17 Jungs, alle im Alter zwischen acht und 13 Jahren, sitzen gespannt im Sitzungssaal im Obergeschoss des Hauses der Vereine im Leibertinger Ortsteil Thalheim. Gleich dürfen sie in einer Videoschalte einem ihrer großen Fußball-Idole Fragen stellen. Die Jungs hatten sich Nicolas Höfler vom Sportclub Freiburg gewünscht, sagt nach der Schalte Christina Gänßlen. Sie gehört zum Kreis der Erwachsenen, die das Projekt kicken&lesen ermöglichen, in diesem wird das Fußballspielen mit dem Lesen verbunden.

Fußball-Profi plaudert mit Schülern

An diesem Tag hängen die Jungs an den Lippen von Nicolas Höfler. Sie wollen beispielsweise wissen, wie er zum Fußball und zum Bundesligisten SC Freiburg kam. Der Mittelfeldspieler des SC kommt aus der Region, hat bereits als Kind in Herdwangen Fußball gespielt und kennt auch noch einige Fußballer aus der Gegend – etwa vom SC Buchheim/Altheim/Thalheim (BAT). Gegen sie hat er oft gespielt. Seine fußballerische Karriere habe sich Schritt für Schritt ergeben, erzählt Höfler. Er sei früh für die südbadische Auswahl entdeckt worden. Zwei der Jungs, die an diesem Nachmittag Nicolas Höfler Fragen stellen, spielen bereits in solchen Auswahlen – und könnten einen ähnlichen Weg einschlagen. Hätte es nicht geklappt mit dem Plan, Profifußballer zu werden, wäre er wohl Polizist geworden, verrät der 33-Jährige.

Nicolas Hoefler (Freiburg) beim Media Day SC Freiburg 1. FBL Saison 2022/23
Nicolas Hoefler (Freiburg) beim Media Day SC Freiburg 1. FBL Saison 2022/23 | Bild: Hahne, Joachim

Das plant Höfler nach seiner aktiven Karriere

Der Vater von drei Jungs („die gerne kicken“) und zwei Mädchen kann sich vorstellen, dass er nach seiner aktiven Zeit auf dem Platz weiter für den SC arbeiten wird. Ebenso sei es möglich, als Trainer im Jugendbereich seine Erfahrungen weiterzugeben. Er verspricht den Jungs aus Thalheim, sollte er an den Tagen in Freiburg sein, deren dortiges Camp zu besuchen, zu dem sie am 1. und 2. Juli in der Dreisam-Stadt sein werden. Das Camp bildet den Abschluss des Projekts kicken&lesen.

Kinder dürfen Bundesligaspiel besuchen

In seinem Rahmen werden die Jungs aus Thalheim ein Bundesligaspiel besuchen. Nicolas Höfler sagte während der Videoschalte auch zu, dass er einen Kontakt vermitteln werde, sodass einer der 17 Jungs eventuell einmal als Balljunge ins Freiburger Stadion einlaufen dürfe. Das stieß sofort auf ganz offene Ohren. Die Fragen hatten die Jungs gemeinsam mit den sie begleitenden Erwachsenen zusammengetragen – und reihum durfte jeder eine Frage stellen. Auch die, wie denn der Alltag eines Profifußballers aussieht.

Leidenschaft für Fußball und das Lesen

Fußball ist das eine wichtige Thema des Thalheimer Projekts. Daneben geht es um Leseförderung. In jeder Einheit lesen die Jungs 15 Minuten. Dafür konnten dank des Projekts, das von der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert wird, entsprechende Bücher für die Thalheimer Bücherei gekauft werden. Diese öffentliche Bibliothek findet sich im Haus der Vereine. Und die Wilden­steinschule, die auch an diesem Projekt beteiligt ist, erhielt Fußballtore.

