Der Insolvenzantrag der Alno AG hat gestern zu einem Einbruch des Aktienkurses geführt. Für 15 Cent konnten Interessierte eine Aktie kaufen. Altaktionäre, die beim Börsengang vor 22 Jahren dabei waren, haben im Prinzip einen Totalverlust erlitten. Auch Ex-Vorstandschef Max Müller, der mit seiner Familie sechs Prozent des Grundkapitals hält, muss wohl einige Millionen Euro abschreiben. „Ich schlafe schlecht“, bekannte der Geschäftsmann gestern im SÜDKURIER-Gespräch, in dem er die aktuelle Entwicklung nicht kommentieren wollte, da er keine Ämter mehr habe. Eine klare Antwort gab es von ihm zu den Gerüchten, dass er ein Kaufangebot für die Forster-Küchen abgegeben habe: „Ich unterstütze die Investorensuche für Forster, und beteilige mich eventuell.“
Auch nicht gut geschlafen hat Waltraud Klaiber, Vorsitzende des Betriebsrates und stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates, der mit dem Vorstand den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Hechingen stellte. Sie bestätigte, dass Gespräche mit potenziellen Investoren für eine Zwischenfinanzierung des klammen Konzerns gescheitert sind. „Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir mit unserer Küchenproduktion Geld verdienen können“, sieht Klaiber in dem kommenden Insolvenzverfahren eine Chance. Aber man müsse den eingeschlagenen Restrukturierungskurs rigoros weiterverfolgen: „Entscheidend ist, das verloren gegangene Vertrauen der Händler, Verbände und Verbraucher wieder zu gewinnen.“
Nach Informationen des SÜDKURIER kommt es im Handel vermehrt zu Annahmeverweigerungen von unvollständigen Küchenlieferungen und es gebe Regressforderungen aus Vereinbarungen mit Einkaufsverbänden, weil man die zugesicherte Lieferzeit von drei Wochen für Küchen nicht einhalte. Des Weiteren fordern laut Insidern Verbände bereits zum Halbjahr anteilige Jahresboni ein, die sonst immer zu Beginn des Folgejahres für das abgelaufene Geschäftsjahr liquiditätswirksam eingefordert wurden.
Waltraud Klaiber bestätigt, dass vielen Subunternehmen gekündigt wurde und bei der jüngsten Entlasswelle im Verwaltungsbereich auch viele hochrangige Angestellte gehen mussten. „Wen brauchen wir?“, lautete die Maxima beim Personalabbau, und so habe es auch viele „Häuptlinge“ getroffen. Jetzt müsse der rigorose Sparkurs fortgesetzt werden und die Verschleuderung von Geld aufhören. Auf die Frage, welche Bereiche sie denn meint, nennt Klaiber die Fixkosten, betriebliche Aufwendungen und besonders das Auslandsengagement müsse überprüft werden. Sie habe bei Sitzungen des Aufsichtsrates diese Position in Bezug auf Forster, Piatti und Tielsa mehrfach vorgetragen. „Es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen“, antwortet sie auf die Frage, warum die Arbeitnehmervertreter den neuerlichen Sparkurs mittragen. Nach ihren Angaben ist kein weiterer Personalabbau geplant. Am morgigen Freitag, 12.30 Uhr, werden die Beschäftigten bei einer Mitarbeiterversammlung über die Situation informiert. Die Pfullendorfer Betriebsratschefin bestätigt, dass man im Kontakt mit der Arbeitnehmervertretung der gleichfalls von der Insolvenz betroffenen Wellmann KG stehe und die Kollegen die Entwicklung mit dem Wort „furchtbar“ kommentierten.
Klar ist, dass die Unternehmensleitung dem Amtsgericht neben dem Insolvenzantrag auch einen Sanierungsplan vorlegen muss und dann wird entschieden, ob das Verfahren wie von Alno gewünscht, in Eigenverantwortung durchgeführt wird. Das heißt, der aktuelle Vorstand bleibt voll handlungsfähig. Sollte das Verfahren eingeleitet werden, erhalten die Mitarbeiter maximal drei Monate das sogenannte Insolvenzgeld. Das bedeutet, dass die Alno drei Monatsgehälter oder rund 20 Millionen Euro einspart und das Geld beispielsweise für Materialeinkäufe einsetzen kann. Gläubiger müssen abwarten, welche Quote entsprechend der Schulden- und Vermögenslage des Konzerns festgelegt wird und wenn dies zehn Prozent betragen würde, erhält jemand statt 10 000 Euro nur noch 1000 Euro.
Stellungnahmen des Großaktionärs Tahoe Investors und von Ex-Alno Chef Max Müller
In einer Presseerklärung hat sich der neue Mehrheitsaktionär, die Tahoe Investors GmbH, zum Insolvenzantrag der Alno AG geäußert. Man bedauere, dass der Vorstand einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung stellen musste. "Die nunmehr beabsichtigte Sanierung sehrn wir jedoch als Chance. Um weiterhin den Geschäftsbetrieb nachhaltig aufrechtzuerhalten, sind jetzt alle Stakeholder gefordert, die Alno AG aktiv aktiv zu unterstützen", appelliert Tahoe an die Gläubiger.
Einer, der im vergangenen Jahrzehnt eine exponierte Stellung in der Unternehmensleitung inne hatte, ist Ex-Vorstandschef Max Müller, der von 2011 bis Mai 2017 die Geschicke der Alno AG lenkte und dann von Christian Brenner abgelöst wurde. Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärte Müller gestern, dass er zu den Beweggründen bezüglich des Insolvenzantrages nichts sagen könne, da er keine Ämter mehr inne habe. Eine deutliche Antwort gab es von dem 71-Jährigen auf die Frage, wie es um sein finanzielles Engagement bei der Alno AG stehe, das mit Aktienkäufen und Darlehen auf rund 15 Millionen geschätzt wird: "Sie können mir glauben. Ich schlafe schlecht!" Müller bestätigte, dass er bei der Käufersuche für die Forster-Küchen involviert sei und sich gegebenenfalls selbst an dem Unternehmen beteilige. (siv)