Die Zunftstube der Katzenzunft Meßkirch am Marktbrückle ist nicht nur ein gemütlicher Treff für die Mitglieder und ein Versammlungsort, sondern bewahrt Exponate auf, die ein Stück Zunftgeschichte präsentieren. Es sind sowohl die verschiedenen Kostüme der Zunft ausgestellt als auch Katzenmasken aus unterschiedlichen Jahren, welche die sanfte Veränderung über die Jahrzehnte hinweg vor Augen führen.

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Märchen über die Katze als Fastnetsfigur

Warum sich die Katze als Fasnetsfigur der Meßkircher Zunft herauskristallisierte, dafür gibt es zwar keine sicheren, jedoch ein paar plausible Erklärungen. „Mit der Zimmerischen Chronik hat es auf jeden Fall nichts zu tun“, widerspricht Armin Heim der immer wieder auftauchenden Behauptung. Dieses Märchen habe Hans Keller in die Welt gebracht, der eine Textstelle in der Chronik so deutete, als habe die Katze etwas mit Narren zu tun. Heim interpretierte die Textstelle, in der von der „Zunft der Speikatzen“ die Rede ist, in einer anderen Weise. Mit „Speikatzen“ seien spottfreudige Menschen gemeint. Und das Wort „Zunft“ dürfe man in diesem Kontext nicht wörtlich nehmen und auf die Fasnacht beziehen. Damit sei eine Gruppe von Spöttern gemeint. Und wenn die Katzenzunft im Jahr 1954 ihr 400-jähriges Bestehen gefeiert habe, so sei das damals als Gag gedacht gewesen.

Die Katze als Fasnachtskostüm war seit dem 19. Jahrhundert äußerst beliebt. Das zeigt die große Auswahl von Katzenköpfen aus Pappmaschee in den Katalogen der Masken-Fertigungsfirmen aus jener Zeit. Diese hätten jedoch mit der Meßkircher Katzen-Maske nichts zu tun, wie Andreas Reutter bei der diesjährigen Narr-Akademie erläuterte. Katzen-Larven seien wahrscheinlich wegen der beliebten Katzenmusik gefragt gewesen. Die Tradition entstamme der 1848er-Revolution, als die Bürger damit ihren Unmut gegenüber der Obrigkeit äußerten. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seien Narren früh morgens in der Fasnacht mit Instrumenten loszogen, um zu musizieren. Das Interessante dabei ist, dass sie sogar auf Instrumenten aus Pappmaschee spielten, wie Reutter erzählte. Leider seien nur wenige davon erhalten.

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Narrenspruch „Horig, horig isch dia Katz“

Der in der schwäbisch-alemannischen Fasnacht beliebte Narrenspruch „Horig, horig isch dia Katz“ habe ebenfalls zur Beliebtheit der Katzen-Masken beigetragen. In den 1870er Jahren taucht er in der Zeitung als Spruch der Meßkircher Fasnacht auf. Wie Armin Heim erzählte, waren im Jahr 1935 oder 1936 vier Personen der Familie Schwanz mit schwarzen Katzenköpfen als Schnurrergruppe unterwegs. Einer dieser Köpfe ist noch erhalten und kann im Zunfthaus begutachtet werden.

Ab 1935 ist in Meßkirch ein Zepter mit Katzenkopf dokumentiert. „Es ist bis heute ein Rätsel, wie es nach Meßkirch kam“, erläuterte Armin Heim. Vielleicht bildete es den Stiel eines Regenschirms, vielleicht war es ein Souvenir aus Paris. Darüber lässt sich spekulieren. Möglicherweise trug das Zepter jedoch dazu bei, dass sich in Meßkirch die Katzenzunft etablierte.

