Ab Donnerstag, 1. April gilt im Landkreis Sigmaringen eine nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr, die bis einschließlich 25. April dauert. Demnach darf das Haus nur noch aus denselben triftigen Gründen wie bereits im Winter verlassen werden. Landrätin Stefanie Bürkle hat diese Maßnahme stets als „Ultima Ratio“ bezeichnet. In der Sitzung des Kreistages am Montagnachmittag erklärte die Kreischefin bezüglich einer Ausgangssperre, dass man das Geschehen bis Mittwoch beobachten wollte, bevor eine Entscheidung gefällt wird. Jetzt hat die Kreischefin schon am 30. März die entsprechende Allgemeinverfügung erlassen. Begründet wird dies mit der hohen Zahl der Neuinfektionen, die flächenhaft im gesamten Landkreis auftreten und erstmals überschritt die 7-Tages-Inzidenz am 24. März die 200er-Grenze. Es mussten etliche Kindertageseinrichtungen und Schulen geschlossen werden, und auch mehrere Firmen im Kreisgebiet meldeten Ausbrüche.

Diese Bestimmungen gelten ab 1. April

Es gilt eine Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr. Sie tritt ab Donnerstag, 1. April, 21 Uhr in Kraft. Demnach darf das Haus nur noch aus denselben triftigen Gründen wie bereits im Winter verlassen werden. Es gilt ein Betretungsverbot für öffentliche Spielplätze, Grillplätze und Bolzplätze. Bei religiösen Veranstaltungen und Gottesdiensten müssen jedem Besucher mindestens zehn Quadratmeter Platz im Versammlungsraum zur Verfügung stehen.

In Pfullendorf wie im gesamten Landkreis Sigmaringen gilt ab 1. April eine nächtliche Ausgangssperre.
In Pfullendorf wie im gesamten Landkreis Sigmaringen gilt ab 1. April eine nächtliche Ausgangssperre. | Bild: Julia Lutz

Übermittlungsfehler bei der Zahl der Neuinfektionen

Erleichtert hatten Kreisbürger auf die Entwicklung der 7-Tages-Inzidenz am Dienstag reagiert, wo das Landesgesundheitsamt einen Rückgang auflistete. Allerdings handelte es sich um einen Übermittlungsfehler, wie das Landratsamt gestern in einer Pressemitteilung erklärte. Der Kreis habe 55 neue Fälle gemeldet, was eine Inzidenz von rund 246 ergebe. „Der Fehler wird zur Stunde noch korrigiert“, informiert das Landratsamt. Momentan sind im Landkreis 465 Personen infiziert, 1297 Personen befinden sich in Quarantäne.

Bisherige Maßnahmen wirken nicht

In der vergangenen Woche infizierten sich vor allem Kinder und junge Menschen. Rund 30 Prozent der Infizierten sind unter 30 Jahre alt. Daraufhin reagierte der Landkreis am vergangenen Freitag mit der kompletten Schließung von elf Kindertageseinrichtungen in denen Infektionen auftraten, mit Wechselunterricht für 15 Schulen, in denen Infektionen auftraten, sowie mit der Verpflichtung für den Einzelhandel, nur noch einen Kunden pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche in den Laden zu lassen.

Reproduktionsfaktor beträgt 1,3 und muss unter 1,0 sinken

Trotz der Maßnahmen gab es immer mehr Ansteckungen. „Die letzten Tage haben gezeigt, dass das Virus mitten unter uns ist. Die Ansteckungen im Alltag, in den Familien oder am Arbeitsplatz nehmen zu“, beschreibt Dr. Ulrike Hart vom Gesundheitsamt die Lage. Der 7-Tage-R-Wert im Landkreis beträgt aktuell 1,3. Dies bedeutet, dass ein Infizierter 1,3 Personen ansteckt. Es ist also zu befürchten, dass sich die Zahl der Infizierten ohne Gegensteuern innerhalb einer Woche nochmals um 30 Prozent steigert. Um das exponentielle Wachstum zu brechen, ist aber ein Absinken unter 1,0 notwendig.

Gesundheitsamt Sigmaringen: „Kontakte müssen reduziert werden.“

Vor einem Jahr habe man es nach Studien des RKI geschafft, die erste Welle zu brechen, in dem Kontakte und die Mobilität um 40 Prozent reduziert wurden. Auch jetzt habe man nur die Chance, den Kreislauf von immer mehr Ansteckungen zu durchbrechen, wenn die Kontakte merklich reduziert würden. „Jeder von uns sollte sich bewusst machen, wie viele Menschen er in der vergangenen Woche getroffen hat und diese Zahl nochmals reduzieren“, erläutert Ulrike Hart.

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Hoffnung, dass sich durch Ausgangssperre die Zahl der Infizierten verringert

Weil aus Sicht des Gesundheitsamtes die spezifischen Maßnahmen in Schulen, Kindergärten und im Handel allein nicht ausreichen, wurde die Ausgangssperre erlassen. Davon erhofft sich das Gesundheitsamt eine grundsätzliche Reduzierung der Kontakte. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Ausgangssperren sehr wirksam sind. Sie führen zu einer Kontaktminderung von bis zu 47 Prozent. Eine aktuelle Auswertung des Landesgesundheitsamtes ergab, dass in Landkreisen mit nächtlichen Ausgangssperren der Anstieg der Coronafallzahlen signifikant geringer ausfiel, als in Landkreisen ohne eine nächtliche „Bleiben Sie zuhause“-Regelung.

Landrätin: „Wir müssen uns nun alle solidarisch zeigen.“

Landrätin Stefanie Bürkle und die Verantwortlichen der Kliniken und des Gesundheitsamtes hatten bei der jüngsten Kreistagssitzung deutlich gemacht, wie ernst die Lage ist. Die Kliniken seien bereits jetzt an der Belastungsgrenze und es wäre damit zu rechnen, dass in den nächsten Wochen noch mehr Menschen, die jetzt an Corona erkrankt sind, einer Behandlung in der Klinik bedürfen. „Wir verimpfen allen Impfstoff, den wir bekommen, wir testen in jeder Gemeinde und in immer mehr Einrichtungen. Aber all das reicht derzeit noch nicht. Wir müssen uns nun alle solidarisch zeigen und auch über Ostern und bei Frühlingswetter unsere Kontakte reduzieren“, argumentiert Stefanie Bürkle, dass die Ausgangssperre ab sofort wirklich notwendig ist.