Bergsteigen auf Sechs- und Siebentausendern ist an sich schon eine enorme körperliche und mentale Herausforderung. Martin Hensler aus Wald schraubte dieses Vorhaben sogar noch in die Höhe. Seinem Plan, im 7000 Kilometer entfernten Kirgisistan, einem Land mit Canyons, Seen, Steppe und gewaltigen Gletschern Bergsteigen zu gehen, fügte er noch die Anreise mit dem Fahrrad hinzu.

Heilerziehungspfleger und Erlebnispädagoge

Der leidenschaftliche Kletterer und Bergsteiger hatte seine Expedition zwei Jahre lang geplant. Nun, im Alter von 50 Jahren, konnte er seine viermonatige Auszeit nehmen. Die freien Tage für die Reise hatte er über Jahre hinweg auf seinem Zeitwertekonto angespart. „50 ist immer ein prägnantes Alter. Man steht hoffentlich mittendrin im Leben, ist noch fit genug, die Kinder groß. Das ist ein guter Zeitpunkt um sich solch einen Traum zu erfüllen“, sagt der leidenschaftliche Bergsteiger und Kletterer, der Mitglied der Sektion Pfullendorf des Deutschen Alpenvereins (DAV) ist.

Mit dem Fahrrad durch elf Länder

Seine rund 30 Kilogramm schwere Bergsteigerausrüstung schickte Martin Hensler mit den anderen Expeditionsteilnehmern voraus. Am 26. April startete der Walder dann zuhause mit seinem Gravelbike und fuhr durch Österreich, Slowenien, Kroatien, Slowenien, Bulgarien, die Türkei und Georgien in Richtung Kirgisistan.

1.938 Kilometer mit dem Fahrrad durch Kirgisistan, mehr als 30.000 Höhenmeter – und das alles in 15 Tagen. Patrick Majerle aus ...
1.938 Kilometer mit dem Fahrrad durch Kirgisistan, mehr als 30.000 Höhenmeter – und das alles in 15 Tagen. Patrick Majerle aus Ravensburg nimmt Mitte August am Silk Road Mountain Race teil, einem der härtesten Radrennen der Welt. Und er hat eine Mission: krebskranken Kindern helfen. | Bild: Patrick Majerle

Durchschnittlich legte er 130 Kilometer pro Tag zurück. Anfangs sah er noch viele Bikepacker, mit denen er teilweise ein bis zwei Tage radelte. Ab Istanbul wurde es einsamer, erst in Kirgisistan traf er wieder auf andere Radler. Meist übernachtete Martin Hensler im Zelt. Einmal pro Woche gönnte er sich die Übernachtung auf einem Campingplatz, um zu duschen und seine Powerbank mit Strom aufzuladen. In Asien nutzte er einfache Hostels. Nach 4000 Kilometern wurde Henslers Reise an der Grenze zu Aserbaidschan jäh unterbrochen. Das Land hatte seine Grenzen geschlossen. Sein Plan, mit der Fähre über das Kaspische Meer zu fahren, war dahin und keine Visa für die Ausweichrouten vorhanden.

Flug über das Kaspische Meer

Die einzige Möglichkeit weiterzureisen stellte ein Flug über das Kaspische Meer dar. Dadurch war Hensler schneller als geplant in Usbekistan und konnte sich in Kirgisistan für den Rest der Strecke mehr Zeit lassen, um den Körper vor dem Bergsteigen zu regenerieren und sich Fettreserven anzuessen: auf seiner dreimonatigen Radtour hatte er rund zehn Kilogramm Körpergewicht verloren. In Kirgisistan verkürzte er die Etappen und nahm sich Zeit, Canyons und Wasserfälle zu entdecken, unternahm Wanderungen und ritt als ungeübter Reiter in die Berge.

