Decke, Sonnenschirm und Kühltasche brauchen sie nicht: Wolfgang Bosch und Claus Willms aus Pfullendorf kommen nur zum Schwimmen ins Waldfreibad – und zwar fast täglich. Die Strecke, die sie in einer Badesaison im Wasser zurücklegen, ist enorm.
Um 10 Uhr vor dem Eingangstor
Wenn an Werktagen um 10 Uhr das Freibad öffnet, stehen die beiden Stammgäste mit ihrer Dauerkarte schon vor dem Eingangstor. Auch niedrigere Außentemperaturen halten die Männer nicht davon ab, ihre Bahnen zu ziehen. „Da muss es schon richtig stark regnen oder gewittern, dass ich nicht komme“, sagt Bosch, der das Personal beim Eintritt ins Freibad freundlich grüßt – er kennt die Mitarbeiter, sie kennen ihn. Fast 50 Mal war Bosch seit Saisonbeginn Mitte Mai im Freibad, Willms nicht ganz so oft. Aber vergangenen Donnerstag sind die Freunde, die schon gemeinsam im Kindergarten Obertor waren und hinterher die Volksschule besuchten, bei sommerlichen Temperaturen wieder verabredet – so wie seit vielen Jahren, in denen sie ihre Leidenschaft für das Schwimmen teilen.
Erst spät das Schwimmen gelernt
Die Rentner sind nicht ganz alleine, weil weitere Frühbader, Schulklassen und Bundeswehrsoldaten den Morgen nutzen, um schwimmen zu gehen. „Wir hoffen natürlich, dass es das Freibad in Pfullendorf so lange wie möglich gibt“, sagt Willms, der vier Jahrzehnte lang Trainer im Schwimmverein war, der vor einigen Jahren aufgelöst wurde. Seine Enkelkinder haben ihm eins voraus: Sie lernten schon in der Grundschule das Schwimmen, Willms – genau wie Bosch – erst im Alter von zwölf Jahren. „Damals gab es noch keinen Schwimmunterricht. Und so brachten wir uns das Schwimmen im Lausheimer Weiher bei“, ergänzt Wolfgang Bosch.

Von Pfullendorf bis nach Ulm
Das Schwimmbecken ist für ihn und Claus Willms wie ihr Wohnzimmer. Bosch schwimmt im Kraulstil täglich mindestens 20 Bahnen – also ein Kilometer – in maximal 25 Minuten. Er gleitet förmlich im Wasser, braucht wenig Kraft, wenig Anstrengung. Die deutlich jüngeren Soldaten neben ihn überholt er mühelos. Wenn die Saison nach den Sommerferien endet, wird Bosch voraussichtlich auf 100 Besuche kommen, an denen er jeweils einen Kilometer schwimmt. Das sind in Summe etwa 100 Kilometer im Wasser, was einer Entfernung von Pfullendorf nach Ulm entspricht.
„Nein, ich schwimme nur noch halb so viel wie früher, aber dafür doppelt so schnell.“Claus Willms, Frühbader
Etwa die gleiche Strecke legt Claus Willms zurück, obwohl er auf weniger Besuche kommt. Doch Willms hat Tage, an denen er gut und gerne 2000 Meter schwimmt – kraulend und im Bruststil. Ein Bekannter hatte ihn neulich gefragt, ob er mit 74 Jahren immer noch so verrückt sei wie früher als junger Bursche. Willms‘ humorvolle Antwort: „Nein, ich schwimme nur noch halb so viel wie früher, aber dafür doppelt so schnell.“ Wasser ist für ihn ein Lebenselixier geblieben. „Wahrscheinlich nehme ich das Freibad mit in mein Grab“, ergänzt er.
Viele Wettbewerbe
Die beiden Freunde blicken indes auf ihre Karriere als aktive Schwimmer zurück. Sie waren schon bei den deutschen Seniorenmeisterschaften in Berlin, nahmen an zahlreichen Wettbewerben teil, brachten viele Medaillen mit nach Hause. Beim Schwimmen im Becken sprechen sie aber nicht über die alten Zeiten. Sie absolvieren stattdessen ihr Pensum, schwimmen immer mit dem gleichen Abstand hintereinander her.
Gut für die Gesundheit
Ganz uneigennützig treffen sich die beiden aber nicht im Freibad. Schwimmen fördert auch die Gesundheit. „Jeder Arzt rät seinen Patienten dazu, schwimmen zu gehen“, sagt Wolfgang Bosch. Und Claus Willms ergänzt: „Beim Schwimmen wird die gesamte Muskulatur beansprucht.“ Schwimmen sei gut für den Blutdruck, gut für den Kreislauf – also im Grunde genommen die beste Medizin für ein langes Leben. „Und natürlich ist es gut für die Gemeinschaft“, sagt Wolfgang Bosch.
Im Winter in den Hallenbädern
Beide verbindet aber nicht nur das Frühbaden, sondern alles, was sie seit dem Kindergarten miteinander erlebt haben. Mit dem Ende der Badesaison stellen sie ihr Hobby indes nicht ein. In den Wintermonaten fahren die beiden Männer in die Hallenbäder nach Bad Saulgau oder Mengen. „Da schwimmen wir oft noch viel längere Strecken“, sagt Wolfgang Bosch. Doch nach dem Interview mit dem SÜDKURIER müssen sie sich sputen. „Jetzt müssen wir die verlorene Zeit wieder aufholen“, sagt Claus Willms, der seinem zwei Monate älteren Freund den Vortritt ins Becken lässt.