Der Wunsch, in der vertrauten Umgebung alt zu werden und auch hier zu sterben, ist beim Durchschnitt der befragten Bundesbürger wie auch in Engelswies, Vilsingen und Inzigkofen vorherrschend. Das wurde am Mittwoch bei der Abschlussveranstaltung der insgesamt neun Bürgertische deutlich. Noch vor der Sommerpause soll eine anonyme Umfrage organisiert werden. Deren Ergebnisse wird zunächst der Gemeinderat im Herbst im Rahmen einer Klausursitzung diskutieren. Danach ist eine Bürgerversammlung geplant. Darauf wird die Ratsversammlung in öffentlicher Sitzung, so kündigte es Bürgermeister Bernd Gombold bei dem Treffen an, einen Umsetzungsbeschluss fassen.
Während der neun Bürgertischveranstaltungen wurde durchgängig klar, dass die Fragen des Alters und des Altwerdens im dörflichen Rahmen keine pauschalen Antworten ermöglichen. Darauf wies Moderator Peter Beck von der Vinzens-und-Paul-Stiftung in seinem Rückblick auf die bisherigen Veranstaltungen zu diesem Thema hin. Er belegte diese Aussage mit einem deutlichen Zahlenbeispiel. Nur etwa zehn Prozent der Senioren werden in ihrer letzten Lebensphase zu Pflegefällen. Davon wiederum werden die meisten zuhause von Angehörigen betreut. Der Blick auf die große Mehrheit der fitten Senioren ist aus Sicht des Moderators genauso wichtig. Diese Erkenntnis könnte unter dem Strich bei allen Bürgertischveranstaltungen zwischen Flensburg und Konstanz stehen. Die Frage, die der Bürgertischarbeit zugrunde lag, war, wie dieser pauschale Satz auf den örtlichen Bereich angewendet werden kann. Beck sprach von einem "Netzwerk von aufeinander abgestimmten Hilfs- und Unterstützungsangeboten", das erst die Voraussetzung schaffe, um ein altersgerechtes Leben in den dörflichen Strukturen zu ermöglichen.
Welche Strukturen damit gemeint sind, war auch ein Thema bei den Bürgertischen. Mobilität durch einen guten Nahverkehr oder Einkaufsmöglichkeiten, Arzt oder Apotheke vor Ort waren einige der genannten Punkte.
Ein weiterer Themenschwerpunkt waren "alternative Wohnformen" für Senioren. Eines der Stichworte aus den Bürgertischabenden war "Wohngemeinschaften" (WG). Wie solche Wohngemeinschaften aussehen und funktionieren, stellte Barbara Steiner aus Reutlingen vor. Die Hochschullehrerin für Soziales Arbeiten stellte unter anderem eine WG aus Reutlingen vor, in der gesunde und demenzkranke Bewohner zusammenleben. Solche Wohnformen brauchen entsprechende Räume. In einem von Steiner vorgestellten Projekt stellte ein Arzt seine Villa für eine Senioren-Wohngruppe zur Verfügung. Anderswo müssen, beispielsweise von einer Gemeinde oder einer Bürgerinitiative, die baulichen Voraussetzungen für ein Senioren-Wohnprojekt erst geschaffen werden. In Dettingen entstand ein Komplex, in dem neben den Senioren in sechs Wohnungen Familien mit Kindern leben. Über die baulichen, baurechtlichen und planerischen Voraussetzungen gab Stadtplaner Roland Groß Auskunft. Er stellte einige bereits verwirklichte Bauten vor, die so oder ähnlich in der Drei-Dörfer-Gemeinde entstehen könnten. Ursula Niemczweski stellte eine Wohngruppe in Laiz vor, in der gesunde und demenzkranke Senioren gemeinsam ihren Alltag gestalten. Die vorgestellten Projekte haben nach Ansicht von Besucherin Hannelore Hoffmann einen entscheidenden Nachteil. Obwohl Beck betont hatte, dass nur zehn Prozent der Senioren krank oder pflegebedürftig seien, werde an die Mehrheit der Rentner nicht gedacht, die noch völlig gesund seien.
Beck gab der Besucherin recht, erinnerte aber daran, dass für diesen Personenkreis beispielsweise der altersgerechte Umbau der bisherigen Wohnung ein wichtiges Thema für die persönliche Zukunft im weiteren Rentneralter sei.
Wie funktionieren Wohngruppen?
Was unterscheidet eine WG von einem normalen Heim? Die Wohngruppe ist eine private Einrichtung, die allerdings von einem öffentlichen oder privaten Träger als Serviceleistung betreut wird. Deswegen können die Mitglieder der WG mehrheitlich darüber beschließen, wie ihr Alltag aussehen soll. Es geht in allererster Linie darum, das Selbstbestimmungsrecht der Bewohner zu gewährleisten. Außerdem soll der Alltag so normal wie möglich gestaltet werden. Stichwort: Leben wie in einer Großfamilie. Und wer bezahlt den Aufenthalt? Die Kosten sind trotz der 24-Stunden-Betreuung tendenziell geringer als in einem Pflegeheim. Für die Finanzierung des Aufenthalts, für die Gewährung von Sozialhilfe gelten die gleichen Regeln wie in einem Pflegeheim. Im Einzelfall sollte zunächst Kontakt mit dem Sozialamt aufgenommen werden. Durch die Bürgertisch-Aktion soll ein aussagekräftiges Konzept entstehen, das dem Gemeinderat in den kommenden Jahren als Grundlage für entsprechende Entscheidungen dienen soll.