Mit so viel Bürger-Interesse hatte Bürgermeister Thomas Kugler gar nicht gerechnet: Obwohl es gar keinen unmittelbaren Schlagabtausch zwischen den vier zugelassenen Bewerbern für die Bürgermeisterwahl geben konnte, kamen mehr als 500 Interessierte in die Stadthalle Pfullendorf. „Es übertrifft unsere kühnsten positiven Erwartungen“, sagte Amtsinhaber Thomas Kugler, der nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren wird. Seine Amtszeit endet am 14. Januar 2023 offiziell. In gut zwei Wochen entscheiden die Bürger, wer seine Nachfolge antritt. Ralph Gerster, Patricia Habib Celedón und Markus Bezikofer stellten sich am Donnerstagabend der Öffentlichkeit als Bürgermeisterkandidaten vor.
Dauerkandidat Speitelsbach taucht nicht auf
Samuel Speitelsbach war nicht vor Ort, wie Kugler mehrfach feststellte. Der Dauerkandidat steht derzeit in mehreren Kommunen auf dem Wahlzettel, scheint aber in keiner Gemeinde ernsthaftes Interesse am Amt zu haben. Die drei anwesenden Bewerber um das Bürgermeisteramt präsentierten sich zunächst mit jeweils 20 Minuten langen Redeblöcken, in denen sie ihr Wahlprogramm und ihre Vorstellungen davon, wie sie Pfullendorf in eine erfolgreiche Zukunft führen wollen, präsentierten. Da Samuel Speitelsbach nicht anwesend war, durfte Ralph Gerster als Zweiter auf dem Stimmzettel beginnen, gefolgt von Patricia Celedón und Markus Bezikofer. Mehrere Mikrofone waren in der Halle aufgestellt worden, damit die Bürgerinnen und Bürger den Bewerbern Fragen stellen konnten. Davon machte aber nur eine Bürgerin Gebrauch.
Ralph Gerster will Pfullendorf in die Zukunft führen
Wichtig für Ralph Gerster sind die Gesundheitsversorgung, die Schulen, der Klimawandel und die Digitalisierung der Stadtverwaltung. Er versprach Transparenz und wolle alle Bürger in den Entscheidungsfindungen in der Stadt mitnehmen, sollte er am 23. Oktober zum Bürgermeister gewählt werden. Ralph Gerster sagte, er wollte auf dem aufbauen, was Thomas Kugler in den vergangenen 16 Jahren mit den Gemeinderäten geschaffen habe. Er werde ganz genau darauf achten, dass sich die Gesundheitsversorgung in Pfullendorf, den Teilorten und den umliegenden Gemeinden nicht nennenswert verschlechtern werde. „Tun wir alles dafür, dass sich Ärzte gerne hier niederlassen“, sagte Gerster. „Der Klimawandel kann nicht mehr geleugnet werden“, betonte Gerster. Pfullendorf müsse klimaneutral und autark werden. Außerdem machte er sich stark für das Jugendforum, das rasch wiederbelebt werden soll. Er wollte aber auch Ansprechpartner für Eltern und Schulen sein und die Schulstadt Pfullendorf stärken, damit der Schulstandort auf Dauer tragfähig bleibe. Gerster erörterte nochmals seinen Werdegang, der mit der Ausbildung an der Verwaltungshochschule in Kehl begann, über Stellen als Kämmerer und Hauptamtsleiter führte und im Dezember 2009 in der Wahl zum Bürgermeister von Herdwangen-Schönach mündete, dem Amt, das er zurzeit innehat. Er sagte, dass er in Herdwangen wohnen bleiben will, auch wenn er zum Bürgermeister von Pfullendorf gewählt wird. Als passionierter Radfahrer sei er in 30 Minuten im Rathaus. „Neutral und objektiv von außen betrachtet, steht dieses Pfullendorf definitiv besser da als viele vergleichbare Kommunen. Das sollte besser nicht verspielt werden“, so Gerster in seiner umfassenden Vorstellung am Donnerstagabend. Er sei sich seiner Verantwortung bewusst und wolle Pfullendorf durch unruhige Seen weiter steuern.
