Für eingefleischte Narren ist klar: Fasnet gab es schon immer. So ganz richtig ist das nicht, aber man sollte jetzt nicht noch Salz in die Wunden derjenigen streuen, für die das närrische Brauchtum einfach lebenswichtig ist. Sie leiden schon genug, weil dieses Jahr kein Hemdglonkerumzug stattfindet, weil kein Narrenbaum aufgestellt wird, nicht um die Wette geschnellt und auch nicht die Hexe auf einem Scheiterhaufen ihr Leben lässt. Und ganz besonders, weil es keinen Rosenmontagsumzug gibt.

Ein Umzug ohne Hexen ist in Pfullendorf nicht denkbar.
Ein Umzug ohne Hexen ist in Pfullendorf nicht denkbar. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv

Deshalb haben wir auf den Speichern gekramt, die Keller durchsucht, beim Bundesnachrichtendienst nachgefragt und auch jene nicht vergessen, die noch „irgendwo halt“ Fotos von Rosenmontagsumzügen hatten. Mag sein, dass das eine oder andere Bild vielleicht an einem anderen Tag der Fasnet entstanden ist, dem Spaß tut das keinen Abbruch. Und auch der Gewissheit, dass die Pfullendorfer einfach fasnetsverrückt sind.

Motivwagen gehörten in alten Zeiten beim Rosenmontagsumzug einfach dazu. Bei der Gestaltung machten sich die Narren viel Mühe.
Motivwagen gehörten in alten Zeiten beim Rosenmontagsumzug einfach dazu. Bei der Gestaltung machten sich die Narren viel Mühe. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv

Organisierte Fasnet schon im 19. Jahrhundert

Bereits 1856 wurde in Pfullendorf eine „Narren- und Maskengesellschaft“ gegründet. 1895 gab es dann die „Narrhalla“ und 1948 wurden die Narrenzunft Stegstrecker aus der Taufe gehoben. 1935 wurde erstmals das Stegstreckerspiel aufgeführt, welches zuletzt anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der Zunft 2006 aufgeführt wurde.

Auch der Elferrat fuhr beim Umzug mit.
Auch der Elferrat fuhr beim Umzug mit. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv

Es beschreibt, wie die Pfullendorfer einen Steg über den Andelsbach strecken wollten. Trotz zweier Ochsen als Helfer hat das nicht so richtig geklappt. Und man wird es kaum glauben: Seit 1895 erscheint mit einigen Unterbrechungen an Fasnet das Narrenblatt. Übrigens auch dieses Jahr. Das konnte auch Corona nicht verhindern.

Für Andreas Narr (Mitte, er heißt tatsächlich so) stand 2016 der erste Umzug als neuer Zunftmeister der Stegstrecker an. Und wie man ...
Für Andreas Narr (Mitte, er heißt tatsächlich so) stand 2016 der erste Umzug als neuer Zunftmeister der Stegstrecker an. Und wie man sieht, hatte er viel Spaß dabei. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv

Maskieren vom Magistrat verboten

So eine ausgebremste Fasnet gab es übrigens auch schon früher. Schuld war nicht ein Virus, sondern der Magistrat. Zwischen 1771 und 1803 haben die Stadtoberen das bunte Treiben nicht so gerne gesehen, weil es „teure Zeiten und einen Mangel an Geld und Frucht“ gab, wie man in einer alten Chronik nachlesen kann. So wurde am 24. Januar 1772 festgelegt, dass die Ledigen an Fasnacht nur bis 7 Uhr, die Verheirateten bis 9 Uhr tanzen durften. 1776 und 1777 wurde das Maskieren verboten.

SK on Air – Videos von der Fasnacht

Schon 1952 hässlich und stinkend – und jede mit einem anderen Gesicht: Hexen.
Schon 1952 hässlich und stinkend – und jede mit einem anderen Gesicht: Hexen. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv

Am 16. Januar 1794 beschloss der Rat auf Klage des damaligen Stadtpfarrers Franz Josef Maichle, dass alles Maskieren, Verkleiden, Schnellen und lärmender Unfug „für die Gasse und die Wirtshäuser verboten“ sei. Zeitweilig durften die Wirte in der Nähe des Weißen Klosters der Dominikanerinnen keinen Tanz abhalten. Denn die die Nonnen hielten über die Fasnacht ihr 40-stündiges Gebet ab.

Im Jahr 1856 wurde in Pfullendorf das Fasnetspiel „Wallensteins Lager“ augefüht vermutlich 1928 zogen die ...
Im Jahr 1856 wurde in Pfullendorf das Fasnetspiel „Wallensteins Lager“ augefüht vermutlich 1928 zogen die „“Schweden“ durch die Stadt. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv

Seit es die organisierte und reglementierte schwäbisch-alemannische Fasnet gibt, grenzt man sich gerne zum rheinischen Karneval ab. Vor dem zweiten Weltkrieg war das noch nicht so. Und nicht vergessen: Auch im Pfullendorfer Narrenmarsch wird vom Karneval gesungen: „Die schönste Zeit im ganzen Jahr bringt uns der Karneval.“

Es muss nicht immer ein Zunfthäs sein. Man kann sich auch selbst eine Verkleidung ausdenken. Auch cool, oder? Vor vielen Jahren hatten ...
Es muss nicht immer ein Zunfthäs sein. Man kann sich auch selbst eine Verkleidung ausdenken. Auch cool, oder? Vor vielen Jahren hatten die Fasnet auch ihren Reiz. Anders halt, als heute. Und besondere Kinderwägen gab es auch noch. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv
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Früher wurde der Narr von der Obrigkeit reglementiert, heute reglementieren sich die Narren selber. Das kann durchaus nötig sein, denn so mancher derbe Spaß würde nicht überall gut ankommen. Der Narr von heute will in erster Linie Freude verbreiten und mit Gleichgesinnten feiern. Daraus wird dieses Jahr wohl nichts. Aber deshalb wird die Fasnet nicht aussterben. Wetten?

Kennt man jemanden? Diese muntere Truppe fuhr 1952 beim Rosenmontagszug mit.
Kennt man jemanden? Diese muntere Truppe fuhr 1952 beim Rosenmontagszug mit. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv
Lang, lang ist es her.
Lang, lang ist es her. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv
Von wegen Pat und Patachon! Es sind der Senne Balles und Otto Grathwohl (von links).
Von wegen Pat und Patachon! Es sind der Senne Balles und Otto Grathwohl (von links). | Bild: Fahlbusch, Karlheinz/Archiv