Inzigkofen – Das Leben, das Überleben ist für Rauch- und Mehlschwalben hart geworden. Mancher Hausbesitzer zerstört die Nester der Schwalben an der Hausmauer, weil er keinen Vogelkot an der Fassade möchte. Fast alle Wege, an denen die Vögel früher Lehmmaterial für den Nestbau fanden, sind unter einer Asphaltdecke verschwunden. Das sind nur zwei der Gründe dafür, dass Schwalben immer seltener werden. Doch es gibt Hoffnungsschimmer für die Vögel. Zu diesen Hoffnungsschimmern zählt der große Pferdestall von Christian Baum auf dem Paulter Hof. Jetzt hat Baum seine Tierfreundlichkeit sogar quasi amtlich. Der Naturschutzbund Deutschlands (Nabu) verlieh ihm die Plakette für Schwalbenfreundlichkeit.
Die Reitschule Baum ist damit der erste Betrieb im Raum Sigmaringen, der diese Plakette erhalten hat. Sie kann kostenlos beim Nabu von jedem Stall- oder Hausbesitzer beantragt werden, der an oder in seinem Haus oder Stall Platz für die flinken Schwalben hat.
"Hier sind Schwalben willkommen!", heißt es auf der Plakette, die Christian Baum jetzt an den Eingang zum Pferdestall hängen darf. Im Moment gibt es in diesem Stall rund 40 Schwalbennester, die alle bewohnt sind. Doch selbst manche Pferdehalter mögen die Schwalben nicht. Sie entfernen die Nester aus den Pferdeboxen. Warum? Christian Baum erklärt das so: "Natürlich machen die Vögel auch Dreck und mancher Pferdebesitzer stört sich daran." Das sind aber im Reitstall Baum die Ausnahmen. Viele andere wissen die Vorteile zu schätzen, die Schwalben mit sich bringen. Sie sorgen nämlich auch dafür, dass es im und um den Stall wenig Insekten gibt.
Das Stichwort Insekten treibt Naturschützern wie Alfred Bauernfeind und Karl-Fidelis Gauggel die Sorgenfalten auf die Stirn. Denn die Menge der vorhandenen Insekten nimmt von Jahr zu Jahr ab. Bauernfeind: "Allein in den vergangenen 20 bis 30 Jahren hat die Gesamtmenge der Insekten um rund 80 Prozent abgenommen." Dieser Insektenschwund hat dramatische Auswirkungen für die Vögel, die sich von Fliegen, Mücken und anderen Sechsfüßlern ernähren. Sie finden einfach nicht mehr genug Nahrung.
Doch um den Pferdestall gibt es noch genügend Insekten. Baum berichtet, dass die Rauchschwalben im Stall bereits zum zweiten Mal brüten. Die Vögel sind Pferde und Menschen gewohnt. Neugierige Küken sitzen am Nestrand und warten auf Futter. Andere Jungvögel unternehmen erste Flugversuche. Christian Baum berichtet: "Seit ich den Pferdestall in Pault habe, das sind rund 40 Jahre, gibt es hier Schwalben." Es gebe Jahre mit mehr oder weniger Vögeln, aber im Augenblick herrsche starker Andrang auf die Wohnmöglichkeiten im Stall. Baum verspricht: "Das wird bei uns auch in Zukunft so bleiben."
Strafe für Nestzerstörung
Viele Hausbesitzer teilen die Schwalbenfreundlichkeit der Reitschule Baum nicht. Sie zerstören die Nester, um die Hausfassade vor Vogelkot zu schützen. Das ist ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz und kann mit Geldstrafen bis 60 000 Euro geahndet werden. Gegen den Vogelkot gibt es andere Mittel, beispielsweise Brettchen oder Netze, die der Nabu gegen Spende zur Verfügung stellt. Ansprechpartner ist der Sigmaringer Nabu-Vorsitzende Alfred Bauernfeind, Telefon 0 75 71/56 86.
Informationen im Internet:www.nabu-sigmaringen.de