Karl Mägerle

Aber nicht nur das Leben – auch das Ortsbild veränderte sich in dieser Zeit sehr. Dies zeigte der Film am Beispiel Vilsingen: 1955 war der Ort noch ein Bauerndorf mit 73 Milcherzeugern. Im Jahr 1979 waren es nur noch zwölf Milcherzeuger und das Milchhäuschen wurde geschlossen. Daraus entstand in der Folge ein schmuckes Wohnhaus. Wurde einst der ganze Bedarf des Dorfs vor Ort abgedeckt, ist das örtliche Angebot heute bis auf noch wenige heimische Betriebe geschrumpft, wie Günther Lutz erläuterte, der das örtliche Raumausstattungs-Unternehmen in dritter Generation führt und sich auf die Arbeit des Polsterers spezialisiert hat. Vom Hausmetzger Alois Müller aus Langenhart, der besonders im Herbst gefragt war, bis zum Kaufladen Boos, der nach einigen Modernisierungen 2007 schloss, reichte die Aufzählung. In Erinnerung blieb auch Marie Hafner mit ihren kleinen Laden, wo die Schüler in früheren Jahren in der Pause ihren Sauerkrautwecken holten.

Es gab viel zu lachen und immer wieder kam das Gespräch auf die gute alte Zeit, wenn sie auch hart und bescheiden war, wie man von den vielen Besuchern hören konnte. Der Film zeigte auch, wie Post und Bank dem Dorf ade sagten und erinnerte an Pferde-, Ochsen- und Kuhgespanne im Dorf; an Heuwagen, die per Muskelkraft beladen wurden und an die Arbeit auf den Kartoffelfeldern, die mit der Hand ausgeführt wurde.

Architekt Fidelis Dreher erinnerte an die frühere Bauweise, die über Jahrhunderte hinweg in ihrer einfachen Art zum Ausdruck brachte, wie die Menschen im Dorf lebten. Das damalige Nutzungskonzept, das für ein Haus galt, beinhaltete so mehrere Funktionen: Das Haus war Wohnung für die Menschen, Stallung für die Tiere und Scheune zur Lagerung von Futtervorräten. Es galt, einfach alles unter einem Dach zu haben, erinnerte Dreher.

Aber auch sonst war das Leben im Dorf früher einfach anders. Und das zeigten die Filmaufnahmen immer wieder eindrücklich: Ob am Stammtisch im Fuchsen, der 1991 geschlossen wurde, oder bei den weltlichen Feiern im Löwen, der später abgebrochen wurde; bei der Milchanlieferung mit dem Molkewägele oder bei Arbeit vom Frühjahr bis zum Herbst, die sich in der Hauptsache auf den Feldern abspielte. Der Film erinnerte auch an die kirchlichen und weltlichen Feste. Schüler, Kindergartenkinder und das Vereinsgeschehen kamen vor. So manches Haus, Scheune oder Schopf war zu sehen, an dessen Stelle heute ein neues Wohnhaus mit schmuckem Vorgarten steht. Auch die teils winkligen Gassen im früheren Dorf wurden gezeigt.

"Der Strukturwandel brachte viel neues, was in baulicher Hinsicht das Neubaugebiet um Vilsingen betrifft", gab Fidelis Dreher bei den Aufnahmen zu verstehen. "Wir sind nicht mehr das Bauerndorf von früher", setzte Bürgermeister Bernd Gombold hinzu. Heute, fuhrt das Gemeindeoberhaupt fort, gebe es vor Ort viele Einrichtungen, die das Dorf auch für junge Familie lebenswert machten. Die Einwohner dürften stolz auf die geschaffene Infrastruktur sein. Kreisarchivar Weber hob lobend den Verdienst der Filmliga Vilsingen mit ihrem Vorsitzenden Walter Grom hervor. "Ihr seid ein Schatz für den Landkreis Sigmaringen", betonte er. Dies, zumal der Kulturschwerpunkt 2016 im Landkreis "Regionales Bauen" zum Thema habe.