Das Jahreskonzert 2024 der Feuerwehrkapelle (FWK) 1806 e.V. Stetten a.k.M. hatte es in sich. Unter ihrem neuen Dirigenten Tobias Liedtke lief das rund 60 Personen starke Orchester zu einer solchen Form auf, dass das Publikum mit stehenden Ovationen dankte. Selbst der neue Vorsitzende des Blasmusikverbandes Sigmaringen, Jörg Burkhart und seine Frau Christine, Ehrendirigentin der Kapelle, zollten den Musikern Respekt: „Das war wirklich hochklassig!“
Noten werden zu Gemälden
Andreas Neusch, der auch dieses Mal wieder gekonnt moderierte, beschrieb den aus dem Ruhrgebiet kommenden „Neuen“ als jemanden „der für die Musik brennt“. Er will sein Orchester dazu bringen, aus Noten Gemälde zu machen und Geschichten zu erzählen. Dass das anscheinend einen Nerv bei den Musikern getroffen hat, war tatsächlich spürbar. So beispielsweise bei dem Stück „New London Pictures“ von Nigel Hess, das den Kurztrip in die britische Hauptstadt in drei Sätzen musikalisch beschreibt.

Mit seinem Taktstock ließ Liedke das geschäftige Treiben der Stadt an der Themse musikalisch lebendig werden. Die „Millennium Bridge“ entstand vor dem geistigen Auge, man sah Fußgänger über dieses neue Wahrzeichen über die Themse laufen, beginnend in der imposanten Tate Modern, über den belebten Fluss und weiter zur St. Pauls-Kathedrale mit ihren Glocken, die über der großen Stadt tönen, bestens nachempfunden durch das Röhrenglockenspiel, der in diesem Stück besonders geforderten Schlagwerker. Das „London Eye“, das große Riesenrad, das am Südufer der Themse liegt, war Gegenstand des zweiten Satzes und lud zu einer ruhigeren Gangart ein. Wiegend wie in einer Gondel sitzend vermittelte die Musik auditiv die vielfältigen Perspektiven, die sich dem Auge wohl tatsächlich präsentiert hatten, säße man als Gast in der Gondel des Riesenrads.
Verkehrschaos musikalisch umgesetzt
Der Knaller aber war der dritte Satz, den der 1953 geborene Komponist dem Straßenverkehr, genauer, der Maut widmete, die im Jahr 2003 aufgrund der vielen Staus in der Stadt eingeführt worden ist. Wie das Orchester das städtische Autochaos samt realer Ampel musikalisch umsetzten, war überaus sehens- und hörenswert! Dass diese Verkehrssituation auch vollste Aufmerksamkeit von den Musikern forderte, sagte auch Brigitte Straub, seit 57 Jahren aktive Klarinettistin in der FWK, in der Pause: „Da sind wir schon an unsere Grenzen gekommen.“ Aber auch die „Schmelzenden Riesen“ von Armin Kofler ließen ein Klanggemälde entstehen, das weinenden Alpengletscher und die tauende Arktis beschrieb.
Magische Klänge

Mit „Robin Hood“ entführte die FWK die Zuhörer in den Sherwood-Forest. Hier entfalteten die Instrumentalisten weitere klangliche Szenarien. Magische Oboenklänge ließen geheimnisvolle Vorgänge im Wald erahnen. Doch letztlich erzählte der weiche Klangteppich der Klarinetten, ergänzt durch warme Horntöne, vom Sieg des Robin über seine Häscher. Auch schwang sich Dirigent Liedtke, zuvor in Frack und weißer Fliege agierend, in Lederklamotten und setzte sich eine wilde Perücke auf, denn nun stand „Symphonic Rock“ auf dem Plan. Zusammen mit Philipp Burkhart und Markus Beck mit E-Gitarre und Bass vereinten sie Stücke der Bands „Queen“ und „Genesis“ mit dem Blasorchester, wie es der Komponist Gilbert Tinner auch vorgesehen hatte. Meisterwerke von Queen und Genesis. Kein Wunder, dass das Publikum aus dem Häuschen war. Eröffnet wurde das Konzert von der Bläserjugend mit „Spirit of New Orleans“ und „Celtic air an dance“.
