Leibertingens neuer Bürgermeister Stephan Frinkinger hat im Wahlkampf versprochen, dass er einen Hausarzt suchen will, der sich in der Gemeinde niederlässt. Nun ist ein erster Schritt getan: In der jüngsten Ausgabe des Leibertinger Amtsblatts macht die Gemeinde auf ihr Anliegen aufmerksam, „ansiedlungswillige Ärzte“ zu finden. Außerdem will die Verwaltung einen Hausarzt, der nach Leibertingen kommen will, bei der Praxisgründung unterstützen, heißt es weiter in dem Aufruf. „Die Anzeige hat momentan erst mal nur Signalwirkung, dass wir an dem Thema dran sind. Wenn wir damit schon Ergebnisse erzielen, dann wäre das wie ein Sechser im Lotto“, kommentiert Frickinger den Stand der Suche gegenüber dem SÜDKURIER. Die Ansiedlung von Fachärzten wäre sowieso nur durch interkommunale Zusammenarbeit zu lösen, ergänzt er. Der Mangel an Allgemeinmedizinern und erst recht an Fachärzten auf dem Land ist kein spezifisches Problem in Leibertingen. Bundesweit fehlen Ärzte, die bereit sind, sich in ländlichen Regionen niederzulassen.
Kein Arzt für gesetzlich Versicherte
Im Ortsteil Kreenheinstetten praktiziert zwar ein Allgemeinmediziner, der allerdings nur Privatpatienten und Selbstzahler behandelt. Bis Anfang 2019 war Leibertingen noch besser hausärztlich versorgt, bis plötzlich der im Ortsteil Thalheim ansässige Hausarzt verstarb. Sein Tod habe ein großes Loch gerissen, bedauert Helmut Straub, Ortsvorsteher in Leibertingen-Altheim, die Situation. Er habe gehört, dass viele Leibertinger bei dem Versuch einen neuen Hausarzt zu finden, von den Ärzten im nahen Meßkirch abgewiesen wurden. Einige nähmen bis heute den Weg zum Arzt nach Fridingen oder sogar ins 25 Kilometer entfernte Hohenfels-Liggersdorf auf sich, um sich behandeln zu lassen, berichtet Straub außerdem.
Versorgungsgrad von 80 Prozent
Die Versorgung im Land mit Hausärzten als auch mit Fachärzten wird von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) geplant – genauer gesagt vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Pro 1600 Einwohner sollte eigentlich ein Hausarzt vorhanden sein. Rein rechnerisch müssten folglich im rund 2300 Einwohner großen Leibertingen 1,4 Ärzte praktizieren. Für die Ermittlung des Bedarfs an Hausärzten würden die sogenannte „Mittelbereiche“ herangezogen, die kleiner seien als die Landkreise, erläutert Swantje Middelhoff, von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der KVBW. Leibertingen gehört zum Mittelbereich Pfullendorf. Lag der Grad der hausärztlichen Versorgung hier vor fünf Jahren noch bei 111 Prozent (die KVBW erlaubt eine „Überversorgung“ bis etwa 110 Prozent), so ist er inzwischen auf etwas über 80 Prozent gesunken. Damit liegt Pfullendorf am unteren Ende – verglichen mit anderen Mittelbereichen. Die Zahl der Fachärzte wird für den Landkreis – für Leibertingen also Sigmaringen – ermittelt. Hier fehlt es laut KVBW besonders an HNO- und Nervenärzten, aber auch Hautärzte könnte es etwas mehr geben.
Förderung durch die KVBW möglich
Mit seiner geringen Quote bei der Hausarzt-Versorgung wird Leibertingen explizit unter den „Akut-1-Fördergebieten“ der KVBW genannt. Bis zu zwei Niederlassungen von Hausärzten würde die KVBW mit ihrem Programm „Ziel und Zukunft“ im Mittelbereich Pfullendorf fördern. Dabei schießt die Ärztevereinigung für die Neugründung oder Übernahme einer Einzelpraxis bis zu 80 000 Euro zu. Für eine sogenannte „ärztliche Kooperation“ – etwa eine Gemeinschaftspraxis – gibt es sogar bis zu 120 000 Euro. Auch für das Modell einer Niederlassung gibt es Zuschüsse. Würde beispielsweise eine bestehende Arztpraxis in Meßkirch eine Zweigstelle in Leibertingen gründen, so wäre das förderungswürdig. Das Land Baden-Württemberg hat ebenfalls ein Förderprogramm aufgelegt, um Hausärzte aufs Land zu bringen „Ein Hausarzt erhält bis zu 30 000 Euro Landesförderung, wenn er sich in Baden-Württemberg in einer ländlichen Gemeinde niederlässt, deren hausärztliche Versorgung nicht oder in naher Zukunft nicht mehr gesichert ist“, heißt es in den Förderbedingungen.
Auf „Soft Facts“ konzentrieren
Er habe in letzter Zeit mit mehreren Hausärzten telefoniert, um zu erfahren, was der beste Weg sei, um jemanden zu finden, erzählt Frickinger. Die Fördermöglichkeiten seien vielfältig, aber viele der angesprochenen Ärzte hätten ihm zu verstehen gegeben, dass man mit Geld keinen mehr locken könne. Nun will Frickinger sich auf die „Soft Facts“ konzentrieren. „Da können wir sehr gut mit unseren Kindergärten, der Schule sowie dem Naturbad und der Lage am Oberen Donautal punkten“, meint Frinkinger. „Wir müssten individuell schauen, was – je nach dem, wer sich meldet – für Wünsche da sind“, stellt Frickinger sein geplantes Vorgehen dar. Er könne sich beispielsweise vorstellen, dass die Gemeinde ansiedlungswillige Ärzte bei der Wohnungs- oder Grundstücksuche unterstützt. Er will auch bei den Ärzten in der Region nachfragen, ob sie bereit wären, eine Zweigstelle in Leibertingen zu gründen. Frickinger will im nächsten Schritt aber zuerst den Gemeinderat in die Hausarztsuche einbinden. Dieses Vorgehen empfiehlt auch Pressesprecherin Middelhoff von der KVBW: „Wir haben einige positive Beispiele, wo Gemeinderat und Bürgermeister gemeinsam erfolgreich die Niederlassung eines Hausarztes bewirken konnten.“