Ungefähr 30 Personen interessierten sich für „Die fünf Säulen des Islam“, die Imam Ibrahim Saglam in der Reihe „Religiöse Grundlagen“ erläuterte. Das Kreiskulturforum hatte in Zusammenarbeit mit der türkisch-islamischen Gemeinde (DITIB) Sigmaringen im Rahmen des Kulturschwerpunkts „Religion und Spiritualität“ zu diesem Besuch in der Moschee eingeladen.
Imam Ibrahim Saglam, seine Übersetzerinnen Nurgül Süral und Zehra Koca sowie Kreisarchivleiter Edwin Ernst Weber begrüßten die Gäste auf das Herzlichste, nachdem alle die Gelegenheit genutzt hatten, sich den im Blauton gehaltenen Betraum der Sigmaringer Moschee anzuschauen. An der Wand prangten bunte Papierblätter, auf denen Nurgül Süral die wichtigsten Aspekte der fünf Säulen des Islam zusammengefasst hatte. Auf diese Weise fiel es den Zuhörern leicht, den Erklärungen des Imam zu folgen. Als die fünf Säulen bezeichnete er das Glaubensbekenntnis (Schahada), das rituelle Gebet (Salah), das Fasten (Saum), die Almosen (Zakat) sowie die Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch).

Die Gäste in der Moschee erfuhren, dass das Glaubensbekenntnis von den Muslimen auf Arabisch gesprochen werden muss. Es seien die ersten Worte, die einem Baby ins Ohr geflüstert werden, und die letzten, die ein Muslim beim Sterben hauche. Die fünf täglichen Gebete sollten den Muslimen dabei helfen, sich in ihrem Alltagsleben ständig der Gegenwart Allahs bewusst zu sein. „Beim Beten schieben wir das Weltliche weg, und wir werden währenddessen daran erinnert, dass es einen Schöpfer und eine Schöpfung gibt“, erklärte Nurgül Süral.
Der Islam lege großen Wert auf Großzügigkeit und Mildtätigkeit, um die eigene Seele zu läutern und um sich Allah anzunähern. Aus diesem Grund werde von den Gläubigen erwartet, dass sie Notleidenden ein freiwilliges Almosen geben, aber immer nur im Rahmen des Möglichen. Das Fasten während des Ramadan gehöre ebenfalls zu einer wichtigen Säule des Islam, erklärte der Imam. Es lehre den Muslim Selbstdisziplin und Beherrschung und läutere gleichzeitig Seele und Körper, um das Gottesbewusstsein zu stärken. „Beim Fasten können wir nachvollziehen, wie es Menschen geht, die nicht genug zu essen haben“, ergänzte Zehra Koca. Die Pilgerfahrt nach Mekka werde den Muslimen zumindest einmal im Leben zur Pflicht gemacht, sofern sie gesund seien und über die finanziellen Mittel verfügen. Es sei eines der größten Ereignisse in der islamischen Welt, weil es die Muslime aller Rassen und Länder der Erde zusammenführe.

Ein Imam werde in der Türkei ausgebildet und bleibe stets fünf Jahre in Deutschland, bevor er wieder zurückkehren müsse. Doch die türkisch-islamische Gemeinde in Sigmaringen wünsche sich, dass die Imame länger bleiben könnten, zum Vorteil für die Gemeinschaft und um die Kontakte zu Andersgläubigen zu vertiefen. Auf alle Fälle möchte Ibrahim Saglam mehr Deutsch lernen, versicherte er lächelnd, damit er sich besser mitteilen könne.
Die Gemeinde sei durch die Flüchtlinge ziemlich groß geworden und umfasse viele Nationalitäten. Gepredigt werde jedoch in Türkisch. Für gewöhnlich treffen sich die Muslime zwei- bis dreimal pro Woche in der Moschee. „Im Ramadan treffen wir uns jeden Tag. Das ist eine ganz soziale Zeit“, schmunzelt Nurgül Süral. Sogar nach über zwei Stunden wollten die Fragen fast nicht versiegen, so groß war offensichtlich der Bedarf nach Austausch. Allein das lange Stehen zwang zu einem Ende der Veranstaltung.
"Wünsche mir, dass nicht alle Muslime über einen Kamm geschoren werden"
Nurgül Süral ist in Sigmaringen geboren worden. Sie ist Krankenhausseelsorgerin im Kreiskrankenhaus der Kreisstadt und sie ist überzeugte Muslimin.Frau Süral, können Muslime ihren Glauben hier im Alltag gut leben?
Ja. Jeder kann dies individuell handhaben. Da wir die Gebetszeiten nicht exakt einhalten müssen, sondern auch später nachbeten können, ist dies kein Problem. Man muss sich zwar immer ein bisschen durchsetzen, aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Leute grundsätzlich entgegenkommend sind, solange unser Gebet keinen stört.
Immer wieder hört man, dass muslimische Kinder während des Ramadan entkräftet in die Schule kommen.
Die Regel besagt, dass nur Gesunde fasten sollen und Kinder dies bis zu einem bestimmten Alter nicht tun müssen. Kein Kind sollte zum Fasten gezwungen werden. Passiert es doch, ist dies kein Glaubensproblem, sondern ein kulturelles Problem. Wir können uns jedoch in die Familienangelegenheiten nicht einmischen.
Haben Sie schon Ausgrenzung erlebt, in Schule oder Beruf?
Ich selbst und unsere Mitglieder nicht.
Hatten Sie als Gemeinde nicht das Bedürfnis, sich von den Extremisten und deren Anschlägen zu distanzieren?
Die türkisch-islamische Gemeinde gibt es hier seit 40 Jahren und die Moschee seit fast 35 Jahren. Wenn die Leute bis jetzt unseren Standpunkt nicht kennen, weiß ich auch nicht. Wir sind im Gespräch und wir wollen in Frieden miteinander leben. Allerdings ist die Öffentlichkeitsarbeit immer ein Thema in der Gemeinde. Doch zurzeit passiert auch viel in Bezug auf die Außendarstellung, gerade in Zusammenarbeit mit dem Kreiskulturamt.
Haben Sie einen persönlichen Wunsch in beug auf ihren glauben?
Ich wünsche mir, dass nicht immer alle Muslime über einen Kamm geschoren werden. In den Medien wird immer zu stark vereinheitlicht. Dann liegt mir noch am Herzen zu betonen, dass wir Frauen im Islam nicht unterdrückt werden. Auf jeden Fall verlangt dies nicht die Religion. Ein Mann soll hingegen die Frau so vorsichtig und respektvoll wie einen Rohdiamanten behandeln.
Klappt das Miteinander mit den Flüchtlingen gut?
Ja, wir haben ein freundschaftliches Miteinander, obwohl manchmal eine gemeinsame Sprache fehlt. Können wir uns nicht verständigen, dann lächeln wir. Das kostet nichts und man bekommt ein Lächeln zurück.
Ist die Missstimmung zwischen Deutschland und der Türkei ein Thema in Ihrer Gemeinde?
Das beschäftigt uns intern überhaupt nicht. Die Moschee ist kein Ort der Politik. Dort interessiert es keinen, wer wem angehört. Auch die unterschiedlichen Strömungen sind nicht von Interesse. So ist es auch in den anderen Gemeinden im Landkreis.
Bekommen Sie etwas vom Moschee-Bau in Meßkirch mit?
Ja, wenn Mitglieder der Gemeinde kommen und finanzielle oder körperliche Unterstützung brauchen. Ich freue mich auf die Meßkircher Moschee. Sie macht mich stolz.
Fragen: Isabell Michelberger