Es ist ein besonderer Tag, an dem sich der SÜDKURIER mit Lilo Braun in ihrem Zuhause in Bichtlingen trifft. Gemeinsam mit ihrem Mann Anton und sieben Frauen des Ensembles „Rolle vorwärts“ sitzt die Theaterregisseurin am Esstisch. Es ist Lilo Brauns 73. Geburtstag. In fröhlicher Runde wird gevespert und gelacht. Anton Braun verabschiedet sich im Laufe des Abends zum Fußballgucken, nicht, ohne dass ihm seine Gattin noch eine humorige Bemerkung mit auf den Weg gibt. Frauenpower live.

Sommertheater in Neuhausen ob Eck

Ihr Studium der Germanistik und Romanistik ließ Lilo Braun sausen, sie arbeitete zeitweise in einer Buchhandlung und begann eine Ausbildung zur Fachverkäuferin in einem Reformhaus. Doch ihre Leidenschaft gilt einem ganz anderen Metier: dem Schauspiel und Theater. Lilo Braun war bereits 50, als sie in Konstanz und Reutlingen ihre Ausbildung in Theaterpädagogik absolvierte. „Alles in allem waren es sechs Jahre. Mir ist es keinen Tag schwer gefallen.“ Die Existenz der weiblich dominierten Gruppe „Rolle vorwärts“ ist der Abschlussprüfung zu verdanken. Lilo Braun musste eine Aufführung auf die Beine stellen und stellte vor 18 Jahren das Ensemble zusammen. Auch mit Senioren und Suchtkranken hat sie seither Stücke erarbeitet. Seit fünf Jahren inszeniert sie das Sommertheater im Freilichtmuseum in Neuhausen ob Eck. In diesem Jahr geht es bei „Geheimniskrämer“ um 100 Jahre Kaufhaus Pfeiffer. Die Premiere wird am 28. Juni sein.

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Eigene Stücke

Die Bühnenwerke sind nicht eingekauft, es handelt sich um Eigenproduktionen. Leichte Kost ist es nicht. „Damenwahl“ thematisiert das Frauenwahlrecht. „Es ist ein Weinen in der Welt“ beleuchtet die Situation der Frauen auf der Schwäbischen Alb nach dem Krieg. Um Demenz geht es in „So fern, so nah“. Wenn Humor im Spiel ist, dann nicht auf die platte Tour, sondern subtil und tiefgründig.

Probe für das Stück „Brechreiz“ im Meßkircher Schlosskeller.
Probe für das Stück „Brechreiz“ im Meßkircher Schlosskeller. | Bild: Michelberger, Isabell

Kein Hang zu Schenkelklopfern

Bevor sie ins Regie-Fach wechselte, stand sie viele Jahre selbst auf der Bühne. Zusammen mit Helmut Seeger aus Hausen am Andelsbach feierte sie Erfolge mit aus dem Leben gegriffenem Kabarett und füllte ganze Säle. Schwäbisch schwätzend. So auch beim Meßkircher Frauenrabatz. Schenkelklopfer und Bauerntheater seien indes nicht ihr Fall, betont sie. Sie habe immer sehr gerne auf der Bühne gestanden. Doch der Druck, neue Programme zu präsentieren, gefiel ihr nicht. „Stücke entwickeln macht mir mehr Spaß. Ich glaube, es gelingt mir gut, aus den Spielern etwas herauszukitzeln.“

„Ich hätte nie Theater gespielt, aber nach Lilos Kabarett in Bingen habe ich mich gleich zum Workshop angemeldet. Das hat mir so ...
„Ich hätte nie Theater gespielt, aber nach Lilos Kabarett in Bingen habe ich mich gleich zum Workshop angemeldet. Das hat mir so gefallen“, sagt Inge Brosch. Sie gehört zu Ensemble „Rolle vorwärts“. | Bild: Johanson, Kirsten

Ernsthaft und konzentriert

So lustig es bei der Feier zugeht, so ernsthaft seien die Proben, erzählen die Geburtstagsgäste. Häufig fallen Sätze wie „präsent sein“ oder „immer in der Rolle bleiben“, plaudern sie aus dem Nähkästchen. „Da wird nicht herumgealbert und Privatgespräche finden keine statt. Lilo kann richtig streng sein“, sagt Billa Fular. Und wenn es bei den Proben oder einer Aufführung miserabel läuft, nimmt die Spielleiterin kein Blatt vor den Mund. „Dann sage ich auch mal: ihr wart grottenschlecht.“ Doch diese Offenheit nehmen ihr die Schauspielerinnen nicht übel. „Die Gruppe hat großes Vertrauen in Lilo und ihr Urteil ist uns wichtig“, so Diane Kopp, seit elf Jahren Regieassistentin.

Aufführung am 8. Mai

Das Stück „Brechreiz“, das im Mai 2024 seine Premiere hatte, wird am 8. Mai als Benefiz-Veranstaltung für die Museumsgesellschaft und die Renovierung des Schlosskellers noch einmal im Schlosskeller in Meßkirch gezeigt.