Lokal, mit regionalen Zutaten und ohne großen Aufwand sein eigenes Brot backen? Ein Konzept, dass momentan eigentlich absolut im Trend liegen sollte, doch trotzdem hatte das Backhaus im Leibertinger Ortsteil Thalheim in letzter Zeit immer weniger Nachfrage erfahren. Zukunftsängste und die Frage, ob die 150 Jahre alte Tradition des Dorfes weitergeführt werden kann, stehen im Raum.

Doch warum ist das Interesse am Backhaus in den vergangenen Monaten zurückgegangen? Eine Frage mit der sich das „Entwicklungstreffen der Backinteressierten“ in der alten Schule in Thalheim unter der Leitung von Ortsvorsteher Hubert Stekeler beschäftigte. Schnell stand fest, dass das Thema Werbung einer der Hauptgründe sein könnte. Denn dass der ein oder andere einmal weniger backe, sei normal, aber dass beispielsweise das Backhaus in Buchheim einen so großen Andrang erfahre, dass oftmals die Backkapazitäten ausgeschöpft sind, und in Thalheim seit längerem kein neues Mitglied hinzugekommen ist, sei nicht zu erklären.

Zumal, im Gegensatz zu Buchheim, wo man den fertigen Teig anliefern muss, Thalheim den großen Vorteil hat, ein eigenes großes Rührgerät vor Ort zu haben. Man muss somit lediglich die benötigten Zutaten anliefern, das Vermengen und Backen des Brotes übernimmt dann eine Backfrau. Mit einem vergangene Woche gegründeten Werbeausschuss möchten Hubert Stekeler, Christina Gänßlen, Tobias und Sabine Stekeler, Rolf Liehner (alle aus Thalheim) und Rosmarie Schmid (Leibertingen) nun versuchen durch mehr Werbung im örtlichen Gemeindeblatt und verstärkte Internetpräsenz auf das Thalheimer Angebot aufmerksam zu machen.
Jüngere Generation ansprechen
Zu einem weiteren wichtigen Punkt wurde das Ansprechen der jüngeren Generation. „Ich glaube ein Stück weit geht auch Wissen verloren und junge Familien kennen sich auf dem Gebiet des Brotbackens einfach nicht mehr so gut aus“, so Rosmarie Schmid. Die beiden jungen Thalheimerinnen Sabine Stekeler und Christina Gänßlen stimmten ihr zu. Sie beide würden Familien kennen, die über das Backhaus nur wenig wüssten. Gemeinsam kam man dann auf die Idee, in Verbindung mit der neuen Werbung auch Brotezepte und hilfreiche Tipps zu veröffentlichen, um so das Interesse zu wecken und nicht zuletzt den Einstieg in das Brotbacken zu erleichtern.
Umstrukturierung des Abrechnungssystems
Ein anderer Vorschlag von Christina Gänßlen, der auf eine Umstrukturierung des Abrechnungssystems abzielte, stieß ebenfalls auf Anklang. So könnte man statt des aktuellen Konzepts, das eine Halbjahresgebühr von 5 Euro, einer Teilnahmegebühr pro Backgang von 2 Euro und einer Backgebühr von 1,50 Euro pro Kilo vorsieht, eine Art Halbjahres- oder Jahresabonnement einführen. Dies würde erstens mehr finanzielle Sicherheit bedeuten und zweitens wären auch die Bäcker selbst damit motivierter, regelmäßig zu Backen. Rolf Liehner stimmte dem zu: „Was etwas kostet, steht auch im weiteren Sinne für Wertigkeit“, schilderte er in der Diskussionsrunde.

Abgesehen von der Rentabilität des Backhauses bereite Ortsvorsteher Stekeler der geplante Umzug in das „Haus der Vereine“ in Thalheim Sorgen. Der Backofen ist schon etwas in die Jahre gekommen und könnte den Umzug möglicherweise nicht unbeschadet überleben. Eine Neuanschaffung sei in Stekelers Augen zum jetzigen Zeitpunkt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln quasi nicht möglich. Umso wichtiger sei es „bei diesem Entwicklungstreffen konstruktive Lösungsvorschläge zu finden“, betonte er.
150 Jahre alte Tradition
Neben all seinen Vorteilen für die Dorfgemeinschaft und dem aktuellen Trend hin zu Regionalität und bewusster Ernährung spielt auch der historische Aspekt eine wichtige Rolle. Denn hinter der 150 Jahre langen Tradition in Thalheim steht eine landesweit verabschiedete Verordnung aus dem 19. Jahrhundert durch König Wilhelm I. von Württemberg. Er beschloss damals, dass jede Gemeinde ein Backhaus besitzen müsse, das der Allgemeinheit zur freien Verfügung steht. Grund waren damals häufig auftretende Brandschäden durch an Wohnhäuser angebaute Backöfen und das Einsparen von Holz gewesen. Zwar wird das Backhaus in Thalheim heutzutage nicht mehr in der Art wie damals betrieben, so gibt es statt einem mit Holz angefeuerten Ofen einen Elektroofen, doch das Konzept ist dasselbe: Brot für die Gemeinde für wenig Geld und ohne großen Aufwand! „Es wäre sehr traurig, wenn wir in der heutigen Zeit die Idee des Backhauses aufgeben müssten“, so Tobias Stekeler, der selbst viel eigenes Brot backt. Auch Rosmarie Schmid hofft auf den Erhalt der Tradition: „Das Brot schmeckt toll, man weiß was drin ist und man hat einfach selber etwas geschaffen“, das sei unschlagbar so Schmid weiter.
Das nächste halbe Jahr wird entscheidend
Ob das Backhaus tatsächlich vor dem Aus steht oder ob es durch mehr Backinteressierte doch noch gerettet werden kann, wird sich im nächsten halben Jahr entscheiden. Jeden Montag kann man in Thalheim seine Brotzutaten bis spätestens um 10 Uhr im Backhaus abliefern und dann um 17 Uhr sein fertiges, frisches Brot abholen. Bei Interesse oder Rückfragen kann man sich bei der Gemeinde auf dem Rathaus in Leibertingen unter 0 74 66/92 82-23 melden.