Derzeit wird über die Entwicklung von Pfullendorf und der gesamten Region Bodensee-Oberschwaben in den nächsten zwei Jahrzehnten entschieden, und das im Schatten der Corona-Krise. Der so genannten Regionalplan des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben wird fortgeschrieben, was enorme Auswirkungen auf die Kommunen und Menschen hat. In diesem Planwerk wird beispielsweise festgelegt, wo in den Landkreisen Sigmaringen, Ravensburg und Bodenseekreis vorrangig neue Wohnbau- und Gewerbeflächen ausgewiesen oder auch Kies abgebaut werden soll. Pfullendorf wird als Wohnungsschwerpunkt genannt, auch die Bodenseeanrainergemeinden zu entlasten, die im Prinzip keine neuen Flächen mehr ausweisen können. Das „Mittelzentrum“ Pfullendorf ist gleichfalls als regionaler Schwerpunkt für Industrie und Gewerbe vorgesehen, und hat sich auf die Areale an der „Mengener Straße„ und „Wattenreute“ als Gewerbefläche festgelegt.
Stadt kommt derzeit nicht an benötigte Flächen für Gewerbegebiet
In der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses erklärte Bürgermeister Thomas Kugler, dass man derzeit nicht an die benötigten Flächen in der „Mengener Straße„ komme, deshalb benötige man dringend den Standort in „Wattenreute“. Allerdings moniert das Regierungspräsidium, dass die geplante Fläche zwischen der ZG-Raiffeisen und dem Ortsteil „Wattenreute“ nicht, wie vom Raumordnungsgesetz gefordert, unmittelbar an eine bestehende Siedlung anschließt. Diese Vorgabe ist zwingend zu beachten und deshalb wäre der Standort „Wattenreute“ in seiner bisherigen Planung nicht genehmigungsfähig.
Stadtrat Thomas Aberle: „Wir verbrauchen zu viel Fläche.“
Als Lösung schlug Bauamtschefin Nadine Rade vor, das künftige Gewerbegebiet zu vergrößern, und zwar bis zum Ortsbeginn von Wattenreute. Für diese Änderung fordert das Regierungspräsidium nun ein sogenanntes „Zielabweichungsverfahren“. Die Mitglieder des Ausschusses stimmten den Überlegungen und der entsprechenden Stellungnahme der Stadt an das Regierungspräsidium zu, allein Thomas Aberle bekräftigte sein „Nein“ aus der ersten Stellungnahme. „Wir verbrauchen zu viel Fläche und die nachfolgende Generation hat keinen Spielraum mehr für Gestaltung“, erklärte der UL-Gemeinderat. Wohnbau bedeute stets Flächenverbrauch, konstatierte Bürgermeister Kugler und machte deutlich, dass der Regionalplan lediglich ein Planwerk sei: „Was daraus wird, entscheiden wir, der Gemeinderat. Es ist keine Verpflichtung, auch zu bauen.“ Nach Überzeugung von Aberle wird der Flächenbedarf angesichts der Veränderungen in der Industrie kleiner als prognostiziert sein. Tatsächlich gibt es drei Modellberechnungen, die den gewerblichen Flächenbedarf zwischen 800 und 1500 Hektar in der Region Bodensee-Oberschwaben beziffern. „Es darf kein Wettstreit mit anderen Kommunen wegen Flächen geben“, mahnte Aberle, dass Wachstum für Gemeinden nicht nur Vorteile bringe.
„Kein Bauverbot für Anlieger des Andelsbaches“
Gute Nachrichten gibt es für Aach-Linz. Entgegen der ursprünglichen Planung soll der dritte Bauabschnitt der Umgehungsstraße nicht mehr durch den Ort, sondern an der Bebauung vorbeiführen. Allerdings hat die neue gestrichelte Linie im Regionalplan den Charakter eines Platzhalters und nicht die Qualität einer „Freihaltetrasse“, erklärte Bürgermeister Thomas Kugler, der bekanntlich Vorsitzender des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben ist.
Eine weitere Änderung beunruhigte FW-Rat Karl Abt in Personalunion auch Ortsvorsteher von Denkingen. Aufgrund des Vorrangs von Natur- und Landschaftsschutz muss es durchgehende Biotopflächen geben, was ein Bauverbot entlang des Andelsbachs bedeutet, wie Amtsleiterin Rade erklärte. Einzige Ausnahme seien raumbezogene Vorhaben, wobei es hierfür keine konkrete Definition gebe. Deshalb wird in der Stellungnahme der Stadt explizit der Bestandschutz für Gebäude und Betriebe am Andelsbach erwähnt, ebenso mögliche Erweiterungen. Auch für Andelsbachanlieger in Denkingen besteht kein Bauverbot, einzig der Bach muss durchgängig sein, antwortete Rathauschef Kugler dem Denkinger Ortsvorsteher. Bei der Gegenstimme von Thomas Aberle billigte der Ausschuss die Stellungnahme zur Fortschreibung des Regionalplanes mit den Veränderungen.