Das Bahnareal bildete eine Barriere zwischen den Wohn- und Gewerbebereichen im Norden, dem direkten Zugang zur freien Landschaft und zum Seepark im Südwesten der Stadt. Als verbindendes Element wurde ein „grünes Band“ konzipiert, das von den Sportanlagen im Tiefental bis zum Freizeit- und Erholungszentrum Seepark führt. „Die Stadt will an dieser städtebaulich hochsensiblen Fläche inhaltlich wie städtebaulich-architektonisch die Qualitäten der in Teilen abgeschlossenen Innenstadtsanierung fortsetzen“, gab Bürgermeister Thomas Kugler als Zielvorgabe aus.

Das Areal erstreckt sich mit 1,4 Kilometern entlang der Landesstraße, wobei die Bahnstrecke seit 1973 nicht mehr für die Personenbeförderung genutzt wurde. Noch drei Jahrzehnte länger rollten Güterzüge über die Gleise, die von Firmen wie Geberit oder Alno genutzt wurden. Im Jahr 2003 wurde auch der Gütertransport eingestellt und die Flächen vier Jahre später nach langwierigen Verhandlungen von der Stadt gekauft. Möglich wurde der Grundstücksdeal, weil der damalige Stadtbaumeister Otto Poppenmaier es schaffte, das Gebiet in das städtebauliche Förderprogramm „Stadtumbau West“ (SUW) einzubringen, was der Kommune rund 1,2 Millionen Euro an Finanzmitteln für die Sanierung einbrachte.

Die Kommune initiierte 2008 einen städtebaulichen Wettbewerb, bei dem Planungsbüros ein zukunftsfähiges Gestaltungskonzept vorlegen sollten. Als Entwicklungsziele wurden schwerpunktmäßig die Verknüpfung von Stadtgarten, Stadtsee und Seepark, die Sanierung der denkmalgeschützten und ortsbildprägenden Bausubstanz sowie die Verzahnung der bisher getrennten Stadtquartiere definiert. Gefordert wurden Vorschläge zur Schaffung attraktiver Wohn- und Gewerbeflächen, die Planung einer durchgängigen Fuß- und Radwegeverbindung, der Neubau eines zentralen Omnibusbahnhofs sowie Vorschläge zur Umgestaltung und Nachnutzung des denkmalgeschützten Bahnhofs und des ZG-Gebäudes. Die Planer mussten auch Vorschläge für die Platzgestaltung am „Alten Spital“ und dem Stadtgartenvorplatz unterbreiten.

Nach der Juryentscheidung wurden einige Ideen des Gewinnerentwurfs des Konstanzer Architekturbüros Schaudt umgesetzt, zuallerst der Bau des Zentralen Omnibusbahnhofes, der im Februar 2012 mit sieben Haltebuchten eröffnet wurde. Die Bauarbeiten auf dem Gelände hatten sich um ein Jahr verzögert, weil auf dem Areal Exemplare der streng geschützten Zauneidechse entdeckt wurden, die in einem aufwändigen Verfahren registriert und umgesiedelt werden mussten. Im Oktober 2013 wurde das erste Gebäude auf dem Bahnareal, das Dienstleistungszentrum (DLZ), offiziell eingeweiht. Die Firma Geberit, die an das Bahngelände angrenzt, hat von der Stadt die Hälfte der Fläche gekauft und plant in den kommenden Jahren gleichfalls Neubauten. Entlang der Landesstraße wurden zwei neue Zufahrten, Rad- und Fußwege sowie Abzweigungen gebaut, wofür die Stadt mehrere Millionen Euro aufwendete.

Ganz schwierig gestaltete sich die Sanierung beziehungsweise Umnutzung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes. Mit etlichen Investoren wurden Gespräche geführt, aber sämtliche Ideen wurden verworfen. „Wir wollen hier etwas Besonderes schaffen“, gab Rathauschef Thomas Kugler an, dass man sich keinem Zeitdruck aussetzen wollte, wobei das Förderprogramm „SUW“ zum Jahresende 2015 eigentlich auslief. Im Herbst meldeten sich Investoren und überzeugten mit einem Konzept für die Nutzung des Bahnhofsgebäudes, das zusätzlich den Bau eines neuen Hotels auf dem ZG-Areal beinhaltet. Auf dieser Grundlage gewährte das Wirtschaftsministerium in Stuttgart der Stadt eine Verlängerung der Förderperiode. Wenn alles klappt, wird bald gebaut und im und um den Bahnhof entsteht eine Erlebnisgastronomie mit rund 400 Plätzen.

Als „fantastische Möglichkeit für die Stadt zur Beseitigung mehrerer Problemstellen“, bewertet Stadtbaumeister Jörg-Steffen Peter die Pläne auf dem ZG-Gelände und dem Bahnareal und dass die Kommune seit etlichen Jahren die stringente Umsetzung des Bahnprojekts verfolge, sei absolut bemerkenswert und aller Ehren wert, zollt der den Mitgliedern des Gemeinderates ein großes Lob.

Eine schrittweise Entwicklung ist nötig

Seit zwei Jahren leitet der 54-jährige Jörg-Steffen Peter das Stadtbauamt.

Wie soll die Stadtentwicklung nach Abschluss des Mega-Projekts „Bahnareal“ fortgesetzt werden?

Wir werden uns schrittweise weiter entwickeln. Das heißt, bei ausreichend Nachfrage nach Wohn- und Gewerbegebieten werden Teilflächen ausweisen. Wichtig ist, dass eine Verdichtung zwischen den Bestandsflächen und neuen Flächen stattfindet.

Wann werden neue Flächen ausgewiesen?

Wenn eine ausreichende Nachfrage besteht. Derzeit haben wir eine große Nachfrage nach Flächen im Industriegebiet „Mengener Straße“. Bei Gewebeflächen ist Pfullendorf dank seiner vorausschauenden Bevorratungsstrategie sehr gut aufgestellt.

Nach welchen Kriterien sollte sich die Stadt künftig entwickeln?

Eine Stadt muss so wachsen, dass sie nicht explodiert, wobei Großprojekte sehr schwer zu handeln sind. Man benötigt einen breiten Mix, auch und besonders bei der Gewerbeansiedlung. Bei der Entwicklung der Innenstadt wird es keinen Riesenwurf geben, sondern es wird viele kleine Schritte geben, wobei wir alle Beteiligten einbinden wollen.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht das Bahnareal entwickelt?

Die geplante Nord-Süd-Verbindung erreichen wir durch viele Maßnahmen. Der gerade im Bau befindliche Spitalkreise ist schon visuell ein verbindendes Element. Dazu haben wir an dieser Stelle statt der einen Ampel künftig vier Fußgängerüberwege, sodass man aus jeder Richtung in die Stadt hinein wie herausgehen kann.

Fragen: Siegfried Volk