Fast 70 Motorradfahrer sind in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr tödlich verunglückt. Anlass genug für die beiden Polizeipräsidien Konstanz und Ravensburg auch in diesem Jahr einen Biker-Aktionstag am Knopfmacherfelsen in Fridingen zu veranstalten. Das Obere Donautal ist in der Region ein beliebtes Ausflugsziel für Motorradfahrer. Mit den entsprechenden Folgen: Verkehrsverstöße, Unfälle mit Toten und Schwerstverletzten sowie Lärmbelästigung für Anwohner und Erholungsuchende. Beim Biker-Aktionstag wollen die Beamten hauptsächlich zum Thema Sicherheit mit den Motorradfahrern ins Gespräch kommen. Die Polizei versteht die Veranstaltung als Präventivmaßnahme für sicheres Motorradfahren.
Der Erste Polizeihauptkommissar Michael Ilg vom Referat Prävention im Polizeipräsidium Konstanz zieht ein positives Fazit von der Veranstaltung. Er schätzt, dass rund 400 Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer über den Tag angesprochen wurden. „Alle Beteiligten sind sehr zufrieden“, sagt er dem SÜDKURIER.
Experte rät zu Fahrtrainings
Nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei den zahlreichen Kooperationspartnern des Aktionstags finden die interessierten Biker Informationen. Bei der Verkehrswacht können sie mit einer „Rauschbrille“ in einem Parkour testen, wie sehr die Reaktion bei 0,8 Promille Blutalkohol sinkt. „Alkohol ist bei den Fahrern nur ein Randproblem. Das große Problem ist Geschwindigkeit“, erklärt Walter Flumm von der Tuttlinger Verkehrswacht. „Wenn man Motorradunfälle auswertet, dann gibt es zwei Hauptursachen: Selbstüberschätzung aufgrund von fehlendem Fahrkönnen sowie nicht gesehen werden“, ergänzt sein Konstanzer Kollege Alfred Haag. Beide Verkehrswachten bieten deshalb Sicherheitstrainings für Motorradfahrer an. Viele Fahrer seien, so Haag, überzeugt, über ausreichend Fahrkönnen zu verfügen, das sei in der Realität allerdings nicht so. Durch das Fahrtraining können viele Unfälle vermieden werden.
ADAC präsentiert Erlektromotorrad
Der ADAC präsentiert an seinem Stand ein Elektromotorrad, das vielleicht die Lösung für das Lärmproblem in den Motorrad-Hotspots sein könnte. „Das Elektromotorrad war heute schon sehr umlagert, weil es natürlich entsprechend polarisiert“, erklärt Dieter Mäurer, der für den ADAC als Stauhelfer genau mit solch einem Elektromotorrad unterwegs ist. Die erste Frage sei immer die Reichweite, die könne bei diesem Modell eines italienischen Herstellers bei „anständiger“ Fahrweise bis zu 400 Kilometer sein, so Mäurer. Zwar sei das Geräusch der Maschine nicht so, wie es manche haben wollten, aber man könne mit der Maschine trotzdem extrem viel Spaß haben, meint Mäurer.
E-Motorrad ist leise
„Es ist sinnvoll, dass man sich mal damit auseinandersetzt und auch eine Probefahrt macht, bevor man Vorurteile hat“, erklärt der Biker Jürgen Reichhard aus Veringenstadt, der sich für Mäurers Elektromotorrad interessiert. „Wir sind neulich Tesla gefahren, das hat sehr viel Spaß gemacht“, erklärt seine Partnerin Conny Krause aus Biberach – ebenfalls auf dem Motorrad unterwegs. Die beiden haben offenbar keine Vorurteile gegen elektrische Motorisierung, aber beim Motorradfahren würden sie wahrscheinlich das Geräusch eines Verbrenners vermissen. „Ich bin da oldschool“, meint Reichhard. Ohne Geräusch werde man leicht übersehen, argumentiert Bikerin Conny Krause. Wo wegen Lärmschutz inzwischen Strecken für Motorradfahrer gesperrt seien, dürften Elektromotorräder weiterhin fahren, meint Stauhelfer Mäurer.
„Es ist wichtig, ohne Zeigefinger ins Gespräch zu kommen, sonst baut sich schnell ein Feindbild gegenüber der Polizei auf“, äußert sich Reichhard positiv zum Biker-Aktionstag. Es sei auch wichtig, dass man hin und wieder die Motorradfahrer für das Anliegen der Anwohner sensibilisiere, meint er außerdem.
DRK auch dabei
Die Organisatoren haben aus den Erfahrungen der vergangenen beiden Aktionstage gelernt: Damit möglichst viele Biker anhalten, steht die Polizei nun nicht mehr direkt sichtbar an der Straße. „Das letzte Mal stand die Polizei vorn, da haben die Leute Gas gegeben“, erinnert sich Joachim Fischer vom DRK Tuttlingen, das an diesem Tag ebenfalls beim Knopfmacherfelsen vertreten ist.

Lärm belastet Anwohner
Für die Donautalgemeinde Beuron und die Stadt Sigmaringen, deren Stadtteil Gutenstein im Donautal gelegen ist, sind die Bürgermeister Hans-Peter Wolf und Marcus Ehm anwesend. Gemeinsam mit den betroffenen Kommunen plant das Landratsamt Sigmaringen derzeit Maßnahmen zum Schutz der Anwohner und der Erholungssuchenden im Donautal vor Motorradlärm. Es gehe darum, kleine Schritte in die richtige Richtung zu machen. Ungeduld helfe da nicht weiter, kommentiert Bürgermeister Hans-Peter Wolf die Situation im Donautal. „Der Biker-Aktionstag ist inzwischen Tradition, wir werden den Tag nicht mehr wegkriegen“, meint der Bürgermeister der Stadt Fridingen, Stefan Waizenegger, beim Pressetermin zum Abschluss der Veranstaltung. Waizeneggers Gemeinde ist vom Motorradverkehr im Landkreis Tuttlingen besonders betroffen.

10 tote Biker
Im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz ereigneten sich im zurückliegenden Jahr 527 Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Motorrädern, sieben Motorradfahrer starben. Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ravensburg wurden im selben Zeitraum 318 entsprechende Unfälle registriert, bei denen drei Motorradfahrer tödlich verunglückten. „Das Thema ist sehr sehr ernst“, betont der Ravensburger Polizeipräsident Uwe Stürmer aufgrund der Zahlen. Stürmer leitet vorübergehend auch das Präsidium Konstanz. „Diejenigen, die sich hier heute informieren und die verantwortungsbewusst sind. Das ist die große Masse“, betont Stürmer. Es seien ein paar wenige, die den Ruf der Zunft ruinierten, das gelte auch beim Thema Lärm, so Stürmer.