Sie stehen mit viel Optimismus, Energie und Freude in den Startlöchern: Stephanie Schraudolf, Sarah Schottelius sowie das Team Evelyn Pfleghaar und Martina Schmidt wollen in Pfullendorf in den nächsten Wochen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Der SÜDKURIER, der als Medienpartner bereits den Pfullendorfer Gründerwettbewerb unterstützt hat, stellt die Motivationen, Ziele und Ideen der Gründerinnen vor.
Stephanie Schraudolf: Jenseits der billigen Massenware
Im ganz persönlichen Nähstüble von Stephanie Schraudolf fühlt sich der Besucher sofort wohl: Leuchtend-bunte Stoffe, farbenfrohe Kleider und Taschen verbreiten fröhliche Stimmung. Auf dem Tisch sind Schnittmuster ausgebreitet – eine rosafarbene Kindertasche mit witzigen Motiven entsteht gerade ebenso wie ein Jeansrock mit Blumen. „Kreativ zu sein macht mir einfach Spaß“, sagt die fröhliche Aach-Linzerin lachend. Wichtigstes Utensil ist natürlich die Nähmaschine. Die Liebe zum Nähen ist bei Schraudolf bereits zu Schulzeiten in der Heimschule Kloster Wald entfacht. Dort hatte sie sich dazu entschieden, neben dem Abitur auch die Schneiderinnenlehre zu absolvieren. Noch genau erinnert sie sich im Gespräch mit dem SÜDKURIER an ihr Gesellenstück, ein Kostüm mit Rock und Blazer.

Nach dem Abitur hatte Stephanie Schraudolf zunächst eine andere Richtung eingeschlagen: Sie studierte Agrarwissenschaft in Hohenheim. Doch die Leidenschaft für das Nähen ließ sie niemals los und so begann sie in den vergangenen Jahren, in denen ihre drei Kinder geboren wurden, wieder kreativ mit Stoffen und Materialien zu arbeiten. „Ich schätze am Nähen, dass man relativ schnell etwas Schönes erschaffen kann“, beschreibt sie.
„Ich schätze am Nähen, dass man relativ schnell etwas Schönes erschaffen kann.“Stephanie Schraudolf
Was sie erschafft, sind außergewöhnliche, kreative Unikate, die sich abheben von der billigen Massenware, die derzeit am Markt ist. Auf Messen nach dekorativen Stoffen schauen, das liebt Stephanie Schraudolf, deren Selbstständigkeit unter dem Logo „Steffis Wunderkiste – das kreative Nähatelier“ firmiert. Das schon beschriebene Atelier ist derzeit allerdings nur eine Übergangslösung: ein Zimmer in der Wohnung der Familie in Aach-Linz.
Aktiv ist die Jungunternehmerin auf der Suche nach einem Atelier – am liebsten in der Innenstadt in Pfullendorf. „Ich brauche nicht besonders viel Platz, 50 Quadratmeter würden für den Anfang ausreichen“, schildert sie. Dort will sie nicht nur Näharbeiten anbieten, sondern ihr Wissen auch bei Nähkursen weitergeben. „Gerne auch für Kinder ab etwa sechs oder sieben Jahren“, sagt Schraudolf. Schöne Stoffe und kleine Geschenke soll es bei der „Wunderkiste“ zu kaufen geben. „Ich war überrascht“, sagt die Aach-Linzerin über ihren zweiten Platz beim Pfullendorfer Gründerwettbewerb, der ihr zusätzliche Motivation beim Start in die Selbstständigkeit gibt.
Sarah Schottelius: Sie deckt Bedarf für weitere zahnärztliche Versorgung
Energiegeladen bis in die Fingerspitzen steht Sarah Schottelius in den Startlöchern zur Selbstständigkeit. Auch sie hat beim Gründerwettbewerb mitgemacht. Schottelius hat in Tübingen Zahnmedizin studiert und zuletzt in einer Praxis in Überlingen gewirkt. „Die Teamarbeit hat mir immer Spaß gemacht, ich hatte tolle Chefs“, erzählt sie. Doch im Laufe der Zeit reifte in ihr zunehmend der Wunsch, eine eigene Praxis zu eröffnen – und das am liebsten in ihrer Heimat Pfullendorf. Wie Selbstständigkeit funktioniert, durfte Sarah Schottelius bereits in ihrer Kindheit hautnah miterleben: Ihre Eltern führten in Pfullendorf eine Apotheke. Um ihr Wissen zu vervollständigen, hat sie sich Tipps bei professionellen Beratern, etwa im Bereich Betriebswirtschaft, geholt. Eine wichtige Voraussetzung für die Eröffnung einer eigenen Praxis sei gewesen, dass sie erfahren habe, dass in Pfullendorf Bedarf für weitere zahnärztliche Versorgung bestehe, berichtet Schottelius. „Auf einen Zahnarzt kommen derzeit rund 2700 Bürger“, sagt sie.

