Man hört einige Jugendliche kichern. Ansonsten herrscht Stille am späten Abend im Stadtgarten. Die Lampen geben ein schummriges Licht von sich und auf den Bänken knutschen junge Pärchen. Was für ein Jahr schreiben wir? Es ist 1965 und keineswegs 2020, denn dann würde aus einer Box vom Parkplatz her noch ein Rap ertönen.
Spielplatz bei Kindern und Eltern beliebt
Nichts an seiner Attraktivität verloren in den vergangenen Jahrzehnten hat der wunderschöne Park mit seinem alten Baumbestand zwischen Bahnlinie, Kasernenstraße, Sechslindenöschle und Linzgau-Center. Immer schön gepflegt sind die Beete und der Rasen und seit kurzem gibt es eine große Attraktion für die kleinen Pfullendorfer: Mit großem finanziellem Aufwand ließ die Stadt eine „Räuberburg“ bauen.

Dieser Spielplatz sorgt bei Kindern und Eltern gleichermaßen für glänzende Augen und steht an der Stelle, wo es schon viele Jahre einen sehr beliebten Spielplatz gab. Wer denkt schon daran, dass hier vor rund 150 Jahren noch eine Wasserfläche war, die nicht von Kindern, sondern von Fischen bevölkert wurde.
Stadtgarten mit Aushub vom Bahnbau aufgefüllt
Im Jahr 1872 gab es eine große Veränderung. Den oberen Waschweiher, der man auch Roßweiher nannte, ließ man ab und füllte ihn mit einer großen Menge Material. Ebenso die anderen Wasserflächen im Süden der Stadt. Man kann sich unschwer vorstellen, dass das schon ein großes Vorhaben war. Und vielleicht wären die Weiher auch geblieben, hätte man nicht in Verlängerung der Badischen Eisenbahn auch eine Strecke ins württembergische Altshausen gebaut.

Das war aber nicht so einfach, wie sich das heutzutage anhört. Denn die Anhöhe „Roßlauf“ befand sich inmitten der geplanten Trasse und musste überwunden werden. Das wollte man mit einem Tunnel bewerkstelligen.
Doch der erwies sich als instabil und so kamen die Ingenieure auf die Idee, einen riesigen Einschnitt zu graben. Den überquert man heute auf dem Weg von der Stadt zu Alno. Der Einschnitt ist fast 1 000 Meter lang und an manchen Stellen bis zu 40 Meter tief. Rund eine Million Kubikmeter Aushub fielen an und wurden zum Auffüllen der Weiher verwendet. Auf einem Teil der Fläche entstand dann der Stadtgarten.
Seit 1875 immer wieder umgestaltet
Ein Fest wie im vergangenen Jahr, als im Park das Mittelalter lebendig wurde, hat es also im Mittelalter an dieser Stelle nie geben. 1875 wurde die Bahnlinie eröffnet und von da an wurde der Stadtgarten immer wieder umgestaltet. Geblieben ist die große Fläche, die damals am Rande der Stadt lag, heute aber durchaus als „grüne Lunge“ bezeichnet werden kann.

Für die Stadtbevölkerung, die oft kein Stückchen Grün ums Haus hatte, war der Stadtgarten das, was man heute als Naherholungsgebiet bezeichnen würde. Ein wunderschöner Brunnen stand gleich in Sichtweite des Eingangs von der Stadt her und es gab auch einen Musikpavillon, der vor allem sonntags für Frühschoppenkonzerte genutzt wurde. Eine Voliere mit Vögeln bildete den städtischen Zoo und da gab es sogar, die Tierschützer mögen das jetzt bitte überlesen, ein Affengehege.

Doch diese Attraktionen sind längst verschwunden. Stattdessen bemühte sich die Stadt, die große Fläche immer mal wieder umzugestalten. So gab es noch in den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Wasserspiele in Betonausführung. Auch die sind längst verschwunden. Dafür gibt es jetzt die Endstation der „Räuberbahn“ direkt am Stadtgarten. Die fährt an den Wochenenden die Strecke Pfullendorf – Aulendorf und ist mittlerweile ein echter Touristenmagnet. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es auf der Seite, wo heute noch der mittlerweile stillgelegte Kindergarten steht, ein kleines Bächlein, das vom Freibad her plätscherte. Es bewässerte auch die Krautländer, die man hier angelegt hatte.

Baum Bau der Kaserne, der erste Spatenstich fand am 20. Juli 1957 statt, wurden diese Kleingärten entfernt. Im hinteren Teil des Stadtgartens wurde 1970 das neue Kriegerdenkmal aufgestellt, das Steinmetzmeister Ernst Spöttl entworfen hatte. Die Fertigung aus Granit dauerte ein Jahr. Aufgestellt war es dann an einem Tag.