Eine Korrektur verkündete Landrätin Stefanie Bürkle gleich zu Beginn der jüngsten Kreistagssitzung, die auf 8.30 Uhr angesetzt war. Man werde künftig nicht mehr so früh starten, versprach sie den Mitgliedern. Ihre Rede zum Haushaltsentwurf 2024 stand dann im Fokus und das Gremium erlebte eine nachdenkliche, fordernde, ungeduldige Kreischefin, und man konnte auch Wut heraushören, adressiert an die Politiker in Stuttgart und Berlin.

Zahlreiche Herausforderungen belasten die Finanzen des Kreises

Eine Krise jage die nächste: Pandemie, Ukrainekrieg, jetzt der grausame Angriff der Hamas auf Israel, stetig hohe Energiepreise, Inflation und Zinsanstieg, Stützungspakete und „Sondervermögen“, der neue Euphemismus für Neuverschuldung, eine stagnierende Wirtschaft und ein staatliches Regelwerk, listete sie aktuelle Herausforderungen auf: „Das alles hindert und lähmt. Alles miteinander bringt Gewissheiten ins Wanken und macht für all diejenigen, die im Moment einen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen haben, die Lage nicht einfacher.“ Sie bringe den zehnten Haushalt in das Gremium ein, erklärte die Kreischefin, dass man aktuell noch über ein gutes finanzielles Polster verfüge, das man aber rasch aufbrauchen werde und so hielten der Haushalt 2024 und vor allem auch die mittelfristige Finanzplanung doch gewaltige Herausforderungen für den Landkreis parat.

Landkreis will im Jahr 2024 31 Millionen Euro investieren

Dominiert werde das Zahlenwerk einmal mehr von der größten Investition, die unser Landkreis in seiner Geschichte tätigt: dem Bau der neuen Bertha-Benz-Schule. Der Bau für insgesamt 105 Millionen Euro, den die Firma Reisch im zurückliegenden Jahr gestartet hat, ist nach Angaben von Bürkle bis dato im Zeit- und im Kostenplan. Im Jahr 2024 will der Landkreis 31 Millionen Euro investieren, davon werden 21 Millionen Euro für den Bau der Bertha-Benz-Schule benötigt. 500.000 Euro sind für die Planungen der B 311 vorgesehen und zwei Millionen Euro für die Elektrifizierung der Zollernalbbahn. Für den Erhalt der Kreisstraßen und Brücken, wie auch dem Bau von Radwegen stehen 2,1 Millionen Euro zur Verfügung. Im Bereich der Kreisabfallwirtschaft steht 2024 der Bau des Umschlagplatzes in Herbertingen an. Zudem soll im nächsten Jahr auch der Wertstoffhof in Pfullendorf angegangen werden.

Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer nochmals reduziert

Das Haushaltsvolumen 2024 sei mit 224 Millionen Euro um 24 Millionen Euro größer als im vergangenen Jahr, was auch der Schaffung zusätzlicher Stellen geschuldet. Im Personalhaushalt kalkuliert der Landkreis mit einer Kostensteigerung von 5,3 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr, wobei die Hälfte Tariferhöhungen, Einmalzahlungen, Beförderungen und Auswirkungen der Besoldungsreform geschuldet sei.

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15 neue Stellen sollen im Landratsamt geschaffen werden, wobei das Land für neun Stellen die Finanzierung übernehme. Trotz Mehreinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen, Unterkunftskosten sowie einer um 622.000 Euro auf 3,7 Millionen Euro erhöhten Ausschüttung der OEW, müsse man konstatieren, dass vor gerade auf der Ertragsseite des Haushalts gewaltige Risiken liegen, warnte die Landrätin. Kreiskämmerer Peter Hotz hatte in seiner Haushaltsrede unter anderem auf die rückläufige Grunderwerbsteuer hingewiesen, wo man den Planansatz um weitere 500.000 Euro auf nunmehr sechs Millionen Euro reduziert. Aufgrund der Zinswende und Baupreisentwicklung würde man schon 2023 den Planansatz von 6,5 Millionen Euro um 500.000 bis 600.000 Euro verfehlen.

Belastung der Kommunen

Die Quintessenz ihrer Ausführungen über Einnahmenrückgänge und Ausgabesteigerungen hatte sich die Landrätin für den Schluss aufgehoben. Angesichts des gewaltigen Investitionsprogramms inklusive der Herausforderung der Klinikfinanzierung, komme man ohne Belastung der Kommunen nicht aus, und wie seit Jahren angekündigt, schlage man dem Kreistag eine Erhöhung des Kreisumlagehebesatzes um 2,5 Punkte auf 32 Punkte vor. Damit würde der Landkreis Sigmaringen im guten Mittel der Landkreise landesweit liegen, von denen über 90 Prozent in diesem Jahr ihre Umlage erhöhen müssten. Die geplante Erhöhung der Kreisumlage um 2,5 Prozentpunkte bedeutet für die 25 Gemeinden im Landkreis, dass sie mehr Geld nach Sigmaringen überweisen und weniger Liquidität für kommunale Projekte zur Verfügung haben. In seiner Entwurfsplanung für den Doppelhaushalt 2023/2024 für Pfullendorf war Kämmerer Michael Traub von 31 Prozentpunkten ausgegangen, womit Pfullendorf rund 9,4 Millionen Euro überweisen müsste. Wenn die Umlage auf 32 Prozent steigt, muss die Stadt zusätzliche 300 000 Euro zahlen.

Verschuldung des Landkreises erhöht sich ab 2025

Das Mega-Projekt „Neubau Bertha-Benz-Schule“ dominiert die Finanzen des Landkreises. Die Gesamtkosten betragen 105 Millionen Euro und 2024 werden 21 Millionen Euro fällig, die man aus der freien Liquidität von 39 Millionen Euro bedienen kann. Aber trotz erwarten 20 Millionen Euro an Zuschüssen für den Schulbau, muss der Kreis bis 2025 noch 42 Millionen Euro finanzieren. Auch deshalb hat man die Gesamtverschuldung für 2025 auf 40 Millionen Euro angehoben, was dann eine Pro-Kopf-Verschuldung von 292 Euro je Einwohner bedeuten würde. Damit würde man nach Angaben von Landrätin Bürkle deutlich über dem Landesschnitt liegen, und mit Blick auf die erheblich gestiegenen Belastungen durch die aktuell hohen Zinsen, ist eine weitere Steigerung der Verschuldung in 2025 für sie deshalb keine Option.