Mit der letzten großen Veranstaltung im Rahmen des 50. Jubiläums des Landkreises hat Landrätin Stefanie Bürkle in der Kreisgalerie Meßkirch die Ausstellung „50 Jahre Kulturförderung im Landkreis Sigmaringen“ mit dem Titel „Ein freier geistiger Tauschplatz“ eröffnet. Gleichzeitig verabschiedete sie im Beisein zahlreicher Gäste die prägende Gestalt der kreisweiten Kultur- und Historiengeschichte, den Kreisarchivar und Historiker Edwin Ernst Weber.

Unter anderem sei es seinem engagierten Wirken zu verdanken, dass der Landkreis Sigmaringen in den vergangenen 50 Jahren eine Identität entwickeln konnte. Das sei nicht einfach gewesen, denn mit der Kreisreform 1973 sei der Landkreis Sigmaringen aus annähernd gleich großen badischen, hohenzollerischen und württembergischen Teilen „zusammengestückelt“ worden. Erst mit dem Bezug des Fürst-Carl-Landeskrankenhauses als Landkreisverwaltung sei seit 1983 das Landratsamt zu einem Kulturstandort geworden.
Beneidenswerte Kulturarbeit
Aber trotz des, im Gegensatz zu anderen Regionen, späten Starts in der Kulturarbeit sei diese umso herausragender geworden. „Viele andere Regionen des Landes beneiden uns darum“, sagte Bürkle. Bei diesem kulturellen Aufholen hänge sehr viel mit Edwin Weber und ihrem Vorgänger, Dirk Gaerte, zusammen. Die Kreischefin gab einen kurzen Rückblick über die Meilensteine, die mit der Kulturkonzeption im Jahr 2000 begann. Es folgte die Gründung des Kreiskulturforums 2002, die jährlich kreisweit vernetzten Kulturschwerpunkte seit 2003, die Eröffnung der Kreisgalerie im Schloss Meßkirch 2006, die Stiftung des Kulturpreises 2009 und intensive historische Forschungen und Öffentlichkeitsarbeit zur Geschichte des Kreisgebiets und seiner Kommunen.

Kreisidentität erschaffen
„Hier sind regionale Maßstäbe gesetzt worden, die andere zur Nachahmung angeregt haben“, unterstrich Bürkle. Von ihr und ihrem Vorgänger seien vor allem die von Kreisarchivar Weber vorgebrachte geschichtliche Darstellung in zeitlicher Abfolge und kulturellen Initiativen und Projekte „als wertvoller Beitrag zur Kreisintegration und zur Ausbildung einer Kreisidentität wertgeschätzt und unterstützt worden“. Trotz überschaubarer Haushaltsmittel sei es mit Hilfe der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) möglich gewesen, Drittmittel für die Kulturförderung zu gewinnen. „Uns war immer bewusst, dass Kunst und Kultur wichtige identitätsstiftende Faktoren sein können.“ Es könne sich mehr als sehen lassen, was der Kulturstandort Kreis Sigmaringen in den vergangenen 30 Jahren zustande gebracht habe, so Bürkle. Sie bezeichnete die Vernetzung der Kulturschaffenden zusammen mit dem Landkreis und den Kommunen als „Erfolgsgeheimnis“.
450 Seiten starker Rückblick
Die Ausstellung zeigt neben Glanzstücken auch eine Bandbreite von Alltäglichkeiten und Beständigkeiten des kreisweiten Zusammenwirkens, die die Vitalität und Strahlkraft des heimischen Kulturlebens auszeichnet. Der scheidende Kreisarchivar und Kulturreferent hat in einem 420 Seiten starken Werk einen Rückblick auf 50 Jahre Kulturförderung im Landkreis Sigmaringen festgehalten, in dem auch die Ausstellung in Bild und Schrift zu finden ist.
Nazi-Zeit aufgearbeitet
Die Landrätin zollte Weber nicht nur großen Respekt und Anerkennung für seine reichhaltige und umfangreiche Arbeit in den 33 Jahren seines Schaffens. Sie sprach dem umtriebigen Arbeiter (seine Mitarbeiter im Amt hatten sich in der Fasnet als „Weber-Knechte“ verkleidet und damit ausgedrückt, dass sie ständig gescheucht wurden, so Weber augenzwinkernd) Bewunderung aus. Insbesondere über die intensive Erinnerungsarbeit zur Aufarbeitung der Gewaltherrschaft der Nazi-Zeit im Landkreis, wo er zu Beginn auf eine Mauer des Schweigens bei Kreis- und Stadträten gestoßen sei.

Den Landkreis geprägt
Bewundert habe sie auch Webers Konzeption der Kulturschwerpunkte, die seit über 20 Jahren verschiedene regionale Akteure zusammenbringe, teils gesellschaftlich brisante Themen aufgreife, aber auch seine Diskussions- und Streitkultur. „Mehr als einmal sind wir zusammengerasselt“, meinte Bürkle mit einem schelmischen Blick in Webers Richtung. Sie dankte ihm für seinen Fleiß, seine Arbeit und seine Identifikation mit diesem Landkreis: „Sie haben diesen Landkreis geprägt und bleibende Spuren hinterlassen!“