Eine Expertengruppe hat jüngst die Strecke der Ablachtalbahn wegen der geplanten Machbarkeitsstudie besichtigt. Dabei wurde sowohl die bereits für den Personennahverkehr reaktivierte Strecke zwischen Stockach und Mengen wie auch die alte zwischen Krauchenwies und Sigmaringen begutachtet. „Langfristiges Ziel ist und bleibt, die Ablachtalbahn als Querspange zwischen Donau und Bodensee für den planmäßigen Personenverkehr – und damit meinen wir jeden Tag, mindestens jede Stunde und von früh bis spät – zu reaktivieren,“ teilte Frank von Meißner auf Anfrage des SÜDKURIER mit. Er ist Eisenbahnbetriebsleiter des kommunalen Ablachtalbahn-Eisenbahnunternehmens und stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Ablachtalbahn.

Hochrechnungen für Zugangebote

Seit Herbst 2021 wird an einer Machbarkeitsstudie für die Ablachtalbahn gearbeitet. In dieser Studie wird mittels einer Verkehrsmodellierung hochgerechnet, wie viele Fahrgäste ein entsprechendes Zugangebot auf die Schiene bringen würde. „Dabei arbeiten wir iterativ, das heißt wir untersuchen verschiedene Fahrplanangebote und die dafür notwendige Ertüchtigung unserer Strecke. Und wir schauen uns verschiedene Streckenvarianten an – zum Beispiel parallel sowohl den Streckenast nach Mengen als auch den stillgelegten und abgebauten Streckenast nach Sigmaringen,“ so von Meißner. Der Blick sei dabei auf die Zukunft gerichtet: „Was für ein Angebot wollen wir, und welche Ausbauschritte (zum Beispiel Begegnungsabschnitte, Signaltechnik usw.) brauchen wir dafür?“

„Respekt vor Herkulesaufgabe“

Über diese alte Donaubrücke vor Sigmaringen fuhren einst Züge der Ablachtalbahn.
Über diese alte Donaubrücke vor Sigmaringen fuhren einst Züge der Ablachtalbahn. | Bild: Frank von Meißner

Ende Juli habe er, so von Meißner, zusammen mit Severin Rommeler vom Förderverein, Vertretern der beauftragten Ingenieurbüros sowie mit Vertretern des Landes die ehemalige Sigmaringer Trasse abgelaufen. Positiv sei dabei gewesen: „Wir haben dort keine unüberwindbaren Hindernisse festgestellt, die einem Wiederaufbau im Wege stehen könnten. Aber es wurde dabei auch klar: Solch‘ ein Wiederaufbau ist schon eine Herkulesaufgabe, vor der wir großen Respekt haben.“

Die Machbarkeitsstudie solle nun ermitteln, ob eine solche Reaktivierung wirtschaftlich ist. Also ob der gesamtwirtschaftliche Nutzen die Investitions- und Betriebskosten überwiegt. Nur dann fließen die großzügigen Bundes- und Landeszuschüsse in Höhe von rund 95 Prozent.

Auch Abstimmungen mit Busverkehr

Auf die Frage, wann die Studie vorliegen soll, antwortet von Meißner: „Wir gehen bei der Machbarkeitsstudie sehr gewissenhaft vor, zum Beispiel arbeiten unsere Büros schon an einem vereinfachten Verkehrsmodell, wie es für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit später eh gefordert wird. Das erfordert viel Grundlagenarbeit und dauert – aber Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Mir ist wichtig, dass wir belastbare Ergebnisse erzielen. Ich hoffe, dass wir erste Zwischenergebnisse Ende des Jahres bekommen, die wir dann auch frühzeitig mit der Politik diskutieren wollen: Denn die Reaktivierung der Ablachtalbahn ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die nur in enger, partnerschaftlicher Abstimmung – zum Beispiel auch mit den Verantwortlichen für den Busverkehr – gelingen kann und wird. Ich persönlich bin sehr optimistisch, dass mindestens eine der untersuchten Varianten ein positives Ergebnis in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergeben wird. Der aktuelle Hitze- und Dürresommer zeigt, dass wir dringend im Verkehr umsteuern müssen zu umweltfreundlicheren Alternativen.“ Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick bedauerte im Gespräch mit dieser Zeitung, dass die Machbarkeitsstudie nicht schon früher vorliege. Bisher hatte es geheißen, sie würde im Herbst vorliegen. Die Verzögerung begründete Zwick mit der aufwändigen Erhebung der nötigen Daten.

Schub durch Neun-Euro-Ticket

„Das Neun-Euro-Ticket hat der ohnehin schon erfolgreichen Biberbahn im Freizeitverkehr noch mal einen richtigen Schub verpasst: Die Nachfrage hat sich spürbar erhöht, beispielsweise hatten wir am vergangenen Sonntag, 28. August, einen Allzeit-Rekord mit rund 630 Fahrgästen – das sind also mehr als 100 Fahrgäste pro Zug!“ So lautet die Bilanz des Eisenbahnbetriebsleiters auf eine SÜDKURIER-Anfrage. Mehr als drei Viertel der Fahrgäste der Biberbahn hätten das Neun-Euro-Ticket genutzt. Neben dem unschlagbar günstigen Preis sei vor allem gelobt worden, dass es ein einfach verständliches Pauschalangebot war. Nach dem Auslaufen des Neun-Euro-Tickets gebe es jetzt wieder das Problem, dass bei der Biberbahn mehrere Verkehrsverbund-Grenzen aneinanderstoßen: Mit den zwei Verkehrsverbünden und dem überlagerten Baden-Württemberg-Tarif gelten nun wieder nicht weniger als drei unterschiedliche Tarifsysteme. „Die ehrenamtlichen Zugbegleiter des Fördervereins Ablachtalbahn bemühten sich zwar, den besten Preis zu ermitteln und zu verkaufen – aber unsere Fahrgäste haben zurückgespiegelt, dass der Tarif ziemlich unverständlich ist. Das gefährdet unsere Bemühungen um die Wiederbelebung der Bahn. Daher würden wir uns als Bahnbetreiber wie auch als Förderverein eine Fortsetzung beziehungsweise ein sehr einfaches und günstiges Nachfolgeangebot sehr wünschen. Die Leute wollen einfach losfahren, ohne über Tarifgrenzen nachdenken zu müssen. Beim Auto gelten ja auch nicht in jedem Landkreis eine andere Verkehrsregel oder Mautsystem.“

Plus beim Güterverkehr

Das Ziel, dass die Biberbahn stärker für den Gütertransport genutzt wird, sei erreicht worden, so von Meißner: „Die Stahlcoil-Züge für die Firma Tegometall fahren auf stabilem Niveau zwei bis drei Mal pro Woche nach Krauchenwies und Sauldorf und nehmen oftmals Holzverkehr-Wagen zur neu eingerichteten Ladestelle nach Krauchenwies mit. Ferner fahren wir regelmäßig lange Sonderzüge mit Rundholz von Krauchenwies nach Bayern. Sehr gefreut hat uns, dass die Ablachtalbahn seit dem Frühjahr für den durchgehenden internationalen Güterzug mit Zementrohstoffen von der Schwäbischen Alb aus Dotternhausen Richtung Singen und weiter in die Schweiz genutzt wird, wodurch das stark ausgelastete DB-Streckennetz entlastet wird. Dieser Zuglauf über die Ablachtalbahn soll in der Frequenz von zweimal auf bis zu dreimal wöchentlich erhöht werden. Daneben gebe es konkrete Überlegungen, in Abstimmung mit den Nachbarn in Schwackenreute die Ladestelle zu reaktivieren.

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