Ihre Skulptur „Schwebender Himmel“, blau bemalt, aus Beton gefertigt, spiegelt im Prinzip die Gefühlslage von Susanne Hackenbracht wieder. Der Stein liegt schwer auf dem Boden und leuchtet gleichzeitig als blauer Hoffnungsschimmer in den Himmel. Die Künstlerin kämpft einerseits mit den wirtschaftlichen Folgen von Corona und andererseits ist die 53-Jährige voller Energie, Tatendrang, Kreativität und will endlich wieder dem Publikum künstlerische Werke präsentieren – die eigenen Skulpturen und Gemälde sowie die Exponate vieler bekannter Kolleginnen und Kollegen. Deshalb organisiert sie an ihrer neuen Wirkungsstätte, der Kunststätte Kieslager 2, sprich dem Haigen-Hof bei Aach-Linz, eine Corona-gerechte Sommerausstellung, die bis Ende Oktober dauert.
Ausstellung dauert bis Ende Oktober
Los geht es schon nächste Woche, wenn Kristen Tordella-Williams aus dem US-Bundesstaat Mississippi drei Wochen zu Gast in ihrem Atelier ist. Gemeinsam arbeitet das Duo an dem Projekt „Alligatordreams“, für das im nächsten Jahr eine große Ausstellung in Berlin geplant ist. „Besucher haben die Möglichkeit, uns vom 1. bis 14. Juli über die Schulter zu schauen“, freut sich „Zazo“, wie sich die Künstlerin selbst nennt, über ihren Gast und über interessierte und neugierige Besucher.
Geplant sind zudem ein offener Ateliersonntag, Musikabende und Lesungen. Am Wochenende, 30. Juli bis 1. August, begrüßt sie einen weiteren Gast in ihrem „Zaleier“ – der Maler Horst Drechsel aus Bayern ist für drei Tage in Pfullendorf und Besucher können seine im Kieslager 2 entstandenen neuen Werke in einer Ausstellung besichtigen.
Hausherr schafft Kettenskulpturen
Den Namen verdankt die Kunststätte übrigens der 20 Meter mächtigen Kies- und Sandschicht, die sich unter der Haige bis zur Aach-Linzer Aach erstreckt, erzählt Hausherr Gerold Hellwig, der unter dem Künstlernamen „Caput Levis“ selbst Kettenskulpturen entwirft. Auf dem fünf Hektar großen Anwesen gibt es vier natürliche Quellen und das Künstlerpaar hat in einem kleinen Wäldchen eine Quellgrube eingefasst, die Besuchern offen steht. Überhaupt gibt es auf dem Hofgelände viele frei zugängliche Kunstwerke zu entdecken, deren Standorte sorgfältig und mit Bedacht ausgewählt sind. Überall sind Bänke aufgestellt, von denen man beispielsweise im Schatten von 40 mächtigen Bäumen oder in der Sonne das Alpenpanorama genießen kann.
Viele Künstler sind bei der Ausstellung dabei

An der Sommerausstellung beteiligen sich zahlreiche Künstler, darunter Ute Dreher mit ihrer Installation „Roter Faden“, Fotograf Stefan Fischer zeigt Fotos im Außenbereich, Helmut Haitz seine Mosaikskulpturen und Alexander Habisreutinger diverse Metallskulpturen. Keramik verarbeitet Christine Göpfert und Ursula Haupenthal präsentiert ihre Aluminiumgussskulptur. Hansjörg Beck installiert den „Stammtisch der vier Winde“ und „Caput Levis“ zeigt Kettenskulpturen. Eine besondere Spiegelperformance bereitet Till Schilling vor und Rolf Langhans zeigt ein besonderes Video. Gastgeberin „Zazo“, Susanne Hackenbracht, präsentiert Malerei und Skulptur und freut sich besonders auf den Künstleraufenthalt von Kristen Tordella-Williams aus den USA, mit der sie ab 1. Juli das Projekt „Alligatordreams“, eine Transatlantik-Kollaboration, realisiert.
„Vielen geht langsam die Puste aus.“
Wer meint, dass Susanne Hackenbracht coronabedingt in den vergangenen Monaten diese Sehenswürdigkeiten genossen hat, liegt falsch. Trotz Pandemie hatte sie viel zu tun, wobei etliche Aktivitäten viel Arbeit bedeuteten, aber wenig oder kein Einkommen brachten. So öffnete eine auf zwei Monate angelegte Ausstellung nur an zwei Tagen ihre Türen. „Vielen geht langsam die Puste aus“, schildert die lebensfrohe Bildhauerin ihre Erfahrungen. Zwar gab es auch für Künstler staatliche Förderprogramme, allerdings nur für konkrete Projekte. Und Tausende kamen nicht zum Zuge, weil die Mittel nicht ausreichten, was viele zermürbte.
Online-Seminar über Afrika und neues Label
Susanne Hackenbracht ließ sich nicht unterkriegen und nutzte die Zeit, um sich auch neu zu orientieren. Sie entwickelte unter anderem das Label „Red-Woman-Artist“ oder organisierte als Jugendbeauftragte der Rotarier ein Online-Seminar über Afrika, wo in Burundi ein Hilfsprojekt initiiert werden soll. Deutlich zeigte sich während Corona, dass „Zazo“ sich in den vergangenen Jahren einen Ruf in der Kunstszene erarbeitet hat und so gab es Anfragen von Vereinen und Kommunen. Im schweizerischen Frauenfeld war sie bei einem Symposium und bei der aktuell laufenden Landesgartenschau in Überlingen sind 50 kleine Skulpturen von ihr zu sehen. Die „Sphinx von Überlingen“ hat sie ihr Kunstwerk betitelt.