Spürbar war das befreite Aufatmen beim Meßkircher Kreutzerchor, dessen Chorleiter und Vorstand, dass nach drei Jahren des erzwungenen Verstummens endlich am Sonntag wieder zu einem Konzert in die renovierte und in neuem Glanz erstrahlende Martinskirche eingeladen werden konnte. Bärbel Hermann, die Vorsitzende des Kreutzerchors, begrüßte Besucher, Orchester, Solisten und den Dirigenten zu einem „außergewöhnlichen Termin“. Da nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre niemand wisse, ob im Herbst wegen der Entwicklung der Pandemie und voraussichtlicher Einschränkungen ein Konzert möglich sein werde, habe man diesen Termin im Sommer gewählt. Sie dankte dem Bürgermeister und den Sponsoren für ihre tatkräftige Unterstützung dieses Unternehmens.
Solistenquartett integriert
Neben und mit dem Chor sang ein Solistenquartett, es spielte die „Capella Novanta“, es dirigierte der Chorleiter Franz Raml. Unter dem Titel „Chormusik aus Wien“ erklang als Hauptwerk die Messe in C-Dur op. 48 (D 452) von Franz Schubert, die der Neunzehnjährige 1816 komponierte, seinem Lehrer Michael Holzer widmete und in der Lichtentaler Pfarrkirche aufführte.
Bearbeitungen von Franz Raml

Eingeschoben in die fünf obligatorischen Messeteile waren das „Lobe den Herren“ eines anonymen Autors, weitere Werke von Schubert aus den Jahren 1815 und 1816 wie „Christ ist erstanden“ aus Goethes „Faust“ (D 440), das Salve Regina für Sopran und Streicher (D 233) und das Tantum ergo in C-Dur (D 461) sowie von Wolfgang Amadeus Mozart das bekannte und beliebte „Ave verum corpus“. Franz Raml hatte Bearbeitungen vorgenommen und Stimmen ergänzt. Im Orchester fehlten die von Schubert nicht vorgesehenen Bratschen. Dafür entschied sich der Dirigent für die dritte Fassung mit den Trompeten und Pauken und den nach Schuberts Tod vom Bruder Ferdinand eingefügten Holzbläsern.
Chor mit dem gewohnten Engagement
Wegen der langen Singpause hat sich der Chor verkleinert, nicht alle Sänger kehrten nach der Zwangspause wieder zurück, einige sind aus beruflichen Gründen weggezogen. Zudem fehlten einige Sänger und Sängerinnen wegen Krankheit. Der Chorleiter hat nach Auskunft des Chores die wegen der langen Pandemiepause „eingerosteten“ Stimmen behutsam wieder auf das alte Niveau gebracht. Und so sang der Chor mit dem gewohnten Engagement, der Sopran meisterte auch die von Schubert verlangten hohen Töne, was umso mehr zu würdigen ist, als der Kammerton seit Schuberts Zeiten ziemlich noch oben gestiegen ist.
Das Gesangsquartett bestand aus Clemens Morgenthaler (Bass), Professor für Gesang an der Musikuniversität Vorarlberg in Feldkirch und Dozent an der Hochschule für Musik in Trossingen, und seinen Schülerinnen Anjulie Hartrampf (Sopran), Karoline Streibich (Alt) und seinen Schüler Jonas C. Bruder (Tenor). Alle haben schon Erfahrungen mit Auftritten in den Ländern rund um den Bodensee gemacht und traten entsprechend sicher auf. Das Solistenquartett ist vom Komponisten in den Chor integriert, singt mit oder mit ihm abwechselnd seinen Part und sorgt für Nuancen und Gegensätze im Gesamtklang. Der Sopran als oberste Stimme erfreute mit einer jugendlichen und frischen Stimme und hatte im Salve Regina auch eine Solopartie. Der Alt und die beiden Männer hatten es daneben naturgemäß etwas schwerer zu glänzen, trugen aber durch den homogenen Klang ihren Teil zum Gelingen der Aufführung bei.
Capella Novanta frisch und mit erstaunlicher Klangfülle

Auch die Capella Novanta, von dem Geiger und Musikpädagogen Günther Luderer 1990 gegründet, ein Ensemble, in dem sich professionelle Musiker aus Süddeutschland, die sich Musizierpraxis und Spieltechniken des 18. Jahrhunderts auskennen, projektbezogen und in variabler Besetzung zusammenfinden, musizierte frisch und mit erstaunlicher Klangfülle.
Rosen für Dirigenten, Solisten und Solistinnen

Franz Raml dirigierte ebenso lebendig wie sicher das aus so verschiedenartigen Gruppen zusammengestellte Ensemble. Das knapp einstündige Konzert wurde vom Publikum mit viel Beifall bedacht. Die Chorleitung überreichte den vier Solisten und Solistinnen sowie dem Chorleiter und Dirigenten Rosen. Dafür bedankten sich die Musizierenden mit der Wiederholung des „Dona nobis pacem“ von Schubert, angesichts der aktuellen politischen Lage eine angemessene Bitte um Frieden.
Kreutzerchor Meßkirch
Der Kreutzerchor Meßkirch ist ein Laienchor. Ziel des Chores ist es, unter qualifizierter Leitung geistliche und weltliche Chormusik sowohl a capella als auch mit Begleitung aufzuführen. Die Konzerte finden hauptsächlich in der St. Martins-Kirche oder im Schloss Meßkirch statt. Auf eine mehr als 170-jährige Tradition kann der Kreutzerchor zurückblicken. 1847 unter der Bezeichnung „Singverein“ als reiner Männerchor gegründet, widmet sich die Chorgemeinschaft – seit 1930 schlicht und einfach in „Kreutzer-Chor“ umbenannt – nunmehr als gemischter Chor ansprechender Chorliteratur. Seit März 2012 steht der Chor unter der Leitung von Franz Raml.
Conradin Kreutzer, der Namensgeber des Chors wurde am 22. November 1780 in der Talmühle bei Meßkirch geboren. Der Musiker, Dirigent und Komponist starb am 14. Dezember 1849 in Riga. Conradin Kreutzer war wie Louis Spohr oder Albert Lortzing ein typischer Vertreter der Frühromantik und des musikalischen Biedermeier, wie es im Internet-Lexikon Wikipedia heißt. Zu seinen bis heute bekannten Werken gehören die Oper „Das Nachtlager in Granada“ und die Schauspielmusik zu Ferdinand Raimunds „Verschwender“ (insbesondere das „Hobellied“). (sk)