Exakt um 20.54 Uhr gab die Alno AG am Dienstagabend bekannt, dass sie beim zuständigen Amtsgericht Hechingen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit stellen wird. "Die Tochtergesellschaften Gustav Wellmann GmbH & Co. KG und Alno Logistik & Service GmbH werden ebenfalls in den Antrag einbezogen", heißt es in der Mitteilung. Alle übrigen in- und ausländischen Tochtergesellschaften einschließlich der Pino Küchen GmbH sind von dem Insolvenzantrag nicht betroffen.

Der Geschäftsbetrieb läuft nach Unternehmensangaben insgesamt unverändert weiter. "Der Vorstand der Alno AG hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil in den mit potenziellen Investoren und Gläubigern geführten Verhandlungen zuletzt keine Einigung erzielt werden konnte", begründet der Küchenmöbelhersteller im 90. Jahr seines Bestehens den Gang zum Insolvenzgericht.

 

Pressemitteilung

"Mit Anträgen auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, die beim Amtsgericht Hechingen gestellt werden, will der Vorstand der Alno AG die zum Jahresbeginn eingeleitete Sanierung fortsetzen und den Turnaround absichern. Trotz der operativen Erfolge (..der seit Anfang 2017 umgesetzten Restrukturierungsmaßnahmen im Alno-Konzern, die Redaktion) ist der Vorstand aufgrund der hohen Finanzverbindlichkeiten und der damit verbundenen Zinsbelastung gehalten, einen Antrag auf Eigenverwaltung zu stellen. Zuletzt konnte in den mit potenziellen Investoren und Gläubigern geführten Verhandlungen keine Einigung erzielt werden. Sollte das Amtsgericht ein vorläufiges Verfahren in Eigenverwaltung eröffnen, bleibt der Vorstand unverändert in der Geschäftsführung und ist voll handlungsfähig."
 

Sanierungskurs soll fortgesetzt werden


Der Anfang des Jahres eingeschlagene Sanierungskurs soll innerhalb des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung unter Führung des bisherigen Vorstands fortgesetzt werden, das heißt unter Federführung von Christian Brenner, der Ende Mai den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Max Müller in diesem Amt ablöste. Aufgrund der hohen Finanzverbindlichkeiten und der damit verbundenen Zinsbelastung habe man die Planinsolvenz beantragen müssen.

Christian Brenner hatte als Vertreter des neuen Mehrheitsaktionärs, der Tahoe Investor GmbH, in den vergangenen Monaten mit eisernem Besen am Stammsitz Pfullendorf gekehrt. So wurde nach Informationen des SÜDKURIER allen Subunternehmen wie beispielsweise Reinigungsdiensten und vielen mehr in den vergangenen Wochen gekündigt. Und im Handelsregister wurden beim Amtsgericht Ulm für den Landkreis Sigmaringen für neun Mitglieder der oberen Managementebene die Löschung ihrer Prokura mitgeteilt.

Warum die ausländischen Tochterfirmen wie Alno Schweiz oder AFP nicht von dem Insolvenzverfahren betroffen sind, könnte mit den Verkaufsplänen für Teile dieser Unternehmen zusammenhängen. So soll Ex-Vorstandschef Max Müller an einer Übernahme der Forster Küchen interessiert sein. Dieser Plan könnte nach Angaben von Experten auch in Zusammenhang mit Darlehen stehen, die Müller über die Investmentfirma Comco an die Alno gegeben hat. Im Geschäftsbericht 2015 ist vermerkt, dass die Rückzahlung von 8,1 Millionen Euro mehrfach verlängert und auf 31 Juli 2017 festgesetzt wurde. Desweiteren hält der Ex-Vorstandschef mit seiner Familie am Alno-Grundkapital von 75,594 Millionen Euro noch 6,19 Prozent. Das finanzielle Engagement von Müller soll sich auf etwa 15 Millionen Euro belaufen.

Absolut schockiert zeigte sich am Dienstagabend Bürgermeister Thomas Kugler, als er vom SÜDKURIER über die Entwicklung des einstigen Vorzeigeunternehmens informiert wurde. Am Stammsitz in Pfullendorf sind noch knapp 650 Mitarbeiter beschäftigt. "Wir haben die verdammten Kosten in den vergangenen Jahren einfach nicht in den Griff bekommen", erklärte ein Arbeitnehmervertreter. Mit dem angekündigten Insolvenzverfahren wird auch klar, dass die finanzielle Situation beim Küchenmöbelhersteller katastrophal war und auch deshalb die Veröffentlichung des Geschäftsergebnisses 2016 immer wieder verschoben wurde.