Die Vorgängermasken der Nasenschleifer: Loschore mit den großen Ohren, Triele mit herunterhängenden Mund- und Augenwinkeln, der Kuinzige ...
Die Vorgängermasken der Nasenschleifer: Loschore mit den großen Ohren, Triele mit herunterhängenden Mund- und Augenwinkeln, der Kuinzige mit dem verschmitzten Lachen und der Glotzer mit den weit aufgerissenen Augen. | Bild: Michelberger, Isabell

Zu den ebenfalls interessanten Masken der Meßkircher Zunft zählen die vier Nasenschleifer-Masken, die beispielhafte Charaktere der Region zum Ausdruck bringen: der „Loschore“ mit den großen Ohren, der „Triele“ mit den eingefallenen Gesichtszügen, der „Glotzer“ mit den weit aufgerissenen Augen und der „Kuinzige“ mit dem verschmitzten Lachen. Ihren ersten Auftritt hatten die vier Figuren auf einer Versammlung der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) in Mühlheim. Erstaunlicherweise kamen die Meßkircher Nasenschleifer beim Gremium nicht gut an. Der Grund habe wohl darin bestanden, dass die Holzmasken in der Schnitzerei Schlosser in Eigeltingen gefertigt worden seien. Trotzdem behielten die Meßkircher zehn Jahre lang die Masken, bevor sie durch neue ersetzt wurden.

Das Handwerkszeug und die Rohlinge des Maskenschnitzers Roland Kleiner.
Das Handwerkszeug und die Rohlinge des Maskenschnitzers Roland Kleiner. | Bild: Michelberger, Isabell

Das Maskenschnitzen liegt seit Jahrzehnten in der Hand der Familie Kleiner

Die Zunft äußert sich glücklich darüber, dass das Schnitzen der Meßkircher Katzenmaske über Jahrzehnte hinweg nahezu in der Hand einer Familie liegt, der Familie Kleiner – und das durch einen glücklichen Zufall. Der Erste, der das Holzschnitzmesser in den 1940er Jahren an die Katzenmasken ansetzte, war der Freiburger Stefan Vieracker. Er kam aus der ausgebombten Stadt zu seinen Verwandten, der Familie des Weinhändlers Kempf in der Meßkircher Grabenbachstraße.

Nach dem Krieg hatte sich unter den französischen Besatzungssoldaten herumgesprochen, dass Vieracker ein geschickter Holzschnitzer ist. Dadurch erhielt er zahlreiche Aufträge, um kleine Objekte herzustellen, welche die Soldaten als Souvenir ihren Frauen nach Hause schickten. Als er mit seinen Auftragsarbeiten nicht mehr nachkam, forderte Vieracker von den Franzosen einen Mitarbeiter. Der Holzschnitzer wusste bereits genau, wen er haben wollte, und zwar den Waldarbeiter Erwin Kleiner. Daraufhin gingen die Franzosen zu Kleiner und sagten: „Du travail Monsieur Vieracker.“ Dies erzählte sein Sohn Roland Kleiner bei der Narr-Akademie. So wurde der Vater zum Mitarbeiter von Stefan Vieracker. Als dieser Meßkirch verließ, arbeitete Erwin Kleiner als Maskenschnitzer für die Zunft weiter.

Roland Kleiner, der die Tätigkeit von seinem Vater übernommen hatte, beschrieb den Arbeitsprozess. Als Ausgangsmaterial nehme er acht Jahre gelagertes, verleimtes Lindenholz, damit sich die Maske nicht mehr verziehe. Zur Narr-Akademie lagen ein paar Katzenmasken aus, welche die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte veranschaulichten. Markant wirken durchgängig die großen gelben Augen, die nach oben weisenden Stirnfalten und die stilisierten Schnurrhaare. Während bei den ersten Masken die Schnitte der Schnitteisen noch zu sehen sind, verfügen die heutigen Masken über eine glatte Oberfläche. Der Gelbton mancher alter Masken entstand durch das Altern des Lacks.

Insgesamt sind bisher etwa 500 Katzenmasken hergestellt worden, schätzt Zunftmeister Holger Schank vage. Etwa 130 Katzen laufen aktuell noch bei Umzügen mit. Es gebe immer mal Engpässe beim Material oder Zubehör für neue Kostüme, doch fänden sich auch stets Lösungen. „Vor Jahren konnten wir nirgends den blauen und gelben Samt für das Letzkopf-Kostüm finden, da die Farben nicht in Mode waren“, berichtet Holger Schank. Doch nun sei er wieder zu erstehen. Nach wie vor seien die Katzen beliebt bei den Umzügen, da sie durch ihre Schlichtheit, die edle Maske und den Klang der Glocken elegant wirken.