Kommt man ins Donautal, sticht in dem kleinen Weiler Dietfurt, Ortsteil von Inzigkofen, direkt die Ruine ins Auge. Hoch über dem Dorf grüßt der mächtige Bergfried, der noch gut erhalten ist. Dass es eine zweifelhafte Vergangenheit gibt und noch einige Reliquien aus früherer Zeit, wissen längst nicht alle. Am Sonntag beim Höhlentag im Donaubergland gibt's Neues zu sehen.
DRK-Bergwacht kaufte Hütte samt Ruine
Hinter dem Gasthaus Mühle steht eine Hütte, in der die DRK-Bergwacht Sigmaringen eine Rettungsstation unterhält. Vor einigen Jahren ergab sich die Gelegenheit zum Kauf, unter einer Bedingung. "Wir mussten auch die Ruine dazukaufen", erzählt Walter Paape von der Bergwacht. Das gesamte Anwesen, so stellte sich heraus, war der deutsche Hauptsitz des Neutemplerordens. Der obskure Männerbund um Josef Adolf Lanz (1874-1954) wurde in Wien gegründet, seine Ideologie beeinflusste Adolf Hitler und die SS.

Die unter der Burgruine befindliche Burghöhle Dietfurt ist eine bedeutende Fundhöhle in Baden-Württemberg. Sie wurde seit der Altsteinzeit von Menschen genutzt, bei mehreren Ausgrabungen kamen aufsehenerregende Funde zutage. Die Höhle bewahrte aber auch einige Andenken an die Neutempler, die ihre obskuren Versammlungen vorwiegend im unteren Teil der Höhle abhielten.

Walter Paape, der zusammen mit Manfred Mattes Besuchergruppen in die Ruine führt, hat sich explizit mit der Thematik auseinandergesetzt und auch ein Buch zum Thema geschrieben. Dort heißt es: "In Dietfurt fanden zwischen 1928 und 1939 regelmäßig Treffen der rund 15 Tempelherren um Graf Hochberg statt. Dort fand man in wappengeschmückten Räumen zusammen, ritt seine esoterischen Steckenpferde und hielt feierliche Oster-, Pfingst- und weitere 'Kapitel' ab. Vor allem aber traf man sich, in weiße Gewänder mit roten Kruckenkreuzen auf der Brust gewandet, in einer zum Kultraum umgestalteten natürlichen Höhle im Burgfelsen zur Feier eigener Liturgie nach den Vorgaben des Lanz. Auch okkultistische Séancen dürften dort stattgefunden haben. Dieser Kultraum ist bis heute weitgehend unverändert erhalten."

Nach dem endgültigen Kauf des Anwesens 2004 hat sich die Bergwacht zur Aufgabe gemacht, die Hütte zu renovieren und den Turm zu sichern. "Das ist eine Einmaligkeit, das gibt es in dem Kontext sonst nirgendwo", ist Walter Paape überzeugt. Die weitere Sehenswürdigkeit, die man jetzt noch in der Höhle für die Besucher zugänglich macht, sind die Wappen der Neutempler. Jeder der Herren führte ein eigenes und doch hatten sie alle eine ähnliche Aufmachung und gleiche Symbole, wie das dominierende (Haken- oder Kruken-)Kreuz in der Mitte. Nun wurden die bisher eingelagerten Wappen restauriert, große Fotografien gefertigt und aufgezogen.
Neutemplerorden und Führungen
Der Neutemplerorden (Ordo Novi Templi, ONT) des Lanz von Liebenfels war ein Männerbund, der 1900 gegründet wurde und sich selbst zuallererst als religiöse Gruppierung sah. Vor allem aber vertrat er rassistisches, frauenfeindliches und antisemitisches Gedankengut. Seine historische Bedeutung liegt darin, dass Adolf Hitler durch das Sprachrohr des Ordens, die "Ostara", offenbar bei der Bildung seiner eigenen Ideologie beeinflusst wurde. Eine umfassendere Darstellung des Neutemplerordens und seines deutschen Hauptsitzes in Dietfurt ist zu finden in: Walther Paape, Im Wahn des Auserwähltseins, Die Rassereligion des Lanz von Liebenfels, der Neutemplerorden und das Erzpriorat Staufen in Dietfurt (Gmeiner-Verlag).
Die DRK-Bergwacht Sigmaringen ermöglicht zwischen dem 15. April und dem 30. September (Zeitbeschränkung aus Gründen des Fledermausschutzes) in unregelmäßigen Abständen den Besuch der früheren Neutempler-Niederlassung bei einer Führung samt Höhlenbesuch. Nach Anmeldung an walther.paape@bergwacht-wuerttemberg.de (bitte Betreff "Führung Dietfurt" angeben) werden Interessenten über Führungstermine informiert. Für Gruppen sind Terminabsprachen möglich. (stu)
http://www.bergwacht-sigmaringen.de