaften betrachten. Dabei muss auch auf bezahlbares Wohnen, insbesondere für junge Familien, geachtet werden. Mit einer Ortsentwicklungsplanung kann die Gemeinde das Thema „Bauen und Wohnen“ für die nächsten Jahre entscheidend voranbringen. Hier können auch Zuschüsse für die Ortsentwicklung im Rahmen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum beantragt werden.
  • zu 2. Die Entwicklung zur klimafreundlichen und klimaneutralen Gemeinde ist eines meiner Ziele. Als Bürgermeister würde ich prüfen, wo es möglich ist, Fotovoltaikanlagen aufzustellen. Ich denke an die kommunalen Gebäude, Rekultivierungsflächen, wie die Tongrube, landwirtschaftliche Brachflächen oder für die landwirtschaftliche Nutzung weniger geeignete Flächen. Agri-Fotovoltaik-Anlagen können ebenfalls einen Beitrag leisten. Das Nahwärmekonzept für Bestandsgebäude gilt es zu erweitern. Auch Biogasanlagen von Landwirten mit dem Nebenprodukt Wärme können wertvolle Beiträge leisten. In neuen Baugebieten könnte Nahwärme als Energieversorgung dienen. Weitere Energieeinsparungen tragen auch zur Unabhängigkeit bei. Ich werde mich mit dem Gemeinderat und der Bürgerschaft für ein gemeindliches Energie- und Klimakonzept einsetzen. Dabei kann beispielsweise auch die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Beleuchtung fortgeführt werden.
  • zu 3. Ein Seniorenkonzept wird nicht finalisiert, es muss von den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde gelebt werden. Deshalb geht die Arbeit erst richtig los, wenn die Anlage gebaut ist. Dabei könnte ein Beirat das Konzept begleiten und unterstützen. Als Bürgermeister würde ich mich dafür einsetzen, dass die wichtige Arbeit von Miteinander-Füreinander weiterhin gut begleitet und unterstützt wird. Ebenfalls würde ich die offene Seniorenarbeit, zusammen mit den bereits bestehenden Gruppen stärken. Die Einbeziehung der älteren Generation in das gesellschaftliche Miteinander ist mir ein wichtiges Herzensanliegen.
  • zu 4. Nach den Wahlen wird es mir in erster Linie darum gehen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Gemeinde zu stärken. Ebenfalls würde ich mich mit Hochdruck in die Themen einarbeiten, die mir noch nicht so geläufig sind. Sehr wichtig ist die schnelle Verabschiedung des Haushaltsplanes 2023. Ich würde eine Klausurtagung mit dem Gemeinderat durchführen, einen Bürgerdialog und ein Jugendforum anstoßen, um gemeinsame Ziele zu entwickeln. Während des Wahlkampfes habe ich wertvolle Hinweise und Ideen von Bürgerinnen und Bürgern bekommen. Ich werde prüfen, was davon kurzfristig in Angriff genommen werden kann. Und: Vor allem das fortführen und umsetzen, was bereits im Gange ist.

Alexandra Kipp antwortet:

Kandidatin Alexandra Kipp.
Kandidatin Alexandra Kipp. | Bild: Kirsten Johanson
  • zu 1. Es sind Baugebiete in Planung, die aus verschiedenen Gründen noch nicht erschlossen sind. Hier müssen wir gemeinsam dranbleiben und schnellstmöglich alles versuchen und zum Beispiel Familien, die in Herdwangen-Schönach bauen wollen, eine Perspektive anbieten. Für das Erschließen zusätzlicher neuer Baugebiete, die im Flächennutzungsplan bereits vorgesehen sind, wird wieder Zeit benötigen. Deshalb sollten wir auch hier schnell aktiv werden. Parallel dazu könnten Baulücken innerorts sowie leer stehende Immobilien eventuell mit staatlicher Unterstützung und vielleicht auch mit Unterstützung seitens der Gemeinde gekauft und saniert oder erneuert werden. Hier sehe ich den großen Vorteil, dass nichts neu versiegelt werden muss. Potenzial besteht auch in den Weilern. Verstärkt auftretende Starkregenereignisse können dort besser kontrolliert werden als in Wohnsiedlungen. Unbedingt diskutiert werden sollte auch das Thema „Erbpacht“ oder das Thema „Tiny Houses“.
  • zu 2. Es wurde in der Vergangenheit bereits viel gemacht. Dennoch gibt es ungenutzte Potenziale. Da sich in der Zwischenzeit der Blick auf die Energieversorgung geändert hat, möchte ich unbedingt alte Ideen noch einmal prüfen. Die Versorgungssicherheit darf meiner Meinung nach nicht an (etwas) höheren Kosten scheitern. Insbesondere dann nicht, wenn genug Geld da ist und die Initiative aus der Bevölkerung kommt. Grundvoraussetzung für Energieautarkie ist, dass die Bürger mitmachen, wenn ein Angebot da ist. Ich würde zudem immer auch neue Entwicklungen in Erwägung ziehen und einsetzen wollen.
  • zu 3. Die Planungsphase ist vorbei. Wir befinden uns in der Umsetzungsphase. Ich sehe meine Unterstützung darin, einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Kreative Ideen sind dann für die Begegnungsstätte gefragt. Auf diese Aufgabe freue ich mich besonders. Hier gilt es, einen Rahmen zu schaffen, der es den Bewohnern ermöglicht, ein neues Zuhause zu haben, Besucher willkommen heißt und zusätzlich eine Bereicherung für andere „Begegnende“ bietet. Zum Beispiel Kinder, die dort lernen können. Am Ende wird es eine Win-Win-Situation für alle. Außerdem möchte ich den Verein „Miteinander-Füreinander“ unterstützen.
  • zu 4. Ich möchte mittels Bürgertreffen und Sprechstunden noch mehr Kontakt zu den Bürgern und deren Belange herstellen. Außerdem gilt es, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde die laufenden Projekte voranzubringen. Nebenbei möchte ich mir schnellstmöglich das erforderliche Wissen im Bereich Verwaltung aneignen. Eine konkrete neue Idee wäre zum Beispiel ein Abendmarkt, der nicht nur der Versorgung dienen könnte, sondern auch zum Austausch einladen würde. Neben regionalen Erzeugern könnten sich die Schulen, und Kindergärten und natürlich die Vereine einbringen. Ich könnte mir ein Konzept vorstellen, bei dem sowohl der Veranstaltungsort als auch die Akteure variabel sind. Schön wäre es, wenn es uns gelingen würde, auch Menschen von außerhalb der Gemeindegrenzen anzulocken.