Herzliche Gastfreundschaft beeindruckt Walder

Die Landschaft war eindrucksvoll, die Straße eher eine Schotterpiste mit Schlaglöchern „in denen man baden könnte“, so Hensler. Während seiner Tour begegneten ihm die Menschen mit herzlicher Gastfreundschaft. „Je ländlicher und weiter weg du gekommen bist, desto interessierter waren die Bewohner. Ich habe nur positive Erfahrungen gemacht, keine negativen.“ Seine Radreise fand in Bischkek, der Hauptstadt von Kirgisistan, ihr Ende. Dort verpackte er das Fahrrad für den Rückflug nach Deutschland. Mit dem Bus reiste er 250 Kilometer nach Almaty, in die ehemalige Hauptstadt Kasachstans zurück, um dort auf seine Bergsteigerkollegen zu treffen. Mit Kleinbussen ging es dann wieder nach Kirgisistan und von dort mit dem Hubschrauber ins Basecamp auf 4000 Höhenmetern. Ziel war es, den Pik Tschapajew mit 6150 Metern und den Khan Tengri (mongolisch: Himmelsherrscher) mit 7010 Metern zu besteigen. Der Khan Tengri gilt als einer der schönsten Gipfel des Himmels-Gebirges und zählt weltweit zu den spektakulärsten Siebentausendern. Die Bergsteigersaison am Khan Tengri dauert lediglich fünf Wochen, ungefähr von Mitte Juli bis Mitte August. „Wir waren die allerletzte Gruppe“, so Hensler.

Neuschnee fordert die Bergsteiger

Die Bergsteiger mussten im schenkelhohen Neuschnee Spuren ziehen und ihr gesamtes Equipment selbst von Camp zu Camp nach oben tragen, denn es gab auf der Expedition keine Träger.

Martin Hensler beim Aufstieg im Schnee. Ziel der Expeditionsgruppe sind der Pik Tschapajew (6150 Meter) und der Khan Tengri (7010 Meter).
Martin Hensler beim Aufstieg im Schnee. Ziel der Expeditionsgruppe sind der Pik Tschapajew (6150 Meter) und der Khan Tengri (7010 Meter). | Bild: Martin Hensler

Nach einem Ruhetag ging es weiter von Camp 1 zu Camp 2. Nun folgten die Höhenanpassung und das Warten auf ein geeignetes Zeitfenster für die Gipfelbesteigung. „Die Krux war, dass das Wetter nicht stabil war“, berichtet Martin Hensler. Es herrschten teilweise Windgeschwindigkeiten von 50 bis 60 Stundenkilometern, die Bergsteiger „einfach vom Gipfel fegen können“.

Elf Bergsteiger gingen gemeinsam an den Start

Die Exkursions-Teilnehmer kontrollierten sich gegenseitig, denn sie waren sich der Gefahren durch Lawinen, Gletscherspalten, Abstürze und Höhenkrankheit im Gebirge bewusst. Man müsse sich bewusst sein, was man am Berg tue, denn im Unglücksfall stehe kein Rettungsteam parat.

Martin Hensler im Camp 2.
Martin Hensler im Camp 2. | Bild: Martin Hensler

Sollte jemand in Not geraten, dann stehe die gegenseitige Hilfe an erster Stelle, der Gipfel sei dann zweitrangig, erklärt Hensler. Elf Bergsteiger gingen gemeinsam an den Start, im Laufe der dreiwöchigen Bergtour schrumpfte die Gruppe dann aber wegen unterschiedlicher körperlicher Komplikationen auf sieben Mitglieder. Am 18. August war Martin Hensler schließlich zurück in Deutschland. Die Menschen und Länder, die er auf seiner viermonatigen Reise kennengelernt hat, werden ihm in Erinnerung bleiben. Ebenso die tollen Landschaften, das einsame Gebirge, die bergsteigerische Herausforderung und die Erkenntnis: “Du brauchst eigentlich wenig zum Leben und kannst mit wenig glücklich sein.“

Vorträge geplant

Abenteurer Martin Hensler hält am Donnerstag, 28. November, um 19¦Uhr im Pfarrheim in der Von-Weckenstein-Straße in Wald einen bebilderten Vortrag über seine erlebnisreiche Fahrradreise nach Kirgisistan sowie über seine Bergtour. Im November ist dann ein weiterer Vortrag geplant, veranstaltet von der Sektion Pfullendorf des Deutschen Alpenvereins.