Bereits zum 39. Mal präsentierte die Landjugend Storzingen ein Ostertheater im Haus Weckenstein. Vor ausverkauftem Haus wurde am Ostersonntag die Premiere gefeiert, bei der das Publikum von Beginn an begeistert mitging. Denn die Laiendarsteller waren sofort auf Betriebstemperatur und rissen das Publikum mit ihrem sehr modernen Stück mit.

Dr. Klinkstier ist ein Stinktier

Das aufwendig gestaltete Bühnenbild stellt die Außenfassade mehrerer Häuser und ein abgezäuntes Grundstück dar. Worum geht es in dem Stück? Die Nachbarinnen Bine und Lisa sind gut befreundet, werden jedoch von einem weiteren Nachbarn aufs Übelste gegängelt. So findet die etwas naive Bine (überragend durch Rebecca Mors verkörpert) fast täglich Müll in ihrem Garten und anonyme Briefe, die ihre Familie bedrohen. Auch die ökologisch stark angehauchte Lisa (brillant gespielt von Susanne Mors) hat in ihrem Blumenbeet mit Motoröl zu kämpfen. Schnell ist zusammen mit der überaus neugierigen Nachbarin Thekla Runzel ein Täter ausgemacht: Der merkwürdige und mürrische Nachbar Dr. Klaus Klinkstier, von den Nachbarn auch spöttisch Stinktier genannt. Mit seiner ganzen Erfahrung als langjähriger Mitspieler geht Benjamin Haug in der Rolle des verschwurbelten Doktors restlos auf.

Familie Hartmann (Jannis Mogg und Rebecca Mors) sucht vergebens nach ihrem Baby und verdächtigt dabei natürlich auch ihren Nachbarn Dr. ...
Familie Hartmann (Jannis Mogg und Rebecca Mors) sucht vergebens nach ihrem Baby und verdächtigt dabei natürlich auch ihren Nachbarn Dr. Klinkstier (Benjamin Haug). Foto: Gerd Feuerstein

Die heimliche Hauptrolle des Stücks gehört allerdings der altgedienten Storzinger Theaterspielerin Bettina Mors, die als intrigierende Thekla Runzel die Szenerie zwar meist nur aus ihrem Fenster beobachtet, aber zu allem und jedem etwas zu sagen hat, und hierbei alle gegeneinander ausspielt.

Wie in den Vorjahren brilliert Bettina Mors auch dieses Mal in ihrer Rolle. Die Ehemänner von Lisa und Bine, Ludwig und Markus, könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Markus als erfolgreicher Immobilienmakler das Geld nach Hause bringt, das seine Frau Bine beim Onlineshopping sofort wieder ausgibt, geht Ludwig eher gemächlicheren Tätigkeiten wie Vogelzählungen und Windmessungen nach. Gespielt werden beide Rollen überzeugend von Jannis Mogg und Tobias Mors, dem die Rolle des Ludwigs wie auf den Leib geschrieben ist.

Mit Lokalkolorit

Die Lachmuskeln der Zuschauer werden schon im ersten Akt ausgiebig strapaziert, als sich die Nachbarn auf das Feindbild „Stinktier einschießen und diesen stellen wollen. Vor allem als der überaus faule Ludwig plötzlich klatschnass dasteht. Auch die perfekt gespielten Rollen der Bine, Mutter eines fünfmonatigen Babys, das sie über das ganze Stück heftig durch den Kinderwagen schüttelt, und die doppelmoralische „Ökotussi“ Lisa, die ihren Mann an der ganz kurzen Leine hält, lassen immer wieder Lachsalven durch die Zuschauerränge hallen.

Ludwig Schaffer lässt sich von der attraktiven Managerin Ramona Geier nicht nur mit Essen um den Finger wickeln. Foto: Gerd Feuerstein
Ludwig Schaffer lässt sich von der attraktiven Managerin Ramona Geier nicht nur mit Essen um den Finger wickeln. Foto: Gerd Feuerstein

Zudem werden bei der Übersetzung des Stücks ins Schwäbische eine ganze Menge lokaler Witze eingebaut, sodass nicht zuletzt auch so mancher Storzinger Nachbarort sein Fett abbekommt. Als durch Thekla bekannt wird, dass eine ominöse Firma einen Windpark in Storzingen bauen will, ist das Chaos perfekt. Während Lisa zwar „voll für die erneuerbaren Energien“ ist, will sie die Windräder aber natürlich nicht direkt vor ihrer Haustür. Bine ist hin- und hergerissen. Zwar will sie auch eine klimafreundliche Zukunft für ihr Baby, hat andererseits jedoch Angst vor dem ganzen „Prügelschatten und Ultraschall“, der von den Windrädern ausgehen soll.

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Die windige Geschäftsfrau Ramona Geier (köstlich interpretiert von Katharina Pozzi) hat Markus und Ludwig inzwischen schon längst am Wickel, da diese ihr bei der Umsetzung des Windparks helfen sollen. So soll Ludwig ein gefälschtes Windgutachten erstellen, und Markus dabei helfen, an die gewünschten Grundstücke zu kommen. Um ihre Anliegen durchzusetzen, ist Ramona sich für nichts zu schade und besticht ihre beiden Geschäftspartner mit beinahe jedem Mittel.

Tobender Applaus

Durch die Intrigen von Thekla werden nun auch noch die befreundeten Familien gegeneinander aufgebracht und vor allem Lisa und Bine bekommen sich sprichwörtlich in die Haare, da Bine nun doch für den Windpark ist. Doch als wäre das noch nicht genug, unterbreitet Thekla den beiden Frauen auch noch, dass ihre Partner sie jeweils mit der anderen betrügen. So kommt es zwangsläufig zu aberwitzigen Verwechslungen und Unterstellungen. Als schon fast die Scheidungen anstehen, überführt eine Überwachungskamera die Lügenbaronin Thekla doch noch. Und als schließlich auch noch die Windparkfirma mit ihren windigen Geschäften Insolvenz anmeldet, scheint auch dieses Problem gelöst, wenn da nicht noch Dr. Klinkstier wäre, der sich zum Ende hin als großer Erfinder und doch nicht so böser Nachbar outet. Das abendfüllende Stück haben die Zuschauer sichtlich genossen. Sie zollten den Schauspielern am Ende minutenlangen tobenden Applaus.

Wer sich selbst vom Talent der Storzinger Laienspieler überzeugen will, hat am heutigen Samstag, 26. April, sowie am Samstag, 3. Mai, im Haus Weckenstein noch die Gelegenheit. Die Aufführungen beginnen um
20 Uhr, Einlass ist um 19 Uhr. Karten können per Telefon unter 07573/9583060 bei Familie Hagg, per Mail unter theater.storzingen@gmx.de oder WhatsApp 0160/4014922 reserviert werden.