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Bücher und Fußball sollen in Kombination Lust am Lesen wecken

Carolin Knoblauch hatte die Idee, sich für das Projekt kicken&lesen der Baden-Württemberg-Stiftung zu bewerben. In einem Schreiben an die Eltern wurde für das Projekt mit dem Hinweis geworben, dass zwischen dem achten und dem zwölften Lebensjahr bei den Jungs das Interesse am Lesen stark abnehme. „In Konkurrenz zu Computer und Fernsehen gilt Lesen bei Jungen häufig als uncool,“ ist in diesem Schreiben zu lesen. Über das Programm kicken&lesen solle versucht werden, die Jungs gleichermaßen für Bücher wie für den Fußball zu begeistern. Die Einheiten des Projekts finden in der Bücherei in Thalheim, in der Sporthalle in Leibertingen wie auch auf dem Sportplatz in Altheim statt. Und es wurde auch schon die Sportredaktion des SÜDKURIER-Medienhauses in Konstanz besucht.

Engagement für die Thalheimer Jungs

Carolin Knoblauch ist nach wie vor die treibende Kraft in dem Thalheimer Projekt. Mit als Betreuer dabei sind ihr Mann Daniel Knoblauch, Jürgen und Carmen Boos, Christina und Markus Gänßlen sowie Gisela Schalk. Erreicht haben sie fast alle Thalheimer Jungs der Jahrgänge 2010 bis 2015. Diese würden während den Einheiten gut mitarbeiten und es sei auch gelungen, die Jungen fürs Lesen zu gewinnen, schildert Christina Gänßlen. Es gab auch schon praktische Ansätze für eine mögliche fußballerische Karriere der Jungen, denn sie konnten sich bereits mit einem Spielervertag beschäftigen. Wenn es mal zu laut wird, ertönt schon mal eine Schiripfeife, denn es gibt klare Regeln für die Zusammenarbeit. Das Thalheimer Projekt ist das einzige unter allen 16, die zurzeit laufen, das nur von Ehrenamtlichen getragen wird.

In einer Videoschalte konnte sich der Fußballnachwuchs aus dem Leibertinger Ortsteil Thalheim Ende April mit einem ihrer Idole ...
In einer Videoschalte konnte sich der Fußballnachwuchs aus dem Leibertinger Ortsteil Thalheim Ende April mit einem ihrer Idole unterhalten, Nicolas Höfler vom SC Freiburg. | Bild: Dieterle-Jöchle, Manfred

Buch verliert an Attraktivität

„Im Zeitalter von PC, Tablet und Smartphone verliert das Buch bei vielen jungen Menschen an Attraktivität – das betrifft Jungen stärker als Mädchen“, sagt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. „Wir freuen uns daher sehr, dass unser erfolgreiches Programm kicken&lesen nach pandemiebedingter Pause wieder startet. Denn eine gute Lesekompetenz befähigt junge Menschen dazu, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, lebenslang zu lernen und zu gestalten. Sie ist zentral für die soziale, kulturelle und politische Teilhabe in unserer Gesellschaft.“

Fußball und Lesen wechseln sich ab

Die katholische öffentliche Bücherei Thalheim setzt im Rahmen des Projekts kicken&lesen in Kooperation mit der Wildensteinschule Leibertingen und dem SC Buchheim/Altheim/Thalheim das Projekt „Wir bleiben am Ball“ um. Die teilnehmenden Jungs aus Thalheim sollen dabei als Leser und Büchereibesucher gewonnen werden. Über mehrere Spieltage und an verschiedenen Spielorten wechseln sich Fußball- und Leseinhalte ab. Auf dem Programm stehen unter anderem die Inszenierung eines Erzähltheaters und Trainingseinheiten, die teilweise auch über das Kicken hinausgehen – etwa auf dem Trimm-dich-Pfad. Während des gesamten Projekts steht den Jungen eine Bücherkiste mit Comics, Zeitschriften und Büchern zum Thema Fußball zur Verfügung.