Patricia Habib Celedón macht sich für die Jugend stark
Patricia Celedón nahm die Zuhörer zunächst mit auf einen Streifzug durch Pfullendorf. Ihr sei aufgefallen, dass in der Innenstadt von Pfullendorf kaum Menschen unterwegs seien. Das wollte sie ändern und den Tourismus stärken, denn „Pfullendorf ist das Tor zwischen der Schwäbischen Alb und dem Bodensee“. Eine Stadt müsse lebendig und attraktiv sein. Die Müllproblematik in Pfullendorf wolle sie verbessern. Ihr sei aufgefallen, dass rund um alle Altglascontainer sehr viel Müll liege. Damit die Menschen ihren Müll entsorgen können, schlug sie vor, den Recyclinghof einmal im Monat sonntags zu öffnen. Sie wolle die Menschen über Mülltrennung informieren. Ein großes Anliegen seien für sie junge Menschen ab 16 Jahren. Sie wolle einen Treffpunkt für junge Menschen schaffen. Außerdem wolle sie barrierefreie Gehwege schaffen und dafür sorgen, dass kleine Geschäfte sich in der Innenstadt ansiedeln werden. „Eine lebendige Stadt zieht Touristen an“, sagte Celedón. Auch kleine Sportplätze für Senioren, die strategisch in der Innenstadt platziert werden, könne sie sich gut vorstellen. Durch ihre Ausbildung, ihr Studium und ihre Tätigkeiten in mehreren Ländern, habe sie viele Erfahrungen sammeln können, die sie als Bürgermeisterin einbringen möchte. Sie könne gut zuhören, aber sei auch bereit, Entscheidungen zu treffen und für die Bürger in dieser Stadt zu arbeiten. Patricia Habib Celedón verwies auf ihre Homepage www.patricia-h-celedon.de.
Markus Bezikofer sieht sich als Ermöglicher
Markus Bezikofer trat erstmals im Wahlkampf in Erscheinung. Er ist mittlerweile 45 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder im Alter von zehn, 15 und 18 Jahren. Er lebt in Königseggwald und arbeitet als leitender Qualitätsmanager bei der ZF in Friedrichshafen. Als Kind lebte Bezikofer zeitweise Pfullendorf, wuchs aber in Scheer auf. Sein Abitur machte er am Technischen Gymnasium in Sigmaringen. In München absolvierte er ein duales Maschinenbaustudium, dessen Theorie in Ravensburg gelehrt wurde. Bezikofer gab an, Mitglied der SPD zu sein, aber als parteiloser Kandidat anzutreten. Die Stadt Pfullendorf sei sonnendurchflutet, mit „mächtigem, wehrhaftem Stadttor“ und er müsse „voller Neid anerkennen, dass hier tiefgründige Planer am Werk waren“. Er sprach sehr viel von magischen Zahlen, dem Einfall des Sonnenlichts und dass er Bürgermeister werden wolle, weil er zwei Jahre seines Lebens in Pfullendorf gelebt habe und seine Frau im Krankenhaus Pfullendorf geboren sei. Bezikofer ist im katholischen Pfarrgemeinderat Scheer aktiv und war viele Jahre in der Feuerwehr. Ein Bürgermeister sei ein „Ermöglicher“, der nicht ein „entweder oder“ verfolge, sondern immer ein „und“. Er sehe sich als Planer, der die Ideen und Wünsche des Gemeinderats und der Bürgerschaft umsetzen wolle, mit dem Fokus auf der Umsetzung. Dafür werde er Tatkraft mitbringen. „Ein Bürgermeister sollte immer ein von Einsicht und von Vernunft geleiteter Bürgermeister sein“, so Bezikofer. Weil es keine Eisenbahnanbindung mehr in Pfullendorf gebe, schwebe ihm ein automatisierter Transport vor, der per App steuerbar ist. In den Teilorten schweben ihm Automatenlösungen für die Versorgung der Bürgerschaft vor. Das sei dank Digitalisierung und Apps heute kein Problem mehr. Er werde ab Montag, 10. Oktober, abends um 18.30 Uhr vor dem Bürgerzentrum stehen, kündigte er an.