Felix Tiggelers antwortet:

Kandidat Felix Tiggeler.
Kandidat Felix Tiggeler. | Bild: Johanson, Kirsten
  • zu 1. Der Wunsch nach Bauplätzen, oft von ortsansässigen Familien für die nächste Generation, wurde mir mehrfach in meinen hunderten Gesprächen entgegengetragen. Dem steht die fortschreitende Flächenversiegelung gegenüber. Die Gemeinde hat derzeit zwei Baugebiete mit etwa 50 Grundstücken, die bereits überplant, aber noch nicht erschlossen sind. In den Ortskernen gibt es darüber hinaus Leerstand und Baulücken. Die Gemeinde kann hier zwar keinen Zwang ausüben, aber Anreize schaffen, diese Flächen zu nutzen. Auch Möglichkeiten zur Nachverdichtung müssen geprüft werden. Hier sehe ich noch Potenzial. Es muss immer die gesamte Infrastruktur berücksichtigt werden, zum Beispiel brauchen junge Familien auch Kindergarten- und Schulplätze.
  • zu 2. Die autarke und CO2-neutrale Energieerzeugung unter Beteiligung der Bürger (“Bürgergenossenschaft“) ist mein erklärtes Ziel. Für die zukunftsorientierte Entwicklung der Gemeinde ist dies elementar wichtig. Ich habe dieses Thema als Erster in den Wahlkampf eingebracht. Ich freue mich, dass es danach von den anderen Kandidaten aufgegriffen wurde. Wir benötigen einen dezentralen Mix aller regenerativen Energiequellen, eine Nahwärmeversorgung und innovative Speichertechniken. Über 100 Gemeinden in Deutschland zwischen 1000 und 5000 Einwohnern haben dies bereits geschafft. Neben meiner beruflichen Erfahrung aus der PV-Branche verfüge ich, auch dank meiner Schulzeit in Salem, über ein großes Netzwerk in diesem Bereich – zum Beispiel ein Träger des Bundesumweltpreises oder ein Professor für Energietechnik.
  • zu 3. Durch die vielfältigen Rückmeldungen der Menschen ist mir bewusst geworden, dass das Konzept der Seniorenwohnanlage noch nicht wirklich zu Ende gedacht ist. Das Ehrenamt ist eine unverzichtbare Säule der Gemeinde. Aber hierauf kann man kein Betreuungskonzept planen, das überfordert die Beteiligten. Daher habe ich Kontakt zu einem starken Partner aus der kirchlichen Wohlfahrtspflege aufgenommen. Meine Anfrage, ob nicht eine Außenstelle in Herdwangen denkbar wäre als Basis für die Betreuung in der Seniorenwohnanlage, stieß sofort auf große Zustimmung. Gleichzeitig hätten wir ein größeres Angebot an wohnortnahen ambulanten Leistungen in der Gemeinde.
  • zu 4. Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern steht im Mittelpunkt meines Verständnisses vom Amt des Bürgermeisters. Daher werde ich schnellstmöglich die von mir angekündigten regelmäßigen Gesprächsangebote in allen Teilorten und Weilern schaffen. Ebenso möchte ich einen Informations- und Gesprächsprozess beginnen, um mit der Bevölkerung die Bürgerenergiegenossenschaft zu starten. Weiter muss ich mir schnell einen Überblick über Zustand und anstehende Aufgaben im Bereich der Infrastruktur verschaffen, also zum Beispiel Leitungsnetze, Gebäude und technische Ausstattung. Auch möchte ich mit unseren Nachbargemeinden und Verwaltungseinheiten Kontakt aufnehmen, um Kooperationsmöglichkeiten auszuloten.