Ende 2018 hatte Schottelius die Räume in der Bahnhofstraße zum ersten Mal besichtigt. Sofort gefallen hat ihr dabei der Blick auf den Stadtsee und das viele Grün darum herum, das ihr selbst und den Patienten schöne Ausblicke beschert. Drei zahnmedizinische Fachangestellte wird die Zahnärztin zunächst beschäftigen. „Auf Dauer könnten es auch mehr werden“, verrät sie optimistisch. Auch mit weiteren Zahnärzten in der Praxis zusammenzuarbeiten, kann sie sich vorstellen – doch das ist erst einmal Zukunftsmusik.
„Mir war ab ab und zu schon einmal bange. Aber alle haben mit Mut gemacht.“Sarah Schottelius
Zu den persönlichen Voraussetzungen für die Selbstständigkeit gehört die Unterstützung, welche die Jungunternehmerin im engsten Umfeld erfährt. Ehemann Christian Roosen, Industriemechatroniker, Berufspilot und selbstständiger Unternehmer, bringt sein Fachwissen an allen Ecken und Enden ein. Wer die vielen Kabel in den vier Behandlungszimmern, die zahlreichen Monitore, das High-End-Röntgengerät und die hochtechnisierte Ausstattung des Labors sieht, kann abschätzen, wie wertvoll diese Hilfe ist.

Von der sicheren Entsorgung von etwaigen Amalgam-Resten im Abwasser bis hin zum strahlenarmen Röntgengerät – eine hochmoderne Praxis zu führen, stellte das Ehepaar vor große technische Herausforderungen. „Wir haben viele Daten mit der Hand eingepflegt“, berichtet Schottelius. Beim Schritt in die Selbstständigkeit helfen neben Ehemann Christian auch ihre Eltern, denn bei all dem Trubel um die Praxiseröffnung dürfen auch die beiden Töchter, zwei und sechs Jahre alt, nicht zu kurz kommen.
Einige Investitionen sind für die Praxis vonnöten. „Mir war ab ab und zu schon einmal bange“, verrät Sarah Schottelius. Doch der Optimismus hat immer wieder Oberhand gewonnen. „Alle haben mir Mut gemacht“, freut sie sich über den großen Zuspruch in ihrem Umfeld. Am Montag, 19. August, soll es soweit sein: „Dann will ich in meiner eigenen Praxis stehen.“
Gründerwettbewerb
Evelyn Pfleghaar und Martina Schmidt: Auf die Füße kommt es an
In ihrer eigenen Praxis stehen wollen im Oktober auch Evelyn Pfleghaar und Martina Schmidt. Die beiden Podologinnen freuen sich auf ihren Einzug in der Schulstraße in Pfullendorf. Für die Verwirklichung ihres Traumes nimmt Evelyn Pfleghaar über 30 Kilometer Anfahrtsweg aus der Stockacher Gegend nach Pfullendorf in Kauf; Martina Schmidt pendelt aus Owingen ein. Kennengelernt haben sich die beiden im Jahr 2016, als sie in Radolfzell die Ausbildung zur Podologin absolvierten. Bislang muss diese zweijährige Ausbildung aus der eigenen Tasche finanziert werden. „Da es jedoch zu wenige Podologinnen gibt, denken einige Bundesländer derzeit um“, berichtet Schmidt. Unter anderem in Bayern sei die Ausbildung bereits kostenfrei.

Dass viele den Beruf mit dem einer medizinischen Fußpflege verwechseln, erleben beide häufig. Tatsächlich kümmert sich eine Podologin um die nichtärztliche Heilkunde am Fuß. So kommen zum Beispiel Diabetiker mit Folgeschäden am Fuß in eine solche Praxis. Auch Fehlstellungen, wie der Hallux valgus, werden behandelt, ebenso Hühneraugen oder Pilzerkrankungen. „Meine jüngste Patientin war drei Wochen alt“, berichtet Martina Schmidt. In der Regel sind es Senioren, die für ihre Fußprobleme auf Linderung hoffen.
„Meine jüngste Patientin war drei Wochen alt.“Martina Schmidt
Über den ersten Platz beim Gründerwettbewerb haben sich beide sehr gefreut. Auch die beiden Podolginnen müssen eine für sie nicht geringe Summe in die Hand nehmen, um den Traum von der eigenen Praxis wahr werden zu lassen. Jede soll ein eigenes Behandlungszimmer bekommen, Geräte müssen angeschafft werden und auch die strengen Hygienevorschriften erfordern einiges an Technik.
Die künftigen Praxisräume wurden bislang als private Wohnung genutzt. Deshalb ist ein Umbau vonnöten. Derzeit streichen die beiden tüchtigen Jungunternehmerinnen die Wände, bevor es dann so richtig „ans Eingemachte“ gehen wird. Dazu ist noch eine Unterschrift der Stadt Pfullendorf auf einer ausstehenden Genehmigung notwendig. „Sie soll aber Ende August da sein“, freut sich Martina Schmidt, denn die beiden wollen ordentlich Gas geben, damit es ab Oktober heißt: „Zeigt her eure Füße!“
